Zielvereinbarung Aktionsplan Ostseeschutz 2030 unterzeichnet
Regierung und Vertreter der landwirtschaftlichen Verbände in Schleswig-Holstein haben gemeinsam freiwillige Maßnahmen für mehr Ostseeschutz erarbeitet. Ziel ist, die Überdüngung weiter zu reduzieren.
Nährstoffeinträge durch die Landwirtschaft und Munitionsaltlasten führen zu Sauerstoffmangel in tieferen Wasserschichten und beeinträchtigen die Lebensbedingungen vieler Tier- und Pflanzenarten. Die Ostsee vor Schleswig-Holstein gilt inzwischen als krankes Meer, das zu schützen ist.
Die Landesregierung hatte im März ihren Aktionsplan Ostseeschutz vorgestellt. Darauf aufbauend wurden in den vergangenen Monaten mit der Landwirtschaft weitere freiwillige Maßnahmen beraten, um die Ostsee besser schützen zu können. Dabei geht es vor allem darum, die landwirtschaftliche Nutzung in der Nähe der Ostsee anzupassen.
Nährstoffeinträge reduzieren: Zusammenarbeit statt Zwang
Die jetzt beschlossene Zielvereinbarung konzentriert sich auf die Landwirtschaft - einen der Hauptverursacher der Nährstoffeinträge. Bis 2030 sollen die Einträge in die Ostsee um zehn Prozent verringert werden, bis 2035 um weitere zehn Prozent. Das entspricht laut Umweltministerium einer Reduktion von 400 Tonnen Stickstoff und 13 Tonnen Phosphor bis 2035.
Um die angestrebte Reduktion zu erreichen, setzt die Vereinbarung auf Kooperation und Freiwilligkeit. Das Ziel: die Nährstoffeinträge verringern, ohne die landwirtschaftliche Ertragsqualität zu gefährden.
Politik lobt Schulterschluss der Akteure
Lange hatten CDU und Grüne über den richtigen Umgang in Sachen Ostseeschutz diskutiert, das Für und Wider eines Nationalparks Ostsee kontrovers abgewogen. Während die CDU zwar für mehr Schutz ist, sich aber klar gegen einen Nationalpark positionierte, hatten die Grünen intensiv dafür geworben. Die Landesregierung um Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) wurde mit lautstarkem Protest konfrontiert - unter anderem aus den Bereichen Tourismus, Wassersport und Fischerei. Nun blicken die schwarz-grünen Regierungsvertreter gemeinsam zufrieden auf die gelungene Einigung auf freiwillige Maßnahmen.
Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU) betonte, man habe einen breit getragenen Konsens geschaffen, der alle relevanten Akteure einbinde. "Mit diesem Ansatz wollen wir einen neuen, erfolgreichen Weg gehen, der regionales Fachwissen berücksichtigt." Er hofft auf möglichst viele Nachahmer entlang der Ostseeküste.
Und sein Kabinettskollege, Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne), ergänzte: "Der Schutz der Ostsee erfordert den Einsatz aller Akteure."
Geplante Maßnahmen sehen unter anderem vor:
- Gewässerrandstreifen von zehn Meter Breite sollen angelegt werden
- größere Flächen für naturnahe Feuchtgebiete, staunasse Ackersenken und Wald zur Verbesserung des Nährstoffrückhalts sollen bereitgestellt werden
- neue Verfahren zur Stickstoffoptimierung sollen erprobt werden
- fünf Modellregionen mit einem Maßnahmenschwerpunkt sollen eingerichtet werden
- zusätzliches Gewässermonitoring soll eingeführt werden
- Gewässerschutzberatung soll fortgeführt werden
- ein Online-Beratungstool soll eingeführt werden, um der Landwirtschaft ein besseres Nährstoffmanagement zu ermöglichen
Ostseebeiräte als Schlüsselakteure
Ein zentraler Bestandteil der Vereinbarung ist die Einrichtung von Ostseebeiräten in fünf Regionen. Diese sollen das Herzstück der Maßnahmenumsetzung sein. Sie werden in Gebieten mit den höchsten Nährstoffeinträgen eingerichtet.
Mitglieder der Beiräte sind Vertreterinnen und Vertreter der Landwirtschaft, der Wasserwirtschaft, der Wissenschaft sowie von Naturschutzorganisationen. Gemeinsam entwickeln sie regionale Umsetzungspläne und koordinieren freiwillige Maßnahmen.
Die Beiräte sollen auch Flächen für Pilotprojekte bereitstellen, den Fortschritt der Maßnahmen dokumentieren und ihre Erkenntnisse in die Praxis übertragen. In drei Modellregionen werden zudem Messnetze eingerichtet, um die Wirkung der Maßnahmen zu überwachen und auszuwerten. Eine Steuerungsgruppe koordiniert die Maßnahmen und sorgt für regelmäßige Evaluierung.
Land- und Forstwirtschaft setzen auf Dialog statt Ordnungsrecht
Bauernverbandspräsident Klaus-Peter Lucht sieht in der Zielvereinbarung ein gutes Beispiel für konstruktive Verhandlungen zwischen Vertretern der einzelnen Branchenverbände sowie den beteiligten Ministerien. "Wir als Landwirte erhoffen uns für die Zukunft mehr lösungsorientierte Verhandlungen unter Einbeziehung unserer Expertise statt Ordnungsrecht."
Der Weg sei eine Herausforderung, die man annehme, sagte der Vorstandsvorsitzende der Familienbetriebe Land und Forst Schleswig-Holstein, Christoph Freiherr von Fürstenberg-Plessen. "Wir stehen zu den vereinbarten Reduktionszielen und Zeiträumen."
Details zur Finanzierung der Vereinbarung noch nicht geklärt
Carsten Kock vom Verein "Land schafft Verbindung" (LSV) wies auf die Bedeutung einer ausreichenden Finanzierung hin: "Das Projekt kann nur zum Leben erweckt werden, wenn es mit genügend finanziellen Mittel ausgestattet wird." Details zur Finanzierung seien allerdings noch nicht geklärt, hieß es beim Bauernverband auf Nachfrage.
Dr. Peter Boysen von der Landesvereinigung Ökologischer Landbau Schleswig-Holstein und Hamburg sagte: "Die Bereitschaft aller Beteiligten, gemeinsam mit den beiden Ministerien Lösungen zu finden, ist ein hervorragendes Ergebnis." Es zeige, dass die Landwirtschaft bereit und in der Lage sei, sich den notwendigen Anforderungen einer zukunftsfähigen Produktion zu stellen.
BUND: Maßnahmen gehen nicht weit genug
Für Bini Schlamann vom BUND Schleswig-Holstein reicht die Zielvereinbarung nicht aus. Die Maßnahmen sind ihres Erachtens nicht weit genug gedacht - das beginne bereits beim Aktionsplan Ostseeschutz. Sie bemängelt, "dass wesentliche Hebel, die vorher hätten gesetzt werden müssen, nicht gesetzt worden sind."
Schlamann forderte eine bessere Düngegesetzgebung. Außerdem seien ein weiterer Nährstoffbericht und wirksame Messungen notwendig: "Das ist mega wichtig, damit wir überhaupt wissen, wo wir stehen."