Workshop gegen Rassismus: Aufstehen gegen "Stammtischparolen"
"Stammtischparolen" haben nichts mehr mit dem Stammtisch in der Eckkneipe zu tun. Sie kommen fast überall vor. Gemeint sind aggressive Sprüche, die voller Vorurteile sind. Darauf richtig zu reagieren, kann man lernen.
"Ich habe meine Arbeit verloren, die macht jetzt ein Flüchtling!" Oder: "Wir haben es satt, wenn man nicht mehr friedliche Dorffeste besuchen kann, ohne mit importierten Aggressionen rechnen zu müssen".
In Neumünster stehen 18 Personen in einem Seminarraum und brüllen sich an. Einige schreien rechte Parolen, die anderen müssen sich verbal dagegen zur Wehr setzen. Das ist ein Workshop des Runden Tisches für Toleranz und Demokratie. Die Teilnehmer sollen hier lernen, sich gegen rassistische Äußerungen im Alltag zu behaupten und dem Gegenüber Paroli zu bieten. An dem Workshop nehmen Vertreter von Unternehmensverbänden, Lokalpolitiker, Gewerkschaftler, Jugendvertreter und Interessierte teil.
"Diese Übung soll helfen den 'inneren Schweinehund' zu überwinden und rassistischen, diskriminierenden Äußerungen im Alltag etwas entgegenzusetzen", erklärt Franzi. Sie ist Kommunikationstrainerin und leitet die Schulung zusammen mit einer Kollegin. In Neumünster findet der Workshop das erste Mal statt.
"Stammtischparolen" sind überall
In der Bar, bei der Arbeit, der Schule oder in sozialen Netzwerken: Rassistische Äußerungen kommen fast überall vor und sind in allen sozialen Schichten vertreten. Diese Erfahrung haben die Teilnehmer fast alle selbst gemacht.
"Alte Schulfreunde, die sonst politisch unauffällig waren, haben plötzlich die Ukraine als Terrorstaat dargestellt. Russland wird verharmlost, Putin nicht als Verbrecher dargestellt", erzählt der 22-jährige Workshop-Teilnehmer Maurice. Wegen solchen Erfahrungen nimmt er am Workshop teil.
Auch Dirk hat viele schlechte Erfahrungen mit "Stammtischparolen" im Alltag gemacht. "Ich habe im Social Media Bereich, im Freundeskreis und im Arbeitsumfeld tatsächlich Menschen erlebt, die Parolen wiedergegeben haben."
Klar Position beziehen
Der Workshop soll helfen, besser mit Situationen umzugehen und rassistische Parolen nicht einfach zu überhören. Trainerin Franzi will den Teilnehmern des Workshops dafür das richtige Handwerkszeug geben. Ihre wichtigsten Tipps in einer Diskussion:
- Nachfragen und hinterfragen
- Perspektivwechsel anregen
- Konkrete Beispiele einfordern
- Zuspitzen und Konsequenzen des gesagten aufzeigen
- Wenn es die Situation hergibt, mit Humor agieren
Das Wichtigste ist es aber laut der Trainerin, überhaupt zu reagieren und Parolen nicht einfach stillschweigend zu akzeptieren. "Zumindest sollte man ein Gegen-Statement im Raum stehen lassen. Meistens gibt es ja Leute, die drum herumstehen und die haben dann zumindest zwei Meinungen gehört."
Jetzt handeln
Populistische Parteien haben bei der Europawahl gerade stark zugelegt. Zuletzt auf Sylt, in Discos und auf Dorffesten werden rechte Lieder gesungen. Für die meisten Teilnehmer ist klar: alle sollten handeln.
"Irgendwie dagegenhalten und die Menschen, die uns lieb sind, wieder zurück holen. Da ist jeder aufgefordert und nicht nur die Politik." Maurice, Student
Die wichtigste Erkenntnis für die Teilnehmer nach diesem Tag: Klar Stellung beziehen gegen rechte Parolen - damit sich solches Gedankengut nicht weiter ausbreitet.