Mann auf Windrad © Screenshot

Land lockert Regeln: Wo in SH bald Windräder stehen dürfen

Stand: 14.06.2024 11:30 Uhr

Die Landesregierung hat sich auf neue, gelockerte Vorschriften für die Windenergie in Schleswig-Holstein verständigt. So soll das vom Bund vorgegebene Ziel erreicht werden, dass drei Prozent der Landesfläche genutzt werden können.

von Friederike Hoppe

Windräder sollen künftig auch in Landschaftsschutzgebieten in Schleswig-Holstein stehen dürfen. Das ist einer der Eckpunkte des Landesentwicklungsplans (LEP), zu dem die schwarz-grüne Landesregierung gestern einen Entwurf in Kiel vorgestellt hat. Die Landesregierung reagiert damit auf veränderte Bundesgesetze.

Das Bundesrecht verlangt von den Ländern, etwa drei Prozent der Landesflächen für Windparks auszuweisen. Um das in Schleswig-Holstein zu realisieren, hat die Landesregierung geltende Kriterien des Landschafts-, Arten- und Denkmalschutzes verändert. So werden Abstände zu Wäldern oder Deichen verringert und Landschaftsschutzgebiete geöffnet. Das bedeutet: Ab Anfang kommenden Jahres müssen Windräder nicht mehr mindestens 100 Meter von Wäldern entfernt stehen, sondern 30 Meter.

Abstand zu Wohnhäusern soll bleiben

Eine Karte zeigt mögliche Standorte für Windräder in Schleswig-Holstein © Ministerium für Inneres, Kommunales, Wohnen und Sport SH
Auf den blau markierten Flächen könnten in Zukunft Windanlagen stehen.

Die Abstände zu Wohnbebauungen bleiben unverändert, betonten Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) und Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) am Donnerstag in Kiel. Darauf hatte sich die Landesregierung im Koalitionsvertrag verständigt. So gilt bei sogenannten Vorranggebieten ein Abstand von 400 Metern zu Wohnhäusern. Bei Dörfern und Städten bleibt der Abstand von 800 bis 1.000 Metern.

Windräder auf bis zu 7,2 Prozent der Landesfläche möglich

Minister aus Schleswig-Holstein sitzen in der Landespressekonferenz. © NDR Foto: Anna Grusnick
Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack und Tobias Goldschmidt stellten am Donnerstag die neuen Pläne vor.

Städte und Gemeinden können innerhalb dieser Potenzialfläche über eigene Pläne für Windparks nachdenken. Mit der vom Bund eingeführten "Gemeindeöffnungsklausel" dürfen Kommunen auch außerhalb der vom Land vorgegebenen Vorranggebiete über Windkraftanlagen planen.

So könnten bis zu 7,2 Prozent der Landesfläche für Windkraft genutzt werden. Es sei jedoch nicht geplant, diese Fläche auszureizen, sagte Innenministerin Sütterlin-Waack. Wie viel Fläche die Kommunen darüber hinaus beanspruchen, ist noch unklar. Dies wird Ende 2024 in den Regionalplänen ersichtlich.

Goldschmidt: Naturschutz wird berücksichtigt

Der Naturschutz werde in der Planung berücksichtigt, versicherte Goldschmidt. So sollen beispielsweise in Brutgebieten von Wiesenvögeln und in Vogelzug-Gebieten keine Anlagen entstehen. Auch in der Vogelzugachse von Eiderstedt zur Eckernförder Bucht und zur Schlei seien keine Windräder geplant.

SPD: Nachteile für Gemeinden außerhalb der Potenzialflächen

Die Opposition sieht in dem Entwurf zwar einerseits "ein Stück Klarheit". Andererseits entstehe ein Vakuum bis zur Erstellung der Regionalpläne. "Es bleibt offen, welche Gebiete aus den Potenzialflächen nun tatsächlich zum Vorranggebiet für Windkraftanlagen erklärt werden", so Timmer. Umso wichtiger sei es, die Regionalpläne zügig vorzulegen.

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Windenergiebranche begrüßt den Entwurf

Mehr Geschwindigkeit fordern auch Vertreter der Windenergiebranche. Die Planung der Landesregierung sei ein "wichtiger Schritt" auf dem Weg zur Klimaneutralität bis 2040. Dennoch müssten die neuen Regionalpläne zügig folgen. "Ein Großteil der bislang ausgewiesenen Flächen ist bereits bebaut oder beplant", mahnt Marcus Hrach, Geschäftsführer des Landesverbands Erneuerbare Energien Schleswig-Holstein.

BUND fordert Ausgleichsmaßnahmen

Umweltschützer beobachten die neuen Pläne mit Skepsis. Sie befürchten Verstöße gegen den Naturschutz. "Wir werden sehr darauf achten, dass das angekündigte Freihalten von Vogelzug-Korridoren und Natura-2000-Gebieten von Windenergieanlagen auch wirklich erfolgt", sagte ein Sprecher des Landesverbands des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) gegenüber dem NDR.

Der Verband blickt insbesondere auf Gemeinden, die die Gemeinde-Öffnungsklausel in Anspruch nehmen, wie beispielsweise auf der Halbinsel Eidersteht. "Wir hoffen, dass die Gemeinden dort einsehen, dass ihre Landschaft extrem schützenswert und wichtig für das Überleben von Zugvögeln, Fledermäusen und Wiesenbrütern ist", so der BUND Schleswig Holstein. Bei allen Infrastruktur-Maßnahmen soll ein Ausgleich für die Natur entstehen, fordert der Verband. "In den vergangenen 40 Jahren hat Schleswig-Holstein 50 Prozent seiner geschützten Biotope verloren", so ein Sprecher.

Bürger können ab 25. Juni Stellung nehmen

Ab dem 25. Juni können Bürgerinnen und Bürger zu den Plänen der Landesregierung Stellung nehmen. Das Beteiligungsverfahren läuft bis zum 9. September dieses Jahres. Bis Ende 2024 will die Landesregierung dann erste Regionalpläne veröffentlichen, die festlegen, wo im Land die Windräder stehen.


15.06.2024 13:58 Uhr

In einer früheren Version des Artikels haben wir geschrieben, dass Windräder künftig auch in Naturschutzgebieten stehen dürfen. Dies ist nicht korrekt. Windräder sollen künftig in sogenannten Landschaftsschutzgebieten stehen dürfen. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.

 

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 13.06.2024 | 19:30 Uhr

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