Werden Tierschutzvereine im Stich gelassen?
Für die Versorgung von Fundtieren und sichergestellten Tieren sind finanziell die Städte und Gemeinden verantwortlich. Oft wird eine Pauschale gezahlt - die reicht aus Sicht der Tierschutzvereine aber meistens nicht aus.
Allein in der Stadt Flensburg landen jedes Jahr rund 700 Fundtiere im Tierheim. Dafür zahlt die Stadt eine jährliche Pauschale von 67.000 Euro. Für den Deutschen Tierschutzbund ist diese Summe viel zu niedrig. Die Vorsitzendes des Landesverbands, Ellen Kloth, schlägt vor die Versorgung der Fundtiere jährlich mit etwa drei Euro pro Einwohner zu unterstützen. Für Flensburg wären das abgerundet etwa 270.000 im Jahr. Umgekehrt bedeutet das: Statt drei Euro zahlt Flensburg aktuell nur etwa 74 Cent pro Einwohner. Hier gleicht der Tierschutzverein mit seinen 2.000 Mitgliedern jedes Jahr ein Minus von etwa 200.000 Euro aus. Flensburgs Stadtsprecher Clemens Teschendorf verweist auf den ausgehandelten Vertrag mit dem Tierschutzverein.
Lübeck zahlt pro Kopf etwa doppelt so viel wie Flensburg
Lübeck hat gut 220.000 Einwohner. Die Vorsitzende des Tierschutz Lübeck & Umgebung e.V., Susanne Tolkmitt, hält die drei Euro pro Kopf ebenfalls für angemessen. Die Stadt überweist jedes Jahr aber "nur" 317.000 Euro. Heißt rund 1,44 Euro für jede Lübeckerin und jeden Lübecker. "Wir kommen mit dem Geld einfach nicht aus. Wir bräuchten tatsächlich etwa das Doppelte", so Tolkmitt. Die Vereinbarung läuft allerdings noch zwei weitere Jahre. Darauf verweist auch Lübecks Innenensenator Ludger Hinsen (parteilos). "Niemand hat den Verein gezwungen, den Vertrag zu unterschreiben", so sein Fazit. Der Tierschutzverein will aber in jedem Fall spätestens in zwei Jahren eine neue Regelung aushandeln.
"Fundtiere sind gemäß § 2 Nr. 1 TierSchG ihrer Art und ihren Bedürfnissen entsprechend angemessen zu ernähren, zu pflegen und verhaltensgerecht unterzubringen. Der Fundbehörde steht es frei, die gesetzlich vorgeschriebene Unterbringung und Versorgung in eigenen Einrichtungen zu gewährleisten oder die Tiere zu diesem Zweck einer geeigneten Person oder Stelle - in der Regel einem Tierheim - zu übergeben und die erforderlichen Aufwendungen dafür zu tragen. Fundtierrichtlinie Schleswig-Holstein, gültig seit 2022
Tierschützer beklagen Flickenteppich
Am Ende kommt es offenbar auf das Verhandlungsgeschick der Tierschutzvereine an, denn die Tierheime haben komplett unterschiedliche Vereinbarungen ausgehandelt. Katharina Erdmann vom Landestierschutzverband appelliert an die Kommunen, faire Lösungen zu ermöglichen. Tierschutz bedeute viel Idealismus. Die Mitarbeitenden in den Tierheimen bekämen Mindestlohn, der Rest werde durch das Ehrenamt aufgefangen, so ihr Fazit. "Viele Tierschützer haben ein großes Herz, die kaufmännischen Fähigkeiten sind aber nicht immer besonders ausgeprägt", so Erdmann.
Unterstützung durch Spender
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Mirjana Kayser engagiert sich ehrenamtlich im Tierheim Bad Oldesloe (Kreis Stormarn). So oft es ihre Zeit als Bauingenieurin erlaubt, geht sie mit den Hunden Gassi oder verbringt einfach Zeit mit den Tieren. Außerdem spendet sie regelmäßig Geld für den Tierschutzverein, der Träger des Tierheims ist. Ein Teil der Spenden fließt aktuell regelmäßig in die Versorgung der Fundtiere, für deren Unterhalt laut einer Landesrichtlinie eigentlich die Kommunen verantwortlich wären. Immerhin: Künftig wollen die zuständigen Städte und Gemeinden - zumindest im Raum Bad Oldesloe - mehr Geld bereitstellen.
Einigung für den Raum Bad Oldesloe erzielt
Die stellvertretende Vorsitzende des Tierschutz Bad Oldesloe e.V., Alexandra Bartholl, ist darüber sehr erleichtert, denn nach langen Verhandlungen gibt es jetzt eine Einigung mit der Stadt Bad Oldesloe, der Stadt Reinfeld (beide Kreis Stormarn), den Ämtern Oldesloe Land, Nordstormarn und Sandesneben-Nusse. "Bisher haben die fünf Kommunen insgesamt rund 80.000 Euro im Jahr gezahlt. Nach der neuen Vereinbarung, die in den nächsten Tagen unterschrieben werden soll, werden das jährlich etwa 220.000 Euro sein." Für Bartholl ist das eine faire Lösung.
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