Welt-Parkinson-Tag: Videospiele auf Rezept
Ein paar Münzen aus dem Portemonnaie kramen - keine große Sache für die Allermeisten. Für Menschen mit Parkinson werden solche Alltäglichkeiten zur Herausforderung. 400.000 Betroffene leben allein in Deutschland.
Am 11. April ist Welt-Parkinson-Tag. Unkontrollierbares Zittern, steife Muskeln, langsame Bewegungen: Das sind die typischen Parkinson-Symptome. Neben Medikamenten gibt es auch viele ergänzende Behandlungsmethoden. In der Schön Klinik in Neustadt in Holstein (Kreis Ostholstein) setzen die Mediziner auf sogenannte aktivierende Therapien - auch mit Videospielen.
Auf dem Balance-Board durch Gewichtsverlagerung steuern
Ralf Peter Loewen hat vor einem Jahr seine Parkinson-Diagnose bekommen. Er steht auf einem runden Balance-Bord auf einem Trainingsgerät. Vor ihm ein Bildschirm mit einem animierten Skifahrer. Der 58-Jährige steuert ihn mit den Füßen über Gewichtsverlagerungen. "Gewicht auf den Vorfuß bringen, dann werden Sie schneller, Gewicht in die Mitte, dann werden Sie langsamer", erklärt eine Physiotherapeutin. Ralf Peter Loewen macht das Spiel Spaß, es ist aber auch anstrengend: "Die Anzahl der Wiederholungen wird irgendwann zum Problem. Wenn ich das jetzt nur einmal mache, ist das nicht das Problem. Aber dadurch, dass die Muskeln jetzt aktiviert werden, wird es dann irgendwann doppelt anstrengend", erklärt der Patient.
Spielekonsolen können bei Gleichgewichtsstörungen helfen
Bei Parkinson treten unter anderem auch Gleichgewichtsstörungen auf. "Einfach durch die veränderte Ausrichtung der Stützmuskulatur und das trainieren wir mit den Patienten hier und geben auch den Anstoß dieser Spielekonsolen mit", berichtet Neurologin Jennifer Tübing. Es bringe viel, sich zuhause zwischendurch mal zehn Minuten Zeit zu nehmen, ohne dass man auf einen Physiotherapie-Termin warten müsse, so Tübing. Der Patient könne auf der Spielekonsole auswählen, was ihm gerade Spaß mache. "Das fördert Aufmerksamkeit, Konzentration und Motivation".
Ralf Peter Loewen ist froh, dass er nach der Diagnose weiß, was mit ihm nicht stimmt. "Ich wohne in so einem kleinen Dorf und dann wurde immer gefragt: Haste Rücken, haste Kopf, haste Bein? Und ich immer 'ja ja ja' und dann kann man jetzt eine anständige Antwort geben." Der 58-Jährige wird heute entlassen. Zuhause hat er keinen modernen Gleichgewichtstrainer wie in der Klinik. Trainieren kann er aber auch mit einer alten Spielekonsole.
Neuer Landesverband der Deutschen Parkinsonvereinigung
Um die Erkrankten in Schleswig-Holstein besser zu unterstützen, ist jetzt ein eigener Landesverband der Deutschen Parkinsonvereinigung gegründet worden. Dieser sitzt in Itzehoe (Kreis Steinburg).
Der Ableger hat laut Landesverband für Erkrankte den Vorteil, dass sie einen regionalen Ansprechpartner haben. Durch einen besseren Draht zu den Kliniken im Land könne das Angebot für Betroffene passgenauer zugeschnitten werden - zum Beispiel durch mehr Therapieangebote wie Boxen oder Tanzen. Außerdem gibt es durch den Status als gemeinnütziger in Schleswig-Holstein ansässiger Verein bessere Möglichkeiten, an Spenden und Fördergelder zu kommen.
Zum Vorsitzenden wurde der 72-jährige Hans-Heinrich Rave gewählt. Er verspricht, dass es auf Landesebene jetzt auch mehr Seminarangebote für betroffene Angehörige geben wird.
Krankenkasse bezahlt Komplextherapie
Einmal im Jahr zahlt die Krankenkasse Ralf Peter Loewen eine zweiwöchige Komplextherapie, in der auch seine Medikamente neu eingestellt werden. "Bei mir hat sich alles verbessert. Meine Bewegungsabläufe, die langsam waren, sind wieder gefühlt relativ normal. Der Gang ist ein bisschen besser geworden, der Kopf ist wieder freier geworden und wenn der Kopf mitmacht, dann macht der Körper auch mit." Videospiele auf Rezept - Ralf Peter Loewen hat sich vorgenommen, zu Hause jetzt täglich zu trainieren.