Votum mit AfD: Viel Kritik aus Schleswig-Holstein für Merz
Ein Antrag der Union hat im Bundestag mithilfe der AfD eine Mehrheit bekommen. Die AfD jubelt, CDU-Parteichef Friedrich Merz ist sich keiner Schuld bewusst. Die Reaktionen aus Schleswig-Holstein sind deutlich.
Von einem bitteren Tag spricht CDU-Landeschef und Ministerpräsident Daniel Günther. Gemeint ist die Abstimmung über die Asylpläne im Bundestag am Mittwoch. Günther sagte: "Ich glaube, dass alle Parteien, die es gut mit der Demokratie meinen und die dieses Land zum Teil über Jahrzehnte geprägt haben, heute zusammenrücken müssen." Damit blickt Günther auch auf die anstehende Abstimmung am Freitag.
Daniel Günther: AfD meint es nicht gut mit Demokratie
Dann nämlich geht es im Plenum in Berlin um einen Gesetzentwurf der Union zur Begrenzung der Zuwanderung. Günther hofft, dass sich die demokratischen Parteien vorher zusammensetzen, um dann Mehrheiten ohne die AfD hinzubekommen. Bitter nannte Günther vor allem die Szene, "wie die AfD gefeixt hat", wie sie gejubelt habe. Es sei ein Erfolg für die AfD, "eine Partei die es nicht gut meint mit der Demokratie", sagte der CDU-Landeschef am Vormittag im Kieler Landeshaus.
Lasse Petersdotter: "Er hat den Anstand verloren."
Dass hier etwas in die falsche Richtung läuft, sieht auch Lasse Petersdotter so. Der Grünen-Politiker machte klar: "So etwas hätte nicht passieren dürfen." Merz habe mit dem Feuer gespielt und sich verbrannt und er habe einen Riesenfehler gemacht, findet der Grünen-Fraktionschef. Petersdotter geht noch weiter: Er sehe ein moralisches Problem, denn Friedrich Merz habe seinen Anstand durch dieses Vorgehen verloren.
Serpil Midyatli: Friedrich Merz ist kompromisslos
Sorgen um die Demokratie macht sich Serpil Midyatli (SPD). Die Oppositionsführerin im schleswig-holsteinischen Landtag hat Angst, dass die rechten Kräfte mehr Verantwortung bekommen. Sie befürchtet, dass die Abstimmung am Mittwoch der Anfang dafür gewesen sein könnte. Die SPD Fraktions-und Parteichefin unterstellt Friedrich Merz, dass es ihm nicht um die Sache gehe, sondern, dass es Kalkül und Wahlkampfgetöse sei, was der CDU-Politiker gerade mache.
Auf die Frage, wie wahrscheinlich es sei, dass es am Freitag noch zu einem Kompromiss zwischen CDU und SPD käme, meint die Vorsitzende der SPD in Schleswig-Holstein: "Kompromisse kann man nur dann finden, wenn man sich aufeinander zubewegt. Friedrich Merz bewegt sich aber gerade von allen anderen Demokraten weiter weg." Midyatli wirft Merz vor: "Er ist kompromisslos in dieser Sache und wirft den Ball jetzt auf unser Feld. Aber das werden wir nicht hinnehmen, sondern es hätte tatsächlich vorher Friedrich Merz auf uns zukommen müssen."
FDP will andere Migrationspolitik
Christopher Vogt von der FDP meinte, ihm wäre es lieber gewesen, man hätte eine Abstimmung hinbekommen, bei der auch SPD und Grüne mitgemacht hätten. Sein Eindruck sei, dass weder die SPD, noch die Grünen und auch nicht die Union ein Interesse daran hätten, eine gemeinsame Lösung hinzubekommen. Der FDP-Fraktionschef im schleswig-holsteinischen Landtag sagte: "Die Menschen wünschen sich eine andere Migrationspolitik und die muss jetzt kommen."
DGB Nord spricht von Vertrauensverlust
Kritik für das Vorgehen von Merz kommt auch vom DGB Nord. Deren Vorsitzende Laura Pooth warnt vor weiteren Tabubrüchen, sie erklärte, was Mittwoch passiert sei, dürfe sich nicht wiederholen: "Weder auf Bundes- noch auf Landesebene. Die CDU hat ohne Not eine Mehrheit mit den Stimmen der AfD ermöglicht und das Vertrauen der Wähler und Wählerinnen bewusst enttäuscht. Diese Abstimmung nützt nur der Partei am rechten Rand."
Günther: Keine Zusammenarbeit mit der AfD
Im Landtag stellte Ministerpräsident Günther schon am Mittwoch klar, dass der schleswig-holsteinische Weg - nämlich nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten - weiterhin gelte: "Für uns ist und bleibt es selbstverständlich, dass wir keine Zusammenarbeit mit der AfD machen und selbstverständlich auch nicht Mehrheiten, die nur auf Grundlage der AfD möglich sind, für uns nutzen werden." Zwar sei das in einem Landtag ohne AfD nicht mutig zu sagen - die Parteivorsitzenden hätten aber auch unterschrieben, "dass wir uns überall in den Ebenen in Schleswig-Holstein dafür einsetzen, dass das eingehalten wird."
Demos gegen "Fall der Brandmauer" in Kiel und Lübeck
Nachdem der Antrag der Union im Bundestag mithilfe der AfD eine Mehrheit bekommen hatte, hatte das Bündnis "Lübeck gegen Rechts" zusammen mit den Linken für Donnerstagabend zu einer spontanen Kundgebung vor dem Lübecker Rathaus aufgerufen. Dem Aufruf schlossen sich unter anderem das Lübecker Flüchtlingsforum, die "Omas gegen Rechts" und die Jugendorganisationen von SPD und Grünen an. Während die Bürgerschaft tagte, versammelten sich dort etwa 400 Menschen. Zwischenfälle gab es laut eines Polizeisprechers keine.
Bereits um 17 Uhr gab es eine Kundgebung gegenüber der CDU-Zentrale am Sophienblatt in Kiel. Angemeldet hatte sie die Frauenbewegung "Women move" mit Unterstützung der Zentralen Bildungs-und Beratungsstelle für Migrant:innen (ZBBS), der Seebrücke und "Fridays For Future Kiel". Die Polizei sprach anschließend von etwa 1.500 Teilnehmenden. Die Kundgebung sei außerdem ohne besondere Vorkommnisse verlaufen.