Ein Jahr Aktionsplan Ostseeschutz: Verbände fordern mehr Tempo

Stand: 14.03.2025 08:14 Uhr

Naturschutzverbände in Schleswig-Holstein ziehen ein Zwischenfazit zum Aktionsplan Ostseeschutz: Der Plan werde zu langsam und nicht verlässlich umgesetzt, wodurch sowohl Natur als auch Wirtschaft leiden würden.

Vor einem Jahr, also im März 2024, hat die Landesregierung in Schleswig-Holstein den Aktionsplan Ostseeschutz vorgestellt - doch für Umweltverbände ist der nicht weitreichend genug. Das Bündnis der Ostsee-Naturschutzverbände forderte am Donnerstag in Kiel mehr Tempo und mehr Verbindlichkeit beim Schutz der Ostsee. Vor allem die Zufuhr von Stickstoff und Phosphor müsse seines Erachtens nach stärker gesenkt werden als bisher von der Landesregierung vorgesehen.

Naturschutzverbände bevorzugen weiterhin Nationalpark Ostsee

Dietmar Ulbrich vom BUND Schleswig-Holstein sagte, man halte weiterhin den Nationalpark "für das beste Instrument, um die Probleme, die die Ostsee hat, zu bearbeiten und möglichst zu lösen". Statt auf einen Nationalpark setzte die Landesregierung auf den Aktionsplan - doch die Umsetzung sei zu langsam. "Nicht nur bei Eingriffen in Natur und Landschaft sollten wir über Beschleunigung reden, sondern wir sollten auch bei Schutzmaßnahmen für Natur und Umwelt endlich über Beschleunigung reden, um Umweltprobleme zu lösen", so Ulbrich. Er wünscht sich, dass die "Behördenmühlen etwas schneller mahlen".

Grüne befürworten schnelle Umsetzung, SPD äußert Kritik

Die Grünen im Landtag wünschen sich ebenfalls eine konsequente Umsetzung des Aktionsplans. "Es ist gut und richtig, dass die Naturschutzverbände uns beim Wort nehmen und im Namen der Ostsee die zügige Umsetzung des Aktionsplans Ostseeschutz einfordern", teilte die Landtagsfraktion mit. Der Anfang sei gemacht: Bis 2026 soll eine Meeresschutzstation an der Ostsee eingerichtet werden. Auch habe man wichtige Fortschritte bei der Munitionsbergung gemacht und erste Beiräte gegründet. Die SPD-Fraktion sagte dagegen, die Umsetzung hinke den geweckten Erwartungen hinterher. Das zeige beispielhaft "die halbherzige freiwillige Vereinbarung" zum Ostseeschutz.

Langsame Umsetzung Problem für Ostsee-Fischerei und Tourismus

Auch das Bündnis übt Kritik an der Freiwilligkeit in vielen Bereichen des Aktionsplans. Und die Nährstoffeinträge in der Landwirtschaft bis 2035 zweimal um jeweils zehn Prozent zu senken, geht dem BUND noch nicht weit genug. Die Fischbestände leiden demnach bereits jetzt unter zu hohen Schadstoffeinträgen im Wasser. Die gefangenen Heringe und Dorsche seien kaum nennenswert, meint Dagmar Struß, die Leiterin der Landesstelle Ostseeschutz des NABU.

"Unseres Erachtens nach entsteht hier der Eindruck, dass das Operationsteam noch zusammengestellt wird, während der Patient stirbt." Dietmar Ulbrich vom BUND Schleswig-Holstein über Umsetzung des Aktionsplans Ostseeschutz

Langfristig könnten auch andere Wirtschaftszweige unter fehlendem Ostseeschutz leiden: "Es muss allen klar sein, dass ein gekipptes, stinkendes Gewässer weder Touristen anzieht, noch kann man sich daraus ernähren. Tot ist tot", mahnte Struß. Das bekräftigte auch die SPD-Fraktion: Eine intakte und gesunde Ostsee sei nicht nur wichtig für den Erhalt der Biodiversität. "Sie sichert wirtschaftliche Existenzen und ist grundlegende Voraussetzung für den Tourismus, einem der wichtigsten Wirtschaftszweige für unser Land."

Die Forderungen der Naturschutzverbände für mehr Ostseeschutz

Bei der Landespressekonferenz am Donnerstag teilte das Bündnis der Ostsee-Naturschutzverbände seine Forderungen an die Landesregierung in Schleswig-Holstein mit und mahnte, dass sie noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden sollten. Dabei nannte es drei Punkte:

  • Die geplanten drei neuen, fischereifreien Ostsee-Schutzgebiete sollen bis Ende des Jahres ausgewiesen werden.
  • In diesen Zonen sollen Motorboote und Jetskies komplett ausgeschlossen werden.
  • Die geplante Reduktion von Stickstoff um jährlich 400 Tonnen und Phosphor um 13 Tonnen geht den Verbänden nicht weit genug - sie fordern mindestens 2.000 Tonnen weniger Stickstoff und 65 Tonnen weniger Phosphor jährlich und verpflichtende Maßnahmen statt Freiwilligkeit.

Der fischereifreie Bereich des Aktionsplans der Landesregierung umfasst etwas mehr als zwölf Prozent der schleswig-holsteinischen Ostsee. Die Naturschützer sehen in dem Plan jedoch noch kein Mittel gegen den rasanten Artenschwund und für echte Regeneration.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 13.03.2025 | 15:00 Uhr

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