Freiwillige Feuerwehr: "Mit Lob allein kann man nicht arbeiten"
Mehr als 50.000 ehrenamtliche Feuerwehrleute sind in Schleswig-Holstein Tag für Tag rund um die Uhr im Einsatz. Das wird in den Wehren landesweit heute mit dem "Tag der 112" gefeiert.
Sie retten Menschen aus brennenden Häusern, leisten Ersthilfe bei Verkehrsunfällen oder räumen die Straßen frei nach Sturmschäden. Die Menschen der Freiwilligen Feuerwehren in Schleswig-Holstein sind Tag und Nacht einsatzbereit. Dabei ist es egal, ob sie gerade von der Arbeit kommen, Sport machen oder auf dem Weg ins Kino sind - wenn der Pieper geht, folgt der Einsatz.
Das kennt auch Landesbrandmeister Frank Homrich, Vorstand des Landesfeuerwehrverbandes Schleswig-Holstein. "Wir stehen auch nachts um vier auf und laufen zu jemanden hin der brennendes Essen auf dem Herd hat und das ganze gerade selbst verschläft", sagt er. Fast 10.000 mal sind sie allein für Brandeinsätze im Jahr 2022 ausgerückt. Dabei investierten sie viel Freizeit und es sorge nicht selten auch für Stress, beispielsweise wenn zuhause ein schönes Essen geplant gewesen sei, aber der Melder geht, erzählt er.
Jubiläum: 150 Jahre Landesfeuerwehrverband
Das gesamte Jahr laufen in Schleswig-Holstein schon Aktionen, die Abschlussveranstaltung zum 150-jährigen Jubiläum findet am 1.12. statt - ein bewusst gewähltes Datum, das für die 112 steht. Die rund 1.300 Wehren sind aufgerufen mit Interessierten ins Gespräch zu kommen. In vielen Orten sind deswegen Führungen durch das Feuerwehrgerätehaus geplant oder es wird Punsch und Essen angeboten. Das Programm ist umfangreich: Musikzug, Fotoausstellungen, Präsentation der Einsatzfahrzeuge, Vorstellung eines neuen Defibrillator für die Einwohner der Gemeinde oder eine Feuerlöscherprüfung.
"Es kann aber auch passieren, dass plötzlich der Kassierer oder die Busfahrerin in Feuerwehrkleidung vor einem steht, sagt Mareike Dahms vom Landesfeuerwehrveband. Denn damit die freiwilligen Einsatzkräfte mehr Sichtbarkeit und Wertschätzung erfahren, ruft der Verband dazu auf, in Feuerwehrkleidung zur Arbeit zu gehen. So soll deutlich werden, dass diese Menschen ganz gewöhnlichen Berufen nachgehen und überall in unserer Gesellschaft vertreten sind.
Übersicht einiger Aktionen
Mehr Respekt und Dankbarkeit aus der Bevölkerung
Seit mehr als 40 Jahren ist Frank Homrich bereits Feuerwehrmann. Verbale Attacken habe es damals schon gegeben, verändert habe sich aber die Einstellung der Bevölkerung zur Feuerwehr. "Wir unterscheiden uns in unseren Uniformen und der Ausstattung glücklicherweise nicht mehr so von den Berufsfeuerwehren, deshalb denken aber viele, dass wir auch bezahlt werden für die Einsätze, die denken, wir machen das beruflich", sagt er.
Früher hätten die Menschen noch selbst einen Ast von der Straße geräumt, heute rufen viele einfach die Feuerwehr. Zu solchen unnötigen Einsätzen kämen dann noch etliche Fehlalarme. "Wir wollen mit unseren Aktionen im Land darauf aufmerksam machen, dass in den Uniformen Menschen stecken, der Bäcker oder Klempner von nebenan, die das freiwillig zum Schutz anderer tun und dabei teils ihr Leben riskieren". In anderen Ländern gibt es das Modell der ehrenamtlich tätigen Feuerwehr nicht, dort sind die Wehren oft angeschlossen an die Polizei oder das Militär.
Frank Homrich hofft, dass die freiwilligen Wehren hier noch lange Bestand haben. "In den Dörfern sind wir ja nicht nur zum Brandschutz da, wir machen auch Laternenumzüge und sind Kulturträger vor Ort", sagt der Landesbrandmeister.
Die Zukunft der Feuerwehren im Land
Neben mehr Wertschätzung fordert der Verband aber auch bessere Technik und Ausstattung. "Nur mit Lob allein kann man auch nicht arbeiten. Wir haben mancherorts Gerätehäuser, die sind 50 Jahre alt und Putz bröckelt schon von den Wänden", sagt Frank Homrich, und sieht die Politik in der Verantwortung. Wir müssen immer wieder neue Anreize schaffen, auch für die Jugendfeuerwehr. Momentan kämen zwar viele junge Menschen nach, aber diesen Trend müsse man aufrecht erhalten.
Schwieriger sei es, dass immer mehr Freiwillige zur Arbeit pendeln. "Dann muss man sich Fragen, setzen wir die Person dann am Arbeitsort Flensburg oder Wohnort Husum ein?" Das seien die großen Herausforderungen der Zeit, denn tagsüber wären die Wehren auf dem Land durch immer längere Strecken zur Arbeit oft wie leer gefegt.
Alle können die Feuerwehr etwas entlasten
Um die Zahl der Fehlalarme zu minimieren, werden im kommenden Jahr bei Notrufen mehr Fragen von der Leitstelle gestellt. So sollen auch Kapazitäten geschont werden. "Gerade bei Wetterumschwung, wenn nach viel Regen starke Sonneneinstrahlung auf die Häuser knallt, kommt es zu Verdunstung, was oft mit Rauch verwechselt wird." So würde sich ein brennender Dachstuhl häufig als Wetterphänomen heraus stellen. Durch eine Abfrage, ob der Rauch weiß oder schwarz sei, könne schon eine bessere Voreinschätzung stattfinden und weniger Fahrzeuge los geschickt werden.
Eine weitere Entlastung könnte die Bevölkerung auch über Eigeninitiative schaffen. Vor Sturmwarnungen einfach mal die Bäume im Garten überprüfen, bevor die ins Dach krachen. Auch einen Feuerlöscher zuhause haben, sei ein guter Anfang. "Man kann auch einfach mal bei der Wehr im Ort vorbei gehen und sich einen Feuerlöscher erklären lassen, oft gibt es auch die Möglichkeit selbst mal einen kleinen Brand zu löschen." Das sei besonders in der Vorweihnachtszeit ein wichtiges Thema, wenn viele Kerzen brennen. Im Notfall solle selbstverständlich immer die 112 gewählt werden. Doch jede Entlastung bedeutet für die Feuerwehrkräfte ein Stück mehr Freizeit, vielleicht auch mal ein Essen in Ruhe mit der Familie.