Stutthof-Prozess: Nebenklage fordert Antworten von Irmgard F.
Anwälte der Nebenklage haben Irmgard F. am Dienstag aufgefordert, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Die Angeklagte soll als Sekretärin im KZ Stutthof Beihilfe zum Mord in mehr als 10.000 Fällen geleistet haben.
Im Prozess gegen die ehemalige Sekretärin des Konzentrationslagers Stutthof, Irmgard F., vor dem Landgericht Itzehoe (Kreis Steinburg) haben am Dienstag die Vertreter der Nebenklage ihre Plädoyers verlesen. Darin kritisierten sie, dass die Angeklagte bisher zu allen Vorwürfen schweigt und forderten sie auf, sich doch noch zu erklären. "Wir alle haben ein Recht darauf, von Ihnen Antworten auf unsere Fragen zu bekommen", sagte Rechtsanwalt Ernst Freiherr von Münchhausen. Die Täter hätten nach Kriegsende weitergemacht als wäre niemals etwas gewesen, während die Opfer keine Ruhe gefunden hätten.
Vertreter der Nebenklage spricht von "historischer Chance"
Viele der am Prozesstag anwesenden Vertreterinnen und Vertreter appellierten an die 97-Jährige, sie möge doch bitte von ihrem letzten Wort vor Gericht Gebrauch machen. Einer von ihnen bezeichnete die Möglichkeit der Angeklagten, sich zu äußern, als "historische Chance" - nicht nur für Irmgard F., sondern auch für ihre Kinder, Enkel und nicht zuletzt für die Opfer im KZ. Nebenklagevertreter Markus Horstmann sagte dagegen, es bedürfe keiner flammenden Rede mehr.
Anwältin: Verfahren kommt zu spät
Dieses Verfahren komme wie viele andere zu NS-Verbrechen zu spät, sagte die Rechtsanwältin Christine Siegrot. "Dass die Angeklagte nicht schon in den 50er Jahren vor Gericht stand, hat etwas mit der Kontinuität der Justiz zu tun." Siegrot ist überzeugt davon, dass die Angeklagte schuldig ist. Irmgard F. habe sich auch 1945 nicht abgewendet, so die Nebenklagevertreterin. Sie soll einige Jahre später in ihrem Haus sogar Besuch des früheren Lagerkommandanten empfangen haben.
Angeklagte schweigt seit Prozessbeginn
Irmgard F. wird vorgeworfen, zwischen Juni 1943 und April 1945 Beihilfe zum Mord in mehr als 10.000 Fällen geleistet zu haben. Die Angeklagte war damals 18 beziehungsweise 19 Jahre alt und arbeitete als Sekretärin in der Kommandantur des Konzentrationslagers. Sie äußerte sich in dem seit rund 14 Monaten laufenden Prozess nicht zu den Vorwürfen. In der vergangenen Woche hatte Staatsanwältin Maxi Wantzen eine Jugendstrafe von zwei Jahren auf Bewährung gefordert.
Am 5. Dezember wird der Prozess mit weiteren Schlussplädoyers der Nebenklagevertreter fortgesetzt.