Strom, Gas, Glasfaser: Kritische Infrastruktur im Internet einsehbar
Wo Leitungen, Pipelines oder Datenkabel zu finden sind, verrät in vielen Fällen das Internet. Das Bundesamt für Verfassungsschutz warnt vor Sabotage. Viele Daten für SH sind aber weiterhin verfügbar.
Wer sich für Energie, Windräder oder Gaspipelines interessiert, bekommt mit der Open Infrastructure Map eine wahre Fülle aufschlussreicher Informationen. Ähnlich wie beim freien Lexikon Wikipedia haben engagierte Nutzende der Plattform "Open Street Map" Daten zusammengetragen. So lässt sich etwa erkennen, dass der Windpark Nordhackstedt westlich von Flensburg mit zehn Anlagen und 24,95 Megawatt über eine kleine 20 Kilovolt-Leitung an das Umspannwerk Schobüll angebunden ist.
Stromtrassen, Umspannwerke, Pipelines metergenau eingezeichnet
Der Trassenverlauf ist auch bei der großen unterirdischen Nord-Süd-Pipeline für Erdgas genau eingezeichnet, die in Schleswig-Holstein parallel zur A7 verläuft. Die Aktualität und Genauigkeit der Daten ist nicht garantiert. Das gilt auch für das Portal Infrapedia mit Informationen zu weltumspannenden Glasfaserleitungen. Potentielle Angreifende könnten aber erste Anhaltspunkte bekommen.
Sabotage bei der Bahn verstärkt die Sorgen
Die Quelle für solche Informationen sind häufig offiziell veröffentlichte Daten. Aus diesem Grund will das Bundesamt für Verfassungsschutz nun Behörden und Wirtschaft sensibilisieren. Im einem Sicherheitshinweis schreibt die Behörde, es sei davon auszugehen, dass ausländische Nachrichtendienste die Informationen gezielt auskundschaften. Im Oktober hatten Unbekannte den Bahnverkehr lahmgelegt, indem sie offenbar mit Fachwissen ein Kabel in Berlin und gleichzeitig eine Ersatzleitung im westfälischen Herne durchtrennten. Es soll auch weitere Vorfälle gegeben haben, über die bisher nur wenig bekannt ist.
Digitaler Atlas Nord und BOB für Daten aus Schleswig-Holstein
In Schleswig-Holstein lassen sich Informationen zur Infrastruktur im Digitalen Atlas Nord abrufen, für den das Umwelt- und Energiewendeministerium verantwortlich ist. Dieser geht allerdings bei der Infrastruktur kaum ins Detail: Bei Stromleitungen sind nur die großen Überlandleitungen einzeichnet. Gaspipelines und Datenkabel fehlen. Darüber hinaus gibt es das Landesportal für Bauleitplanungen BOB. Bei den Planfeststellungen sind aktuelle Projekte detailliert einsehbar, ältere dagegen gelöscht.
Der Infrastrukturatlas des Bundes zeigt den Verlauf von Glasfaserleitungen für das Internet bis zum Hausanschluss. Um hier einen Zugang zu bekommen, müssen Nutzerinnen und Nutzer nachweisen, dass sie für einen Fachbetrieb oder in der Verwaltung arbeiten. Der Probezugang mit beispielhaften Daten vermittelt einen Eindruck von der Detailtiefe.
Daten bleiben verfügbar
Gezielte Löschungen aufgrund der Warnung hat es in den genannten Portalen offenbar nicht gegeben. Auf die Anfrage von NDR Schleswig-Holstein teilt das Energiewendeministerium mit: "Die öffentlich verfügbaren Informationen werden beziehungsweise wurden auf ihr Risiko geprüft." Das Ministerium verweist auf die gesetzlichen Pflichten, Unterlagen zu Stromtrassen zu veröffentlichen. Wer professionell Informationen sucht, dürfte sich aber ohnehin weiterreichende Quellen suchen. Das Ministerium schreibt dazu: "Das Risiko der derzeit verfügbaren öffentlichen Informationen ist im Vergleich zum Angebot privater Dienstleister gering."