Streit um Kommunalrecht in SH
CDU und Grüne planen Änderungen in der Mindeststärke für Fraktionen in Kommunalvertretungen und Einschnitte bei Bürgerbegehren. Die Pläne stoßen auf massive Kritik bei der Opposition.
Gemeindevertretungen mit mindestens 31 Mitgliedern, das sind in der Regel Orte mit mehr als 25.000 Einwohnern, sollen künftig selbst darüber entscheiden können, ob zur Bildung einer Fraktion drei statt zwei Mandatsträger erforderlich sind. Die von Schwarz-Grün geplanten Änderungen kommunalrechtlicher Vorschriften sorgten im Landtag für eine kontroverse Diskussion. Sie wurden am Freitag in erster Lesung beraten. Vor allem FDP und SSW waren auf der Zinne. Sie sprachen von Willkür und einem Angriff auf die Demokratie.
Verfassungsrechtliche Bedenken der Opposition
Die Änderung könne dazu führen, "dass große Fraktionen ihre unliebsame Konkurrenz wegmarginalisieren könnten", so der Fraktionschef des SSW, Lars Harms. Der Verlust des Fraktionsstatus' führe dazu, dass die betroffenen Kommunalpolitiker in Ausschüssen kein Antrags- aber auch kein Stimmrecht mehr hätten. Bernd Buchholz von der FDP meinte, es gebe dann Parlamentarier erster und zweiter Klasse. Er machte außerdem verfassungsrechtliche Bedenken geltend.
Koch: Funktionieren der Demokratie gewährleisten
Dagegen sieht Tobias Koch von der CDU Kommunalvertretungen wie die Lübecker Bürgerschaft durch Kleinstfraktionen vor allem zeitlich überlastet. Er wies darauf hin, dass man sich bei der Neufassung des Gesetzes an anderen Bundesländern orientiert habe. Insgesamt gehe es bei den Änderungen darum, das Funktionieren der Demokratie zu gewährleisten und für mehr wirtschaftliche Dynamik zu sorgen. Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) hob als Ziele hervor, die Planungen bei wichtigen Bauvorhaben zu beschleunigen, ausreichend bezahlbaren Wohnraum bereitzustellen und die Arbeit des kommunalen Ehrenamts zu stärken. Den Vorwurf eines massiven Demokratieabbaus wies die Ministerin zurück.
Streit um Bürgerbegehren
Auch die geplanten Änderungen bei den Bürgerbegehren stießen auf Kritik. Unter anderem sollen gegen bestimmte Beschlüsse, die mit Zweidrittel-Mehrheit gefasst wurden, keine Bürgerbegehren mehr zulässig sein. Außerdem sollen Bürgerbegehren gegen einen Beschluss einer Kommunalvertretung künftig binnen drei Monaten folgen müssen - derzeit gibt es keine Frist. Sütterlin-Waack sagte dazu, Schleswig-Holstein habe bisher im Ländervergleich sehr weitreichende Möglichkeiten der direkten Bürgerbeteiligung. Die Koalition schaue sich sehr maßvoll und mit Fingerspitzengefühl an, wo Änderungen notwendig erschienen.
Kai Dolgner von der SPD meinte, eine Beschneidung von Bürgerentscheiden sei nicht zu rechtfertigen. Und auch die Grünen hätten nach Aussage ihres Fraktionsvorsitzenden Lasse Petersdotter gerne auf diesen Punkt verzichtet. Dass sei nun aber Teil eines Kompromisses, den man mittrage. Die Anhebung der Fraktionsgröße sei dagegen ein abgewogener Schritt.
Einschnitte beim Bürgerbegehren bereits abgeschwächt
Die Regierung war nach massiver Kritik von zunächst vorgesehenen rigorosen Einschränkungen bei Bürgerbegehren abgerückt. Damit werden Infrastruktur-, Investitions- oder Klimaprojekte, die wegen landes- oder bundesweiter Bedeutung als unverzichtbar eingestuft werden, nun doch nicht von Bürgerbegehren ausgeschlossen.
Die geplante Änderung im Kommunalrecht wird im Landtag weiter diskutiert und soll noch vor der Kommunalwahl im Mai Inkrafttreten.