Mut zur Lücke: Solarpark Klein-Rheide hilft dem Artenschutz
Wenn mehr Platz zwischen den Modulreihen ist, können Landwirte dort für Naturschutz sorgen. Bundesminister Cem Özdemir ließ sich von Branchenvertretern das Konzept erklären.
Links und rechts der A7 können Autofahrer beobachten, wie dicht die langen Reihen mit Solarmodulen aneinander stehen. Für Regenwasser gibt es keine Lücken. Nur wenig Sonne erreicht den Boden. Und wenn dort Mulch ausgebreitet ist, wächst darunter nichts. Dabei könne gerade unter Photovoltaik (PV) Artenvielfalt entstehen, wenn die Flächen richtig bewirtschaftet werden, ist Solar-Planer Rene Nissen aus Galmsbüll (Kreis Nordfriesland) überzeugt. Im 27 Hektar großen Solarpark in Klein-Rheide (Kreis Schleswig-Flensburg) geht man diesen Weg. Der Fachbegriff dafür: extensive Agri-PV.
Landwirte bleiben eingebunden
Hier stehen die Reihen mit Solarmodulen bis zu vier Meter auseinander. Im Ständerwerk sind kleine Lücken, damit das Regenwasser abfließen kann. Auch ein Tümpel befindet sich unter den Modulen. Biologen haben hier schon Kreuzkröte, Libellen und seltene Gräser entdeckt, sagt Nissen. Hier sieht er einen Ansatz, Landwirte in den Naturschutz unter den Solarparks einzubinden. Sie könnten künftig auf solchen Flächen mit ihrer Fachkenntnis etwa dafür sorgen, dass zum richtigen Zeitpunkt gemäht wird. Für das Konzept warb am Donnerstag der Branchenverband ARGE-Netz, der den Bundeslandwirtschaftsminister eingeladen hatte.
Solarflächen ohne Erbschaftssteuer
Özdemir nannte die Ideen einen Gewinn für alle. Denn sie haben auch praktische Vorteile: Weil die Flächen in der Bewirtschaftung bleiben, wird bei einer Hofübergabe meist keine Erbschaftssteuer fällig. Dies kann durchaus zum Faktor werden: Normalerweise gelten Solarparks als "Siedlungs- und Verkehrsfläche", deren Wert steuerlich mit der Hälfte vergleichbarer Gewerbeflächen bemessen werde, erklärt Nissen. Zudem benötige ein Solarpark, der dem Artenschutz dient, keine Ausgleichsflächen.
Nur ein Zehntel mehr Flächenbedarf
All das könne helfen, die Akzeptanz für Freiflächen-Photovoltaik bei Landwirten und in der Bevölkerung zu erhöhen, sagte Nissen. Denn immer wieder taucht die Kritik auf, dass die Flächen der Landwirtschaft entzogen werden. Dabei braucht Photovoltaik vergleichsweise wenig Platz. Würden alle Solarparks diesen Ansatz wählen, stiege der deutschlandweite Flächenbedarf von etwa 1,5 auf maximal 1,7 Prozent. Zum Vergleich: Energiepflanzen belegen bereits jetzt etwa 15 Prozent.
Größere Abstände - weniger Schattenwurf
Dafür fordert ARGE-Netz aber auch einen Preis: Die gesteigerte Biodiversität sollte angerechnet werden. Die extensiven Agri-PV-Flächen dürfen nach Ansicht des Verbandes zudem wirtschaftlich nicht schlechter gestellt werden als die eng geständerten Solarparks. Ein Aufpreis von etwa 0,5 Cent pro Kilowattstunde entspräche dem Mehraufwand für die Fläche, meint Nissen. Vom Energieertrag her spricht er allerdings von einem Nullsummenspiel: Bei tief stehender Sonne werfen die auseinander gezogenen Modulreihen weniger Schatten aufeinander. So gleicht sich die Rechnung aus.
Module über dem Moor
Auch über Moorflächen lassen sich Solarmodule installieren. Davon machte sich Özdemir zuvor ein Bild im Nachbardorf Lottorf bei Schleswig. Vertreter des Bauernverbandes baten den Minister, solche Projekte verstärkt zu ermöglichen. Insbesondere die Eider-Treene-Sorge-Region habe hierfür ein großes Potential.