Schön Kliniken: Kündigungswelle in Rendsburg und Eckernförde
Der Münchener Schön-Konzern baut die Klinik-Standorte in Rendsburg und Eckernförde um. Arbeitsplätze sollen an Drittfirmen gehen. Mitarbeiter berichten von dubiosen Methoden und Gesprächen.
Die schlechte Nachricht kam vor wenigen Wochen, am 21. November. Per Einschreiben. Mitarbeiter Michael Gärber* erhielt die Ankündigung seines Arbeitgebers, dass der Arbeitsvertrag zum Jahresende gekündigt werde. "Ich war sprachlos", sagt der langjährige Mitarbeiter der Schön Klinik in Rendsburg und Eckernförde. Der Schön-Konzern hat im vergangenen Jahr die insolventen kommunalen Imland-Kliniken übernommen.
250 seiner Kolleginnen und Kollegen erhielten ebenfalls diese Nachricht. Die Klinikleitung informierte sie in dem Schreiben, dass eine sogenannte Betriebsteilschließung geplant sei. Und dass sie angesichts der bevorstehenden Kündigung nicht auf die Idee kommen sollten, einfach so krank zu machen.
Sätze der Klinikleitung, die Mitarbeitern Angst machen
Der Satz, der Gärber nicht aus dem Kopf gehen will: "Von Krankschreibungen aufgrund der angekündigten Betriebsschließung raten wir aus arbeitsrechtlicher Sicht dringend ab." Gärber macht dieser Satz Angst.
Seitdem klar ist, dass er seinen bisherigen Arbeitsplatz verlieren wird, plagen ihn Magenschmerzen und schlaflose Nächte. Doch zum Arzt gehen will er lieber nicht. Jetzt bloß nicht krank werden. Wer weiß, welche Konsequenzen das dann noch hat?
Es geht nicht um Ärzte - aber unzählige Abteilungen der Klinik
Um Kosten zu sparen, plant der Schön-Klinik-Konzern, 14 Tätigkeitsfelder im nicht-medizinischen Bereich an Tochterunternehmen oder Drittfirmen auszulagern. Betroffen ist die ganze Bandbreite an Abteilungen:
- Bau und Technik
- Bettenaufbereitung
- Buchhaltung
- Catering und Reinigung
- Einkauf
- IT
- Klinikcontrolling
- Kliniksekretariate und Assistenzen
- Medizincontrolling
- Patientenmanagement
- Personalabteilung
- Qualitätsmanagement
- Rezeption
- Transportdienst
Menschen mit Alt-Verträgen sollen sich neu bewerben
Die bisherigen Mitarbeiter können sich dann bei den Drittfirmen auf ihre bisherigen Jobs neu bewerben. Zu schlechteren Konditionen. Nico Wickleder von der Gewerkschaft ver.di spricht von befristeten Verträgen mit niedrigeren Stundenlöhnen, dem Wegfall von Sonderzahlungen wie Weihnachtsgeld und Rentenzahlungen sowie einer höheren Wochenarbeitszeit.
"Viele sind langjährige Mitarbeiter, die teilweise kurz vor der Rente stehen", sagt Wickleder: "Die haben Alt-Verträge mit entsprechenden Konditionen. Diese Langjährigen will der Konzern loswerden. Sie sollen sich neu bewerben und dann erst einmal eine Probezeit absolvieren."
Betroffene schockiert über "befremdliche" Gespräche
Eine der Firmen kommt aus Bayern. Das Gebäudereinigungsunternehmen wird von Herrn G. geführt. Er reiste im November und Dezember an, um mehrere Personalgespräche zu führen. Mit kurzem zeitlichen Vorlauf, ohne Beisein des Betriebsrates.
Josef Mohrmann* und Hanna Lauder* waren bei zwei unterschiedlichen Treffen anwesend - und schockiert. Sie sagen, Herr G. habe das Gespräch kompromisslos und befremdlich geführt. Er habe schlechtere Konditionen geboten und Zeitdruck aufgebaut, einen Aufhebungsvertrag mit dem jetzigen Arbeitgeber innerhalb einer Woche zu unterschreiben.
"Da hat man sich wie in einer Drückerkolonne gefühlt"
"Und wer eine Abfindung des Schön-Konzerns annehme, würde sowieso nicht von ihm übernommen", sagt Mohrmann. Sowieso sei es Herrn G. "scheißegal", ob die Mitarbeiter aus den verschiedenen Arbeitsbereichen die neuen Arbeitsverträge unterschreiben oder nicht. Er würde sonst Leute aus dem Ausland holen, die für weniger als den Mindestlohn arbeiten.
Wortwahl und Inhalt bestätigt auch Hanna Lauder: "Das war ein Gespräch, da hat man sich wie in einer Drückerkolonne gefühlt."
Drittfirma aus Bayern reagiert auf Aussagen nur allgemein
Auf Anfrage von NDR Schleswig-Holstein reagiert Firmenchef G. auf diese Aussagen nur allgemein: "Die Auswahl, Ansprache und Einstellung geeigneten Fachpersonals nehmen wir selbstständig und selbstverständlich unter Einhaltung aller gesetzlichen Vorgaben vor. Unser Anspruch ist es, die uns übertragenen Aufgaben stets professionell und verantwortungsvoll zu erfüllen."
Schön-Konzert rudert zurück und spricht mit Gewerkschaften
Nun rudert der Klinik-Konzern im Zeitplan zurück. Am Montag wurden erstmals geplante Gespräche mit den Gewerkschaften über diesen Zeitplan, die Höhe der Abfindungen sowie einen Sozialplan bestätigt. Erst nach Abschluss dieser Verhandlungen, die im Januar beginnen, sollen die betriebsbedingten Kündigungen ausgesprochen werden.
Ab dann laufen die Kündigungsschutzzeiten, die bei langjährigen Beschäftigten ein halbes Jahr betragen können. "Dadurch haben die Beschäftigten etwas Zeit gewonnen, sich umzuschauen", sagt Nico Wickleder von ver.di. Die Wirtschaftsförderung des Kreises Rendsburg-Eckernförde hat eigens eine Jobbörse für die Mitarbeiter ins Leben gerufen.
Wirtschaftsauskunftei Creditreform rät von Zusammenarbeit ab
Und wie ist der weitere Umgang der Schön Klinik mit Drittfirmen wie jener aus Bayern? Recherchen von NDR Schleswig-Holstein haben ergeben, dass die auf der Webseite der Firma angegebene Steuernummer zu einer anderen Firma gehört.
Die Nummer führt zu einem weiteren Unternehmen von Herrn G., um dessen Bonität es nicht gut bestellt zu sein scheint. Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform rät deshalb von Geschäftsbeziehungen mit G. oder seiner Firma ab.
Wortwahl von Schön-Konzern und Drittfirma ist teilweise identisch
NDR Schleswig-Holstein hat den Schön-Konzern hiermit konfrontiert. Doch auf die Frage, warum Schön mit einem Unternehmen zusammenarbeitet, vor dem Creditreform abrät, antwortet der Klinikkonzern nur allgemein und in der Wortwahl teilweise identisch wie Unternehmer G..
"Die Ansprache, Auswahl und Einstellung von geeignetem Fachpersonal obliegt einzig und allein den Dienstleistern, wir nehmen hierauf keinen Einfluss", schreibt der Konzern. Und weiter: "Diese sind ihrerseits verpflichtet, alle geltenden rechtlichen Vorgaben einzuhalten."
Enttäuschte Mitarbeiterinnen: "Die wollen uns einfach aussortieren"
Die langjährigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind enttäuscht. "Man fühlt sich so machtlos. Die wollen uns einfach aussortieren", sagt Hanna Lauder und schluckt.
*Namen auf Wunsch der Protagonisten geändert. Auch das suggerierte Geschlecht muss nicht der Realität entsprechen. Die echten Identitäten sind der Redaktion bekannt.