Rund 700 Menschen bei Mahnwache nach Messerattacke in Kiel
Um Solidarität mit den Opfern der offenbar homofeindlichen Gewalttat in der Kieler Innenstadt zu zeigen, haben sich Bürgerinnen und Bürger am Montagabend zu einer Mahnwache versammelt. Dazu hatte die Bewegung Fridays for Future aufgerufen.
Die Betroffenheit am Kieler Ziegelteich ist groß. Laut Polizei rund 700 Menschen - deutlich mehr als erwartet - haben sich am Montagabend um 19 Uhr vor der Bar zusammengefunden, wo es zu dem mutmaßlichen Hassdelikt gekommen war. Um Solidarität mit den Opfern und der queeren Community zu bekunden, erschienen nicht nur die Teilnehmenden der Mahnwache, sondern auch die Polizei, mit Regenbogenflaggen. Für die vier verletzten Männer wurde eine Schweigeminute abgehalten.
Mit dabei war auch Anna Langsch, Landtagsabgeordnete der Grünen. Die Politikerin sei tief bewegt. Zum einen, da solch eine Gewalttat mitten im Herzen Kiels stattfinden konnte - zum anderen, weil die Anteilnahme so groß sei: "Ich habe nicht damit gerechnet, dass in so kurzer Zeit so viele Menschen - ob sie queer sind oder nicht - sich hier versammeln und ein klares Zeichen setzen, dass jegliche Form von Gewalt hier keinen Platz hat. Insbesondere, wenn sie aufgrund von menschenverachtenden Haltungen und Gesinnungen geschehen", so Langsch während der Mahnwache.
Lackierte Fingernägel als Auslöser
Männliche Teilnehmer der Mahnwache sollten, so der Aufruf von Fridays for Future, gerne mit lackierten Fingernägeln erscheinen. Denn Auslöser des Streits, der in der Nacht zum Sonnabend (5.11.) zur Messer-Attacke führte, sollen offenbar die lackierten Fingernägel eines Mannes gewesen sein. Viele männliche Besucher der Mahnwache folgten dem Aufruf.
Polizei: Zahl der homofeindlichen Angriffe nimmt zu
Tim Jänke, Ansprechperson der LSBTIQ*-Stelle der Polizei in Schleswig-Holstein, gab bekannt, dass die Anzahl an Hassdelikten gegen Geschlecht und sexuelle Orientierung steige. In 2021 habe es 26 Fälle (davon sechs Gewaltdelikte) gegeben.
Andrea Dallek vom Haki-Zentrum in Kiel gab zu bedenken, dass die Gewalt jeden treffen könne. Lackierte Nägel oder Make-up bei Männern seien heutzutage ziemlich weit verbreitet.
Vier junge Männer wurden verletzt
Drei Männer im Alter von 23 und 27 wurden bei dem Angriff in der Nacht zum Sonnabend verletzt. Ein hinzugekommener 23-Jähriger versuchte laut Polizei noch, den Streit zu schlichten - er erlitt eine lebensbedrohliche Stichverletzung am Oberkörper. Sein Zustand sei mittlerweile stabil.
Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei ermitteln nun wegen eines versuchten Tötungsdelikts. Michael Bimler von der Staatsanwaltschaft Kiel sagte NDR Schleswig-Holstein: "Wir wissen noch nicht ganz genau, wie die Täter vom Tatort weggekommen sind. Es gab Hinweise zu einer Flucht mit einem Pkw. Wir gehen dem weiter nach." Die Männer sind vermutlich um die 25 Jahre alt und haben eine südeuropäische Herkunft. Die Polizei hat eine Belohnung von 2.000 Euro für Hinweise ausgesetzt, die zur Ergreifung der Täter führen.
Inzwischen hat sich ein Mann bei der Polizei gemeldet, der an dem Abend mit Freunden am Tatort unterwegs war. Er gab an, ebenfalls von einer Gruppe angepöbelt worden zu sein. Die Sprüche hätten sich auf seine Kleidung bezogen. Die Polizei prüft einen Zusammenhang.