Rassismus-Vorwürfe gegen Möllner Polizisten: Strafverfahren eingestellt
Im Februar hatte die Landespolizei Ermittlungen gegen Polizeibeamte aus Mölln öffentlich gemacht. Laut Staatsanwaltschaft Lübeck konnte der Verdacht strafrechtlich jedoch nicht ausreichend erhärtet werden. Es laufen allerdings noch weitere Verfahren.
Mit einer Pressekonferenz machte die Landespolizei im Februar schwere Anschuldigungen öffentlich: Mehrere Beamte der Polizeistation Mölln (Kreis Herzogtum Lauenburg) sollen sich ausländerfeindlich geäußert haben. Es war von Zweifeln an der Verfassungstreue und nationalsozialistischem Gedankengut die Rede. Nun teilte die Staatsanwaltschaft Lübeck mit, dass ein Ermittlungsverfahren dazu eingestellt wurde. Zuerst hatten die Kieler Nachrichten berichtet.
Verfahren wegen Volksverhetzung bereits 2022 eingestellt
Konkret ging es bei den Vorwürfen um zwei verschiedene Sachverhalte: Zunächst hatte ein Beamter berichtet, dass ein Kollege während einer Streifenfahrt im Mai 2022 diskriminierende, herabwürdigende und menschenverachtende Äußerungen von sich gegeben habe. Daraufhin wurde gegen den Beamten ein Strafverfahren wegen Volksverhetzung eingeleitet. Dieses war aber noch im Jahr 2022 wieder eingestellt worden, weil die Äußerung nicht öffentlich, sondern im Streifenwagen gemacht wurde. Der beschuldigte Beamte hatte die Äußerung auch bestritten, wie die Staatsanwaltschaft Lübeck mitteilte.
Ermittlungen gegen 14 Beamte wegen rassistischer Beleidigungen
Während der Ermittlungen hatten sich jedoch weitere Hinweise auf eine mutmaßlich ausländerfeindliche Haltung des Beschuldigten sowie Vorwürfe gegen andere Beamte ergeben. Unter anderem hatte ein Polizist aus der Dienststelle geschildert, dass er selbst von Kollegen rassistisch beleidigt worden sei.
Daraus ergab sich ein weiteres Strafverfahren gegen insgesamt 14 Beamte der Polizeistation Mölln. Der Verdacht habe sich aber nicht hinreichend erhärtet, teilte die Staatsanwaltschaft Lübeck am Montag auf Nachfrage von NDR Schleswig-Holstein mit. "Das Verfahren ist eingestellt worden, weil im Rahmen der Ermittlungen nicht ausreichend festgestellt werden konnte, welche Äußerung genau von welchem Beamten getätigt worden sein soll", sagte Oberstaatsanwalt Jens Buscher. Weitere Verfahren laufen bei der Staatsanwaltschaft Lübeck zu dem Komplex nicht.
Landespolizeiamt: War richtig, Vorwürfe öffentlich zu machen
Es sei dennoch angemessen gewesen, die schweren Rassismus-Vorwürfe damals öffentlich zu machen, teilte das Landespolizeiamt mit. Die Entscheidung sei sorgfältig abgewogen und schließlich aufgrund der Schwere der Anschuldigungen getroffen worden. Der stellvertretende Landespolizeidirektor Hartmut Kunz und der damalige Leiter der Polizeidirektion Ratzeburg, Bernd Olbrich, hatten auf der Pressekonferenz mehrfach betont, Transparenz schaffen zu wollen. Zudem sei die Unschuldsvermutung unterstrichen worden, so das Landespolizeiamt.
GdP: Belastung für alle Beteiligten
Auch Torsten Jäger von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) findet es richtig, dass die Ermittlungen öffentlich gemacht worden seine. Wären die Anschuldigungen anders an die Öffentlichkeit gelangt, wäre das Ansehen der Landespolizei schwer geschädigt worden. Dennoch gibt Jäger zu Bedenken: "Solche Vorwürfe sind immer eine allerhöchste Belastung für die Beschuldigten, sowohl dienstlich als auch privat." Gerade Durchsuchungen am Wohnort, wie es sie bei dem der Volksverhetzung beschuldigten Beamten gegeben hatte, seien einschneidend.
Polizisten ermutigen, Missstände anzusprechen
Jäger betont, es sei absolut richtig, dass die Landespolizei mit aller Konsequenz vorgehe, wenn solche Anschuldigungen im Raum stünden. "Wenn sich die Vorwürfe aber nicht erhärten, sollte abgesprochen mit den Beschuldigten eine Rehabilitation erfolgen", so der Gewerkschaftssprecher. Das könne eine öffentliche Entschuldigung sein, aber auch über eine Dienstversammlung erfolgen - da sollte auf die Beteiligten zugegangen werden.
Gleichzeitig sei es aber auch wichtig, nach Abschluss eines solchen Verfahrens auch mit den Hinweisgebern zu sprechen und ihnen zu vermitteln, dass sie nichts falsch gemacht hätten. "Es ist richtig, die Kollegen darin zu stärken, Misstände anzusprechen", so Jäger. Schließlich wolle man vermeiden, dass sich in Zukunft niemand mehr traue, Fehlverhalten von Kollegen anzusprechen. "Falsch verstandener Korpsgeist hat da absolut nichts zu suchen."
Anwalt kritisiert Landespolizei
Der Anwalt des hauptsächlich beschuldigten Beamten kritisiert das Vorgehen der Landespolizei dagegen erneut scharf. Sein Mandant sei "medial hingerichtet" worden, schreibt er in einer Stellungnahme. Der Beamte habe erst durch die Pressekonferenz von den Vorwürfen erfahren und diese von Anfang an bestritten. Zeugen, denen der Kollege des Beschuldigten damals von den Äußerungen im Streifenwagen erzählt haben will, hätten diese Gespräche nicht bestätigen können. Zudem habe der Beamte, der von rassistischen Beleidigungen berichtete, sich weiterhin zu Diensten mit dem Beschuldigten einteilen lassen. Chat-Nachrichten würden ein freundschaftliches Verhältnis belegen. Der Anwalt fordert deshalb eine öffentliche Entschuldigung und die Wiederherstellung der Reputation seines Mandanten.
Vier weitere Strafverfahren wegen Arbeitszeitbetrugs
Abgeschlossen ist der der Komplex rund um die Vorwürfe gegen die Möllner Polizisten aber noch nicht. Denn im Zuge der disziplinarrechtlichen Ermittlungen gegen den Beamten, der der Volksverhetzung angeklagt war, kam nicht nur heraus, dass er sich zwischen 2015 und 2022 im Dienst immer wieder rassistisch geäußert haben soll. Aus internen Chats ergaben sich zudem Vorwürfe sowohl gegen ihn als auch gegen weitere Beamte, unter anderem wegen Indiskretion, Verstößen gegen den Datenschutz, Versicherungs- und Arbeitszeitbetrug.
Dazu werden bei der Staatsanwaltschaft Kiel derzeit vier Verfahren gegen vier Beschuldigte geführt, wie Oberstaatsanwalt Henning Hadeler mitteilte. Hauptsächlich gehe es dabei um Arbeitszeitbetrug. Laut Hadeler wurde eines der Verfahren inzwischen gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt, in einem zweiten hat die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl mit einer Geldstrafe beim Amtsgericht beantragt. In den anderen beiden Verfahren dauern die polizeilichen Ermittlungen noch an.
Disziplinarverfahren laufen noch
Außerdem wurden gegen insgesamt zehn Beamte aus der Polizeistation Mölln Disziplinarverfahren eingeleitet, darunter drei Führungskräfte, die das Verhalten geduldet oder mitgemacht haben sollen. Laut Innenministerium wurden davon drei Verfahren eingestellt, drei laufen aktuell noch und vier sind noch ausgesetzt, weil gegen die Betroffenen gleichzeitig noch strafrechtlich ermittelt wird. Die drei beschuldigten Führungskräfte wurden in andere Dienststellen versetzt, der hauptbeschuldigte Beamte wurde vorläufig des Dienstes enthoben - all diese Maßnahme bestehen nach Angaben des Innenministeriums auch noch.
Am Mittwoch hat sich auch der Innen- und Rechtsausschuss im Landtag mit dem Themenkomplex befasst und sich über den aktuellen Stand der Verfahren informiert.