Prien: Steigender Zuzug von Asylbewerbern auf Dauer nicht zu bewältigen

Stand: 22.08.2023 19:28 Uhr

Die stellvertretende CDU-Vorsitzende und schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien hält den anhaltenden Zuzug von Asylbewerbern auf Dauer für nicht zu bewältigen. SPD und Grüne in SH kritisieren die Aussagen.

Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien hat davor gewarnt, dass die stetig steigende Zahl der Asylbewerber in Deutschland auf Dauer nicht zu bewältigen sei. Im Gespräch mit der Deutschen Presse Agentur sagte die stellvertretende CDU-Chefin, alle demokratischen Parteien müssten ihre Konzepte zur Zuwanderung überarbeiten. Weder Kommunen noch Schulen oder Kitas würden das auf Dauer schaffen, sagte die CDU-Politikerin.

Prien: Viele kommen nach Deutschland für ein besseres Leben

"Wir haben uns ja sehr klar bekannt zur Aufnahme der Menschen, die vor Krieg und Zerstörung in der Ukraine fliehen." Das seien mehr als eine Million Menschen innerhalb eines Jahres. Auch sei sie nach wie vor der Meinung, dass Deutschland als reiches Land mit einer historischen Verantwortung Menschen, die politisch verfolgt werden, aufnehmen soll. Aber es würden auch sehr viele nach Europa und besonders gerne nach Deutschland kommen, weil sie ein besseres Leben für sich und ihre Familie wollen. "Und da müssen wir zu einer Reduzierung der Zahlen kommen", sagte sie.

Karin Prien © picture alliance / photothek Foto: Ute Grabowsky
AUDIO: CDU-Vize Prien: Konzepte zur Zuwanderung überarbeiten (1 Min)

Prien: Lieber Schutz an Außengrenzen als Maßnahmen an Binnengrenzen

Karin Prien verwies auf die Vorschläge der Europäischen Kommission, die umgesetzt werden müssten. "Da muss jetzt Tempo gemacht werden." Es gehe auch um gesellschaftliche Akzeptanz von Asylbewerbern und Flüchtlingen und die könne nur gesichert werden, wenn wirksame Möglichkeiten zur Begrenzung gefunden werden. Ihr sei jeder Schutz an der Außengrenze lieber als weitere Maßnahmen an den Binnengrenzen. Gleichzeitig geht es aber auch darum, Fachkräfte ins Land zu holen und sich in diesem Bereich zu öffnen. "Das ist der Spagat, den wir in Deutschland schaffen müssen."

Zuwanderung sei ein Thema, das sehr viele Menschen in Deutschland beschäftige. Prien rät allen demokratischen Parteien, ihre Konzepte zum Thema Zuwanderung zu überprüfen. "Aber nicht, um den AfD-Wählern zu gefallen, sondern, weil wir Lösungen brauchen."

Auch Gabriel hatte Wende in der Migrationspolitik gefordert

In der vergangenen Woche hatte auch der frühere SPD-Chef Sigmar Gabriel betont, weder könne man unbegrenzt viele Menschen aufnehmen noch existiere irgendwo auf der Welt ein Recht auf unkontrollierte Einwanderung. Er rief die demokratischen Parteien dazu auf, sich gemeinsam für eine Wende in der Migrationspolitik einzusetzen.

Midyatli: "Gehen bei Einschränkung des Asylrechts nicht mit"

Die SPD-Landesvorsitzende Serpil Midyatli kritisiert die Aussagen von Prien. "Frau Prien will das Asylrecht einschränken, da gehen wir nicht mit, da halten wir dagegen!", sagte Midyatli. Die meisten Geflüchteten kämen weiterhin aus Syrien und Afghanistan und würden demnach vor Krieg und Verfolgung fliehen. "Diesen Menschen müssen wir natürlich weiterhin aus ihrer Not helfen und sie bei uns aufnehmen. Das gebietet die Menschlichkeit und das Grundrecht auf Asyl." Die Forderung nach stärkerem Schutz an den EU-Außengrenzen bezeichnete Midyatli als unwürdig und populistisch.

Prien solle lieber ihren Job als Bildungsministerin machen, "als ständig immer an dem individuellen Recht auf Asyl zu sägen", so die Chefin der Landes-SPD. Schließlich brauche es auch für den Zuzug von Fachkräften aus dem Ausland Schul- und Kitaplätze. Außerdem würde eine vernünftige Fachkräfteeinwanderung dafür sorgen, dass kommunale Einrichtungen wie Kitas und Pflegeeinrichtungen mehr Personal bekämen.

Grüne befürchten Menschenrechtsverstöße an Außengrenzen

Auch der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag, Lasse Petersdotter, hält die Aussagen von Prien für wenig zielführend und sprach von Scheindebatten. Die Maßnahmen der EU-Kommission würden die Kommunen nicht entlasten. Stattdessen müssten die finanziellen Möglichkeiten verbessert werden, um etwa Wohnraum zu schaffen und Schulen besser auszustatten.

Petersdotter warnte vor einer Abschottung an den Außengrenzen, er befürchtet illegale Zurückweisungen und Chaos. "Wir brauchen eine organisierte, gut strukturierte Migrationspolitik", sagte der Grünen-Fraktionschef. Dazu gehöre ein fairer Verteilungsmechanismus in Europa, zudem müssten Menschen an den EU-Außengrenzen registriert werden. Dem Argument, dass zu viele Menschen aus wirtschaftlichen Gründen nach Deutschland kommen würden, widersprach er. Menschen hätten gute Gründe, warum sie fliehen. Gleichzeitig sagte er: "Wir wären in einer anderen Situation, wenn es mehr legale Wege der Arbeitsmigration gäbe." Es sei gut, dass die Bundesregierung das nun ändere.

Mehr Geflüchtete in Schleswig-Holstein

In einer Unterbringung für Geflüchtete stehen drei Betten. © NDR
Die Zahl der Geflüchteten hat in SH zuletzt zugenommen. Vielen Kommunen fehlt Wohnraum für die Menschen.

In Schleswig-Holstein hatten zuletzt immer mehr Kommunen geklagt, dass sie bei der Unterbringung und Betreuung von Geflüchteten an ihre Grenzen kommen. Das bestätigte auch der Schleswig-Holsteinische Gemeindetag. Schleswig-Holstein hat in diesem Jahr bisher knapp 4.900 neue Geflüchtete ohne Ukraine-Bezug erfasst. Das seien mehr als doppelt so viele wie im gleichen Zeitraum des Vorjahres, teilte das Landesamt für Zuwanderung und Flüchtlinge mit. Besonders prekär ist die Lage im Kreis Pinneberg. Hier hat sich die Zahl der Menschen mit ausländischem Pass seit 2012 den Angaben zufolge nahezu verdoppelt.

Kommunen stoßen an Grenzen

Die Probleme der Kommunen sind vielfältig: Neben Möglichkeiten zur Unterbringung fehlt es laut Gemeindetag vielerorts an Kita-Plätzen und Teilnahmemöglichkeiten an Integrations- und Deutschkursen. Aber auch zu wenig Personal in den Kommunalverwaltungen bringt die Städte und Gemeinden an ihre Kapazitätsgrenzen.

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Berlin: Stephan Weil (l-r, SPD), Ministerpräsident von Niedersachsen und amtierender Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK), Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Hendrik Wüst (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, äußern sich bei einer Pressekonferenz nach dem Bund-Länder-Gipfel im Bundeskanzleramt. Hauptthemen des Treffens der Bundesregierung mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder waren Energie, Sicherheit und Digitalisierung. © dpa bildfunk Foto: Bernd von Jutrczenka

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 22.08.2023 | 15:00 Uhr

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