Nordfriesland: Ladelund trotzt der Baukrise
Das nordfriesische Ladelund erlebt - gegen den allgemeinen Trend - einen Bauboom. 41 Grundstücke stehen im neuen Baugebiet zur Verfügung. Schon nach wenigen Wochen gab es gut 70 Bewerber. Was macht die Gemeinde anders?
Ladelunds Bürgermeister Lutz Martensen zeigt einem jungen Paar das neue Baugebiet. Julia Ivanovna-Kilip und ihr Mann Wladimir haben sich für eines der 41 Baugrundstücke im Neubaugebiet "Auf den Toften" beworben. Noch wohnen die beiden in einer Mietwohnung in Ladelund, in den kommenden Monaten wollen sie hier im Dorf ihren Traum vom Eigenheim verwirklichen.
Ihre Nachbarn könnten dort Margit und Frank Neese werden, die aus dem Münsterland nach Schleswig-Holstein ziehen wollen. Auch sie haben sich um eines der begehrten Grundstücke beworben. "Wir haben uns viele Gemeinden in Schleswig-Holstein angeguckt - Ladelund hat uns einfach am besten gefallen", sagt Margit Neese. Auch der Quadratmeterpreis für das Baugrundstück von 80 bis 90 Euro sei in der nordfriesischen Gemeinde vergleichsweise günstig, freut sich die Frau aus dem Münsterland, die vielleicht bald Neu-Ladelunderin wird.
Krise in der Bauwirtschaft in SH
Überall wird beklagt, dass der Bauwirtschaft seit dem Anstieg der Kreditzinsen vor zwei Jahren die Aufträge wegbrechen. Dazu kommen die Inflation und die Wirtschaftskrise - Ladelund boomt trotzdem. Der Hauptgeschäftsführer der baugewerblichen Verbände Schleswig-Holsteins, Georg Schareck, blickt unterdessen voller Sorge auf die landesweiten Zahlen. Um 20 Prozent sei der Wohnungsbau in Schleswig-Holstein im vergangenen Jahr zurückgegangen. Ladelund sei ein gutes Beispiel, dass es auch anders gehe, so Schareck, der von der Politik bessere Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau im Land fordert.
Dorfgemeinschaft ist der Schlüssel
Der 53-jährige Lutz Martensen ist seit sechs Jahren ehrenamtlicher Bürgermeister in dem nordfriesischen Dorf, das eine gute halbe Stunde Fahrtzeit von Flensburg entfernt liegt. Idyllisch, unweit der dänischen Grenze. 1.500 Menschen leben hier. "Damals, als ich als Bürgermeister anfing, waren es etwas mehr als 1.200", freut sich Martensen, der die Ursache für den Boom nicht bei sich selbst sieht, "sondern an der fantastischen Gemeinschaft". Dank des Bürgerwindparks - 300 Ladelunder sind daran beteiligt - fließt auch einiges an Gewerbesteuer in die Gemeinde. Aber es ist für ihn nicht das Geld, das den Unterschied macht. "Hier packen einfach alle mit an", so Martensen, der hauptberuflich als Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft in Husum arbeitet.
Sehr gute Infrastruktur in der Region
Viele Dorfbewohner engagieren sich ehrenamtlich. Da ist zum Beispiel der Bürgerbus Ladelund e.V. - seit zehn Jahren bringen sich hier viele Einwohner ehrenamtlich ein. 33 Fahrerinnen und Fahrer sorgen dafür, dass die vier kleinen Busse regelmäßig rollen. Im Einstundentakt geht es tagsüber nach Leck. Bei Bedarf auch in die umliegenden Dörfer. Finanziert wird der "Fahrservice" auch durch Werbung auf den Bussen.
Dazu kommen weitere Vereine und Insitutionen: Der Sportverein, das Kirchspiel Archiv und auch die überregional bekannte KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte, die die Erinnerung an dunkle Jahre in Deutschland wachhält. In Ladelund gibt es einen Supermarkt, einen Schlachter, einen Bäcker, einen Landgasthof, eine Fahrschule, eine Tankstelle und mehrere Ladesäulen für Elektroautos. "Auch für Jugendliche ist unsere Gemeinde attraktiv", unterstreicht Bürgermeister Martensen, der den Bike Park und das Naturschwimmbad als weitere Standortvorteile aufzählt.
Windkraft und Wirtschaft
Der Bürgerwindpark bringt Geld in die früher klamme Gemeindekasse. Aber auch ohne die Windkraft brummt die Wirtschaft in dem Grenzdorf. Zimmerer, Maler und andere Handwerksbetriebe haben sich in Ladelund angesiedelt. Insgesamt sind 240 Unternehmen dort gemeldet. Demnächst sollen zwei weitere Gewerbegebiete ausgewiesen werden.
"Wir haben schnelles Internet und vor allem auch noch eine moderne Grundschule und einen Kindergarten. Beide mit Ganztagsangeboten", so Bürgermeister Martensen. In der Planung ist außerdem ein Feriendorf am Naturschwimmbad und ein Wohnmobilstellplatz. "Wir wollen weiter wachsen, aber auch ein Dorf bleiben. Die Gemeinschaft und das Miteinander sind uns dabei wichtiger als alles andere" so Martensen.