Neumünster soll erste muslimische Kita Schleswig-Holsteins bekommen

Stand: 17.07.2024 09:05 Uhr

60 Kinder sollen dort bald betreut werden, 13 Vollzeitstellen geschaffen werden: in der ersten muslimischen Kita des Landes in Neumünster. Die Ratsversammlung hat dafür grünes Licht gegeben. Nun muss das Landesjugendamt entscheiden.

von Christian Lang

Murat Kayabasi, Vorstand des Moschee-Vereins Neumünster. © NDR Foto: Christian Lang
Die Kinder sollen ermuntert werden, sich auszuprobieren, Stärken zu erkennen und sich geliebt fühlen: "Wie in jeder anderen Kita in Deutschland auch", sagt Murat Kayabasi, Vorstand des Moscheevereins Neumünster.

In Neumünster soll die erste muslimische Kindertagesstätte Schleswig-Holsteins entstehen. Das hat die Ratsversammlung der Stadt am Dienstagabend entschieden - mit 44 Ja-Stimmen, 6 Nein-Stimmen und 1 Enthaltung. Insgesamt 60 Plätze soll die neue Kita unter der Trägerschaft des Bildungs- und Kulturzentrums in Neumünster schaffen. Die endgültige Entscheidung über das Projekt trifft das Landesjugendamt. Der Moscheeverein hofft, noch in diesem Herbst mit den Bauarbeiten auf der 2.500 Quadratmeter großen Fläche in der Innenstadt starten zu können. Die Eröffnung ist für das kommende Jahr geplant. Gesprochen werden soll Deutsch.

Fachdienst überprüft Regeln

Babett Schwede-Oldehus (CDU), die Vorsitzende des Sozial- und Gesundheitsausschusses, hatte vor der Abstimmung betont: "Neben christlichen Trägern wird es nun auch einen muslimischen Träger einer Kita geben. Ich empfinde das als kulturelle Bereicherung." Der Fachdienst werde auch bei dieser Kita überprüfen, ob die Regeln für den Betrieb eingehalten werden. "Der Moscheeverein bekennt sich klar und eindeutig zu der freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland", sagte Schwede-Oldehus. "Hier predigen keine aus irgendeinem Land geschickten Imame, sondern integrierte Neumünsteraner", betonte auch Frank Matthiesen, der Vorsitzende der SPD-Ratsfraktion Neumünster.

Widerstand von NPD-Nachfolgerpartei

Die Partei "Heimat Neumünster" (vormals NPD) ist gegen das Projekt. Eine Kita eines Moscheevereins würde "ganz sicher nicht zu einer besseren Integration von Ausländern" beitragen, so die Partei. Im Vicelinenviertel, in dem die Kita geplant ist, liegt der Anteil von Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit bei 16,7 Prozent.

Moschee-Verein ist Träger der freien Jugendhilfe

Vier Männer knien in einer Moschee in Neumünster zum Gebet. © NDR Foto: Christian Lang
Mitglieder der Moscheevereins beim Gebet vor der Ratsversammlung.

Der Neumünsteraner Moscheeverein bekam 2016 seine Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe. Der Trägerverein der Neumünsteraner Moschee, der Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) aus Köln, erwarb schließlich die Brache, die an die Moschee in der Christianstraße angrenzt. Als die Stadt eine Ausschreibung zum Betrieb einer Kita in der Innenstadt veröffentlichte, reifte die Idee, hierfür das benachbarte Grundstück zu nutzen. Der Verein stimmte sich mit den Behörden und der Verwaltung der Stadt ab und entwarf Pläne.

13 Vollzeitstellen sollen entstehen

So wurde ein Konzept zur Betreuung von 60 Kindern entworfen, 20 im Krippenbereich und 40 für Kinder ab drei Jahren. Insgesamt sollen 13 Vollzeitstellen geschaffen werden. Geplante Öffnungszeiten: Von 7.30 bis 16.30 Uhr. Der allseits beklagte Fachkräftemangel in Kitas scheint für den Moscheeverein kein Thema zu sein. Man habe seit Jahren schon junge Leute gezielt auf eine Ausbildung im pädagogischen Bereich vorbereitet, sagt Murat Kayabasi, Vorsitzender der Merkezefendi-Moschee in der Christianstraße.

Der Dachverband VIKZ plant seinen Angaben zufolge weitere muslimische Kitas. In Berlin und Dortmund gibt es die bereits. Auf finanzieller Seite sieht der Plan so aus: Der geschätzt etwa 2,8 Millionen teure, zweigeschossige Neubau soll durch den Dachverband VIKZ bezahlt werden, die Stadt die Ausstattung mit knapp 250.000 Euro bezuschussen und anschließend die Mietkosten in Höhe von jährlich 180.000 Euro übernehmen.

Sandkastensprache Deutsch

Die Vergabe der neu entstehenden Kitaplätze erfolgt nicht über den Moscheeverein, sondern über das Kita-Portal des Landes. Eine Religionszugehörigkeit zum Islam wird keine Voraussetzung sein. Das ist im Sinne des Moscheevereins. Andernfalls gäbe es auch keine Betriebserlaubnis, stellt die Stadt klar. Die Sandkastensprache in der Kita soll Deutsch sein. Getröstet werden die Kinder dann in der jeweiligen Muttersprache, sollten die Erzieher diese beherrschen.

Kita-Konzept liest sich weltoffen, liberal und tolerant

Die pädagogischen Konzepte der Kita sehen die Weitergabe von ethischem Verhalten, das Kennenlernen unterschiedlicher Religionen und die Förderung der deutschen Sprache vor. Das Kita-Konzept liest sich weltoffen, liberal und tolerant. Die Kinder sollen ermuntert werden, sich auszuprobieren, Stärken zu erkennen und sich geliebt fühlen: "Wie in jeder anderen Kita in Deutschland auch", sagt Murat Kayabasi.

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 17.07.2024 | 19:30 Uhr

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