Kitas in SH: Opposition fordert mehr Geld vom Land, Touré blockt ab

Stand: 21.02.2024 18:31 Uhr

Wie geht es den Kitas in SH? Eine Studie im Auftrag der Landesregierung zeigt: Seit der Reform 2021 hat sich einiges verbessert, Probleme gibt es aber auch. Der Bericht war am Mittwoch auch Grundlage einer Debatte im schleswig-holsteinischen Landtag. Sozialministerin Touré schloss dabei eine Erhöhung der Elternbeiträge nicht aus.

von Friederike Hoppe

Die Haushaltslage ist eng - da waren sich im Landtag alle einig. Deswegen kritisierte Sozialministerin Aminata Touré (Grüne) die Forderungen der Opposition, die Elternbeiträge weiter zu senken oder gar abzuschaffen, als unseriös. Man müsse in den kommenden Wochen eine Lösung finden. Klar ist: In dem rund 500 Seiten langen Bericht zur Auswertung des Kita-Reform-Gesetzes wird deutlich - es fehlt Geld.

Die Finanzierungslücke beziffert sich nach Angaben von Touré auf 80 bis 130 Millionen Euro pro Jahr. "Ein Großteil der Kitas hat den gesetzlich vorgegebenen Betreuungsschlüssel häufig unterschritten oder noch nicht erreicht", sagte Touré. Gemeinsam mit Verbänden, Trägern und Kommunen will die Grünen-Politikerin einen Kompromiss finden, um die Finanzierungslücke bei den Kita-Kosten zu schließen.

FDP: "Lichtjahre von Beitragsfreiheit entfernt"

Ein Mann steht am Rednerpult im Landtag in Kiel. © NDR Foto: NDR
Der frühere Sozialminister Heiner Garg (FDP) appellierte am Mittwoch, die Qualität in den Kitas zu erhöhen.

Die Opposition forderte bei der Debatte im Landtag mehr Geld für die Kitas und Maßnahmen, um die Eltern weiter zu entlasten. Im vergangenen Jahr gab es sechs Petitionen im Land, die Kita-Gebühren abzuschaffen.

Der frühere Sozialminister Heiner Garg (FDP), in dessen Amtszeit die jüngste Reform fiel, appellierte, die Qualität in den Kitas zu erhöhen. Stabile Beiträge seien ein Schwerpunkt der damaligen Kitareform gewesen.

"Kern der Kitareform war das klare Versprechen an die Eltern, dass ihre Beiträge statisch sind." Heiner Garg, FDP

Seiner Ansicht nach hat sich Sozialministerin Touré "Lichtjahre vom perspektivischen Versprechen der Beitragsfreiheit entfernt."

SPD und SSW wollen, dass Eltern entlastet werden

SPD-Fraktionschefin Serpil Midyatli forderte die Regierung auf, Prioritäten für die Familie zu setzen und die Finanzierungslücke zu schließen. Sie kritisierte, dass Touré keine klaren Punkte benannt habe. Die Ministerin sei "weder eine stille Beobachterin, noch eine Moderatorin dieses Systems. Es war von Anfang an zugesagt worden, die Qualität weiter zu verbessern", so Midyatli.

Sophia Schiebe, kitapolitische Sprecherin der SPD, bezeichnete die Situation für Eltern "frustrierend" und "zermürbend". Damit entstehe auch für die Kinder keine Kontinuität, so Schiebe. "Bereits jetzt melden sich vermehrt Kitas beispielsweise bei den Trägern der Landes-Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände, die vor der Frage stehen, ob sie ihre Einrichtung noch länger aufrechterhalten können oder in absehbarer Zeit schließen müssen", so Schiebe.

"Wer jetzt an der Betreuung unserer Kinder spart, spart an der falschen Stelle." Sophia Schiebe, SPD

Auch der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) fordert eine Entlastung der Eltern. Der SSW-Abgeordnete Christian Dirschauer verwies auf einen Vorschlag zur Reform der Schuldenbremse für eine Initiative des Bundesrates. Damit stünden rund 180 Millionen Euro jährlich zusätzlich zur Verfügung.

Touré will "faire Lastenverteilung"

Eine Frau steht am Rednerpult im Landtag in Kiel. © NDR Foto: NDR
Sozialministerin Aminata Touré (Grüne) berichtete zunächst von guten Nachrichten.

Touré kritisierte die Forderungen der Opposition als "unseriös". "Die SPD sagt allen Ernstes, es kostet, was es kostet. Das ist kein Vorschlag der Finanzierung der politischen "Wünsch-dir-was-Ideen". Man kann das machen, wenn man nicht die Verantwortung trägt, diese Frage zu beantworten. Und diese Verantwortung tragen wir als Koalition. Und deshalb werden wir sie auch in aller Ernsthaftigkeit beantworten", so Touré. Die Ministerin will eine "faire Lastenverteilung" zwischen Land, Kommunen und den Eltern. Im Jahr 2023 seien etwa 1,5 Milliarden Euro für die Kitabetreuung ausgegeben worden, davon übernahm das Land 43 Prozent, 37 Prozent entfielen auf die Kommunen und 20 Prozent auf die Eltern.

Und: Seit der Reform 2021 habe sich auch einiges verbessert, berichtet Touré. Es gibt mehr Personal, außerdem haben sich die Betreuungszeiten verlängert.

Im September soll sich der Landtag mit dem Entwurf einer neuen Kitareform beschäftigen. Diese soll zu Beginn des kommenden Jahres in Kraft treten.

Mehrere Menschen stehen vor einem Gebäude und demonstrieren mit Plakaten. © NDR Foto: Friederike Hoppe
Ein Bündnis aus AWO, Kinderschutzbund, DGB Nord, Paritätischer und SoVD am Mittwoch vor dem Landeshaus: "Es darf kein Kind mehr zurückgelassen werden."
Aktion gegen Kinderarmut vor dem Landtag

Währenddessen fanden sich am Mittwochvormittag Vertreter mehrerer Verbände vor dem Landeshaus ein, um von der Landesregierung Maßnahmen gegen Kinderarmut zu fordern. Es dürfe kein Kind mehr zurückgelassen werden, hieß es in einem Appell. In einem reichen Land wie Deutschland müsse man alles tun, um das Abrutschen in Armut zu verhindern. In Kiel, Lübeck und Neumünster sei jedes vierte Kind von Armut betroffen. Das Bündnis aus AWO, Kinderschutzbund, DGB, Paritätischem und Sozialverband forderte mehr Teilhabe für Kinder und eine kostenfreie Bildung von der Kita bis zur Hochschule.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 21.02.2024 | 17:00 Uhr

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