Kitas in SH in Not - Ministerin Touré plant große Reform
Viele Eltern sind in Sorge: Personalbedingt müssen häufig Kitas schließen. Das zeigt zum Beispiel eine aktuelle Umfrage aus Lübeck. Die Landesregierung hat eine große Kita-Reform angekündigt.
Eine aktuelle Umfrage der Stadtelternvertretung unter fast 130 Eltern aus rund 70 Lübecker Kitas zeigt: Bei mehr als der Hälfte der Einrichtungen kommt es häufig zu kurzfristigen personalbedingten Schließungen. Mascha Benecke-Benbouabdellah ist Co-Vorsitzende der Stadtelternvertretung und berichtet von einigen drastischen Beispielen: "So hat uns eine Kita beziehungsweise die Elternvertretung dieser Kita zurückgemeldet, dass seit Ende November an 50 Tagen Betreuung hätte stattfinden müssen bis Ende Januar. Und es hat von diesen 50 Tagen an 24 Tagen entweder Schließungen oder eine massive Einschränkung der Betreuung gegeben." Eine Gruppe sei geschlossen worden und nur ausgewählte Kinder hätten betreut werden können. "Und ich glaube, das zeigt ganz gut auf, wie schlimm die Situation tatsächlich für uns alle inzwischen ist."
Stress für Kinder, Eltern, Erzieher und Erzieherinnen
Diese Situation sei nicht nur schlecht für Eltern und Kinder, sondern auch belastend für Erzieherinnen und Erzieher. Sie würden immer am Limit arbeiten, "immer mit zu wenig Personal, immer kurz vor Schließung und einfach auf einem Stressniveau, das niemand in seinem Beruf haben will und schon gar nicht, wenn man mit so etwas Wertvollem arbeiten will wie mit Kindern", sagte Mascha Benecke-Benbouabdellah.
Stadtelternvertretung Lübeck: Eltern müssen entschädigt werden
Mascha Benecke-Benbouabdellah von der Stadtelternvertretung in Lübeck sieht derzeit eigentlich keine andere Lösung mehr, als dass Eltern verbindlich entschädigt werden müssen. Es gehe um Entschädigungsregelungen, die "Betreuungskosten, Essensgeld und im Zweifel den Verdienstausfall decken, den wir Familien erleiden, weil die Betreuung unserer Kinder nicht mehr sichergestellt ist."
Touré: Entschädigung für Eltern hilft am Ende nicht
Sozialministerin Aminata Touré (Grüne) ist sich der schwierigen Situation bewusst. "Die Betreuungsquote ist zwar besser geworden, aber wir sind noch lange nicht an dem Punkt einer hundertprozentigen Verlässlichkeit." Touré verwies auf Kommunen, bei denen Eltern bei Ausfall der Kinderbetreuung automatisch einen Teil des Geldes zurückerhalten - wie beispielsweise in Flensburg. "Zwar bekomme ich als Elternteil dann Geld zurück, aber mein Kind ist ja trotzdem zu Hause", sagte Touré. Am Ende sei Eltern damit nicht geholfen, weil sie im Falle eines Kita-Ausfalls trotzdem nicht arbeiten gehen könnten.
Tourés neuer Plan: Erste Details Mitte Februar
Touré will das System in ihrem Ministerium überarbeiten. Erste Details der Pläne plant die Grünen-Politikerin Mitte Februar vorzustellen. Zum einen geht es um die Finanzierung. "Wir haben gesetzlich festgehalten, dass die Kitamittel bis Ende 2025 dynamisch anwachsen von aktuell knapp 700 auf etwa 731 Millionen Euro im kommenden Jahr", sagte Touré. "Zum Vergleich: 2011 waren wir bei 70 Millionen Euro."
Bürokratie in Kitas abbauen
Touré will zudem die Kita-Standards anpassen. "Wenn wir theoretische Qualitätsstandards haben, die aber in der Realität zu Schließungen oder einem eingeschränkten Kita-Betrieb führen, ist niemandem geholfen", sagte die Ministerin. Sie wolle Vorgaben nicht streichen, sondern mehr Flexibilität ermöglichen und Bürokratie abbauen.
Und schließlich geht es um die Kita-Beiträge der Eltern. Vor allem Familien mit geringem Einkommen und Familien mit mehreren Kindern sollen Verbesserungen spüren. Touré betonte: "Ich teile das politische Ziel der Beitragsfreiheit grundsätzlich." Von den 16 Milliarden Euro des Landeshaushalts fielen aber nur 2,3 Milliarden Euro in ihren Bereich. "Aber jetzt geht es darum, mit den zur Verfügung stehenden Mitteln ein vernünftiges System zu entwickeln." Im Herbst soll die Reform stehen, bis Ende des Jahres dann vom Parlament verabschiedet werden.
Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels war im letzten Absatz von 2,3 Millionen Euro die Rede. Dies war ein Fehler. Von den 16 Milliarden Euro des Landeshaushalts fallen 2,3 Milliarden Euro in den Bereich des Sozialministeriums.