Haushaltsdebatte im Landtag: Warum sie so wichtig ist

Stand: 24.01.2024 13:19 Uhr

Der Schleswig-Holsteinische Landtag hat am Mittwoch über den Haushalt 2024 beraten. Es geht um einen Etat von 16,9 Milliarden Euro und welche Politik im laufenden Jahr umgesetzt werden kann. Antworten auf die wichtigsten Fragen.

von Fabian Boerger

Welcher Bereich bekommt wie viel Geld, welche Schwerpunkte setzt das Land? Darum ging es am Mittwoch bei den Haushaltsberatungen im Landtag. Es ist ein brisantes Thema, denn nur mit der entsprechenden finanziellen Ausstattung kann die Landesregierung das umsetzen, was sie sich vornimmt und was sie verspricht.

Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hat die Beratungen eröffnet und den Etatentwurf für das laufende Jahr offiziell in den Landtag eingebracht. Danach wurde im Plenum beraten. Bereits Mitte Dezember stellte er den Entwurf für den Etat gemeinsam mit Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) vor. Bei der Vorstellung sagte sie, dass es der schwierigste Haushalt sei, den sie bisher auf den Weg gebracht habe.

Das sind die wichtigsten Zahlen des Haushaltsentwurfs 2024 im Überblick:

  • Geplante Ausgaben: 16,9 Mrd. Euro (196 Mio. Euro mehr als 2023) 

  • Erwartete Einnahmen: 16 Mrd. Euro (256 Mio. Euro mehr als 2023)

  • Finanzierungslücke von 900 Mio. Euro

  • Notkredite, Rücklagen und Einsparungen sollen Lücke füllen

  • Verschuldung des Landes insgesamt: 32 Mrd. Euro

 

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Was ist der Haushalt?

Der Landeshaushalt umfasst alle Einnahmen und Ausgaben des Landes. Jedes Jahr aufs Neue muss Schleswig-Holstein diesen planen und festlegen. In ihm wird geregelt, wofür die Landesregierung das Geld, das aus Steuern, Zuwendungen von EU und Bund oder anderen Abgaben zur Verfügung steht, am Ende ausgeben wird. Damit stellt es auch eine Art Blaupause für die politischen Ziele und Aufgaben dar.

Der Landeshaushalt besteht grundsätzlich aus dem Haushaltsplan und dem Haushaltsgesetz. Der Haushaltsplan ist dabei quasi das Haushaltsbuch - in sehr groß. Und nur mit dem Haushaltsgesetz, kann die Landesregierung das Geld ausgeben. 1,9 Milliarden Euro plant Schleswig-Holstein 2024 an Investitionen. Das entspricht einer Investitionsquote von 11,4 Prozent - einen Prozentpunkt mehr als im Vorjahr.

Allerdings sind es nicht allein politische Ziele, die mit dem Landeshaushalt finanziert werden müssen. Ein Löwenanteil der Gelder fließt in Kitas, Schulen, Hochschulen. Auch Bereiche wie Polizei, Feuerwehr, Justiz oder Verwaltung werden über den Haushalt bezahlt. Allein für Personal gibt das Land in diesem Jahr knapp 5,5 Milliarden Euro aus.

Vor allem personell sind einige Änderungen im Entwurf 2024 vorgesehen:

  • 419 neue Lehrerstellen

  • Erhöhung der Planstellen um 545 auf 54.439

  • 33 weitere Stellen für zweite Einsatzhundertschaft (per Nachschiebeliste)

Zudem werden im Bereich der Kindertagesstätten die Mittel auf 697 Millionen Euro erhöht.

Wie soll die Lücke im Haushalt geschlossen werden?

Im Haushalt 2024 reichen die Einnahmen allerdings nicht aus, um alle Ausgaben decken zu können. Das hängt unter anderem mit Kostensteigerungen, der Zinsentwicklung, gestiegenen Personalausgaben und einer schwächeren wirtschaftlichen Entwicklung im Land zusammen. Rund 900 Millionen Euro beträgt das Loch, das im Haushalt klafft. Deshalb schlägt die Regierung im Entwurf vor, Rücklagen in Höhe von 112 Millionen Euro sowie 130 Millionen Euro an konjunkturell bedingten Schulden zu nutzen. Zugleich müssen die Ministerien zusammen rund 100 Millionen Euro sparen.

Konkrete Sparmaßnahmen, die die Regierung vorschlägt, sind:

  • Soziales: Hort-Gruppen von 20 auf 25 erhöhen (Einsparung: 6 Millionen Euro pro Jahr)

  • Verkehr: Weniger Investitionen in Straßen und Radwege (12 Millionen Euro pro Jahr)

  • Weitere Kürzungen beim Flächenmanagement, Städtebau- und Wirtschaftsförderung

Außerdem sieht der Haushaltsentwurf vor, Notkredite in Höhe von 650 Millionen Euro aufzunehmen. 137 Millionen Euro sind davon für die Ansiedlung von Northvolt geplant.

Was ist die Schwierigkeit bei Notkrediten?

Die Aufnahme von Notkrediten ist eine Möglichkeit, wie Länder ihre Ausgaben finanzieren können. Allerdings wird sie durch die Schuldenbremse, die in der Bundesverfassung verankert ist, stark eingeschränkt. Nur in Ausnahmefällen, in denen unvorhersehbare Ereignisse den Haushalt unverhältnismäßig überfordern, können sie aufgenommen werden. Dafür muss vom Landtag eine Notlage festgestellt werden, in der die Ausnahmesituation begründet wird. Bereits im November hatte der Landtag diese beschlossen und so ermöglicht, dass Mittel aus dem Corona- und Ukraine-Notkredit genutzt werden können.

 

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Was sagen die Parteien zum Haushaltsentwurf?

In der Sitzung am Mittwoch hat das Parlament - also die Landtagsabgeordneten - in erster Lesung über den Etatentwurf beraten. Daniel Günther stellte diesen - in Vertretung für Finanzministerin Heinold - vor.

"Dieser Haushalt unterstützt unser Land bei der Krisenbewältigung. Er stärkt unsere Zukunftsfähigkeit. Wir bauen auf das Entwicklungspotenzial unseres Landes. Wir sichern und verbessern das Leben von Menschen und Natur. Wir übernehmen mit diesem Haushaltsentwurf Verantwortung für Schleswig-Holstein und die Bürger dieses Landes." Daniel Günther (CDU), Ministerpräsident

Im Anschluss diskutierten die Abgeordneten im Plenum. Das sagten Vertreterinnen und Vertreter der Landtagsfraktionen:

SPD: "Haushalt löst keine Probleme"

"Jedes dieser Probleme (Anm. der Red.: fehlende Kita-Plätze, stockender Wohnungsbau, schlechtes Pisa-Ergebnis, verfehlte Klimaziele) für sich genommen wäre schon schwerwiegend. Und Ihr Haushalt löst kein einziges dieser Probleme. Ein Haushalt verkörpert in Zahlen gegossenen politischen Willen. Ich stelle deshalb fest: Sie haben nicht den Willen, die drängenden Probleme im Land ernsthaft zu lösen."  Serpil Midyatli, SPD-Fraktionsvorsitzende

CDU: "Gelungener und austarierter Entwurf"

"Es ist ein sehr gelungener und sorgsam austarierter Entwurf, der mit Sparmaßnahmen in dreistelliger Millionenhöhe auf die schwierige Lage reagiert und gleichzeitig unbillige Härten vermeidet. Dazu trägt bei, dass die Bildung von Rücklagen beim Sondervermögen Impuls und beim Versorgungsfonds ausgesetzt werden. Das würde jeder Privathaushalt genauso machen."  Tobias Koch, CDU-Fraktionsvorsitzender

Grüne: "Unverhältnismäßige Hürden vermeiden"

"Die Koalition versucht, unverhältnismäßige Härten zu vermeiden und es zeigt den Stellenwert von Bildung und Soziales in Schwarz-Grün. Das bedeutet aber auch, dass andere Ministerien dies ausgleichen müssen. Das ist nur schwer zu leisten." Lasse Petersdotter, Grünen-Fraktionsvorsitzender

SSW: "Ein Haushalt zum 'Luft holen'"

"Es lässt sich insgesamt feststellen, dass dieser Haushalt 2024 noch mal ein Haushalt 'zum Luft holen' wird, sprich: Ja, die Lage ist ernst, aber mit einigen Kniffen sind allzu dramatische Kahlschläge ja vorerst noch mal abgewendet worden." Lars Harms, SSW-Fraktionsvorsitzender

FDP: "Es fehlt Schwerpunktsetzung"

"Es fehlt die notwendige Schwerpunktsetzung. Wichtige Kernaufgaben und Zukunftsthemen werden leider vernachlässigt, während für Dinge Geld da ist, die sicherlich nicht so notwendig sind. Mein Eindruck ist, dass der Ministerpräsident über die gesamte Wahlperiode mit Notkrediten arbeiten will, weil er weiß, dass seine Koalition die notwendige Haushaltskonsolidierung nicht aushalten würde." Christopher Vogt, FDP-Fraktionsvorsitzender

Wie wird der Haushalt beschlossen?

Mit der Haushaltsdebatte im Landtag ist der Startschuss für weitere Verhandlungen und Beratungen gefallen. Diese finden allerdings nicht im Plenum statt, sondern werden in den kommenden Wochen vor allem in den Fachausschüssen oder den Ausschüssen der Fraktionen geführt. Es ist zu erwarten, dass die Abgeordneten dabei um jeden Cent ringen werden. Schließlich sind es ihre politischen Projekte - zum Beispiel Wahlkreisversprechen - für die das Geld relevant ist.

Vor allem die Regierungsfraktionen können mit dem Haushalt die Grundzüge ihres Handelns bestimmen. Die Fraktionen der Opposition haben wiederum die Möglichkeit, über Änderungsanträge Kritik zu äußern und Alternativen aufzuzeigen. Änderungen, die sich aus den Verhandlungen ergeben, können mithilfe der Nachschiebeliste berücksichtigt werden.

Sie wird zu einem späteren Zeitpunkt im Finanzausschuss vorgestellt und beschlossen, um anschließend wieder in den Haushaltsentwurf übernommen zu werden. Im März geht der Entwurf in eine zweiten Lesung in den Landtag und wird von den Abgeordneten beschlossen.

Warum ist der Haushalt für das Parlament so wichtig?

Indem das Parlament den Haushalt beschließt, ist es das Parlament, dass der Regierung den Spielraum ihres Handelns vorgibt. Das ist es, was den Haushalt so wichtig macht. Es ist eine der Kernaufgaben des Parlaments, wird als das sogenannte "Königsrecht des Parlaments" bezeichnet, dessen Ursprung auf die Zeit absolutistischer Fürsten zurückgeht. Denn am Ende ist es das Geld der in Schleswig-Holstein lebenden Bürgerinnen und Bürger, über das mit dem Haushalt verfügt wird.

VIDEO: Haushalt 2024: Krisen und hohe Kosten sorgen für Mehrausgaben (3 Min)

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 24.01.2024 | 12:00 Uhr

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