Nach Migrationsgipfel in SH: Kommunen zufrieden mit Ergebnissen
Mehr Kapazitäten, neue Unterkünfte und Planungssicherheit: Die Kommunen sind optimistisch, dass die Ergebnisse des Migrationsgipfel für Entlastung sorgen. Der Opposition kommen die Vorschläge zu spät.
Das Land erhöht die Kapazitäten seiner Unterkünfte auf 10.000 Plätze. Das gab Integrationsministerin Aminata Touré (Grüne) am Montag nach einem Migrationsgipfel mit kommunalen Spitzenverbänden bekannt. Dazu wird eine Unterkunft in Kiel mit 800 Plätzen in Betrieb genommen. Zusätzlich sollen landesweit 1.400 weitere Plätze zur Verfügung stehen. Bei Bedarf würden weitere Plätze eingerichtet, versichert die Ministerin.
Verteilung von Geflüchteten wird pausiert
Zudem wird nun doch die Verteilung von Geflüchteten pausiert. Während es am Montagabend noch hieß, einen Stopp der Verteilung werde es nicht geben, ist nun die Rede von einer Verteilungspause über Weihnachten. Das sagte ein Sprecher des Sozialministeriums NDR Schleswig-Holstein. Demnach sollen vom 22. Dezember bis zum 2. Januar keine Flüchtlinge auf die Kommunen verteilt werden. Hintergrund dessen sei die Weihnachtszeit, in der die Ämter wegen Urlaub ohnehin personell schlecht aufgestellt seien. Von einer sogenannte "Atempause", wie sie die Kommunen im Vorfeld forderten, ist nicht die Rede.
Kommunen begrüßen Ergebnisse
Bei den Kommunen stoßen die Ergebnisse des Gipfels grundsätzlich auf Zustimmung. "Wir haben lange Zeit gefordert, dass das Land Unterkünfte schaffen soll", sagt Ulf Kämper (SPD), Kiels Oberbürgermeister, im Interview mit NDR Schleswig-Holstein. Man könne sich daher nicht beschweren, wenn das jetzt in Kiel passiere. 800 Plätze sollen in der alten Militärschule im Niemannsweg entstehen, in der bereits 2015/16 Geflüchtete untergekommen waren.
Menschen ohne Bleibeperspektive sollen in Neumünster unterkommen
740 weitere Plätze werden in Neumünster zur Verfügung gestellt. Das teilt der Oberbürgermeister der Stadt, Tobias Bergmann (SPD), am Dienstagnachmittag mit. Mit der Hindenburgkaserne werde es künftig zwei Standorte in der Stadt geben. Dort sollen ihm zufolge vorrangig Menschen ohne Bleibeperspektive untergebracht würden. Dazu zählen Menschen aus sicheren Herkunftsländern oder mit abgelehnten Asylanträgen.
"Dann müssen der Bund und die Europäische Union ran"
Bis zum Ende des Jahres würden die vereinbarten Maßnahmen eine gute Handlungs- und Planungsgrundlage geben, sagt Kiels Oberbürgermeister Kämpfer. Weiteren Puffer bekämen die Kommunen, indem die Vorlaufzeit zur Aufnahme von Geflüchteten wieder von drei auf vier Wochen verlängert werde. Kämpfer: "Danach müssen größere Dinge passieren, die können wir nicht in Schleswig Holstein regeln. Dann müssen der Bund und die Europäische Union ran."
Ein Schritt in die richtige Richtung
Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen Landesverbände, Jörg Bülow, spricht nach dem Spitzengespräch von einem Schritt in die Richtung. Allerdings mahnt er, dass der Druck vorerst bleibe: "Wir wissen, dass der Zuzug nach Schleswig-Holstein und die Verteilung auf die Kommunen weiterhin sehr hoch bleiben werde." Es sei daher abzuwarten, ob die vereinbarten Maßnahmen ausreichen werden. Ulf Kämpfer schließt sich dem an. Er fordert vorausschauendes Handeln vom Land. Wenn im Frühjahr nächsten Jahres die Zahlen wieder steigen, müssten die Kapazitäten stimmen.
Opposition: Maßnahmen kommen zu spät
Kritik kommt von der Opposition. Sehr spät und erst nach massivem Druck sei etwas passiert, sagt Serpil Midyatli, migrationspolitische Sprecherin der SPD. "Es ist wirklich bedenklich, dass die Ministerin zu diesem Zeitpunkt noch so eine große Runde braucht, um die Augen geöffnet zu bekommen." Bereits im letzten Jahr hätten die Kapazitäten erweitert werden müssen. Gleiches gelte für die angekündigte Integrationsstrategie, mit der Touré eine intensivere Zusammenarbeit mit den Kommunen bei den Themen Wohnen, Bildung, Kita, Arbeit und Gesundheit verspricht. Laut Midyatli sei unverständlich, warum Touré 16 Monate und einen "Warnschuss" der Kommunen brauche, um die Regierung ins Handeln zu bringen.
1.600 zusätzliche Bewohner in Landesunterkünften
Der SSW-Landtagsabgeordnete Lars Harms begrüßt zwar die Aufstockung der Erstaufnahmen. Er kritisiert allerdings, dass Geflüchtete ohne Bleibeperspektive weiter in den Landesunterkünften bleiben sollen. Ungeklärt sei, wie lange sie dort bleiben würden. Auf Nachfrage rechnet das Sozialministerium bis Ende des Jahres mit 1.600 zusätzlichen Bewohnern in den Landesunterkünften. Die geplanten Kapazitäten würden das hergeben, so ein Sprecher.
Kommunen sollen Planungssicherheit bekommen
Integrationsministerin Touré hatte am Montag die kommunale Spitzenverbände zum Gespräch ins Sozialministerium geladen. Neben der Ministerin nahmen gleich fünf weitere Ressortspitzen an dem Gipfel teil, um über Entlastungen zu diskutieren. Diese beklagen seit Längerem eine Überforderung durch die Zuweisung von Geflüchteten. Insgesamt nimmt Schleswig-Holstein knapp 100 Menschen pro Tag auf. Verteilt werden sie auf kommunale Unterkünfte oder auf eine der bald sieben Landesunterkünfte.