"Mentalitätsmonster" des THW Kiel holen in Köln den DHB-Pokal

Stand: 13.04.2025 20:51 Uhr

Der THW Kiel ist zum 13. Mal deutscher Handball-Pokalsieger. Die Schleswig-Holsteiner setzten sich am Sonntag im packenden Endspiel des Final Four in Köln mit 28:23 (10:9) gegen den Bundesliga-Rivalen MT Melsungen durch. Die Hessen müssen damit weiter auf den ersten Titel in der Vereinsgeschichte warten.

von Hanno Bode

Als der 13. Pokal-Triumph des THW bei der 50. Jubiläumsausgabe perfekt war, wurde Andreas Wolff von seinen jubelnden Teamkollegen fast zu Boden gerissen. Auch dank einer Weltklasse-Vorstellung des Nationaltorwarts hatte sich der Rekordsieger durchgesetzt.

"Es ist unbeschreiblich. Ich empfinde einen maximalen Stolz auf meine Mannschaft, die nie jammert. Sie wird ab und an von dem einen oder anderen ungerecht behandelt. An diesem Wochenende hat sie super Moral bewiesen", jubelte THW-Trainer Filip Jicha, der nach einer bis dahin komplizierten, weil immer wieder mit Rückschlägen verbundenen Saison bereits in der Kritik stand. Lachend fügte er hinzu: "Ich bin erleichtert, dass wir gewonnen haben, damit ich nicht in die enttäuschten Gesichter meiner Kinder schauen muss."

VIDEO: Die Siegerehrung für den THW Kiel (5 Min)

Wiencek feiert fünften Pokalsieg

Melsungen hatte das Geschehen im Finale zwar lange offen gestalten können. Am Ende setzte sich aber die größere individuelle Qualität und Erfahrung des THW durch. Im bereits fünften Duell beider Teams in dieser Saison (zweimal in der Bundesliga, zweimal in der European League) ragten beim Rekordmeister- und Pokalsieger insbesondere die Routiniers um Wolff (16 Paraden), Mittelmann Domagoj Duvnjak und Kreisläufer Patrick Wiencek heraus. Für Letzteren war es der fünfte Pokalsieg in seiner Karriere, die er im Sommer beenden wird.

So groß die Freude bei den "Zebras" war, so niedergeschlagen waren die Melsunger. "Kiel hat über fast 55 Minuten des Spiels geführt und dementsprechend auch verdient gewonnen. Wir haben es wieder nicht geschafft. Das ist verdammt schmerzhaft", erklärte MT-Kapitän Timo Kastening.

Zweitligist Balingen-Weilstetten überraschend Dritter

Dritter beim Handball-Spektakel am Rhein wurde überraschend Zweitligist HBW Balingen-Weilstetten. Die Schwaben setzten sich im "kleinen Finale" mit 32:31 (19:15) gegen die Rhein-Neckar Löwen durch und feierten diesen Sieg ähnlich ausgelassen auf dem Parkett wie der THW anschließend den Erfolg im Endspiel.

Torwart-Duell auf Weltklasse-Niveau

Der erste Durchgang hatte ganz im Zeichen zweier exzellenter Deckungsreihen und einem Torwart-Duell auf Weltklasse-Niveau gestanden. Für Wolff schlugen nach 30 Minuten sieben Paraden zu Buche, Melsungens Schlussmann Nebojsa Simic verhinderte sogar noch einen Treffer mehr als der deutsche Nationaltorwart. Ohne den 32-Jährigen zwischen den Pfosten wäre für die Hessen die Partie zur Pause vielleicht bereits gelaufen gewesen. Denn der THW war zwischenzeitlich bereits drauf und dran, davonzuziehen.

THW zieht auf vier Tore davon

Obwohl den Schleswig-Holsteinern der sowohl mental als auch physisch extrem anspruchsvolle Handball-Krimi vom Vortag gegen die Rhein-Neckar Löwen in den Knochen steckte, hinterließ das Jicha-Team im ersten Abschnitt zunächst den frischeren Eindruck. Die "Zebras" spielten mit viel Tempo und Raffinesse und führten nach 24 Minuten mit 10:6. Bis dahin lief alles für den Rekordchampion, der mit den Routiniers Hendrik Pekeler und Wiencek einen bärenstarken Innenblock in der Deckung hatte.

Wolff verhindert den Ausgleich

An den früheren Nationalspielern lag es auch nicht, dass der Vorsprung zur Halbzeit auf einen Treffer zusammengeschmolzen war. Das gründete auf der nun zu unkonzentrierten Kieler Angriffsleistung. Der THW konnte sich sogar bei Wolff bedanken, überhaupt mit einer Führung in die Kabine gehen zu können. Er verhinderte gegen Timo Kastening den Ausgleich (29.).

Der kleinen Durststrecke zum Trotz sagte Kiels Linsaußen Rune Dahmke zur Pause im ARD-Interview: "Wir machen ein gutes Spiel, wir können zufrieden sein." Bundestrainer Alfred Gislason war derselben Meinung. "Der THW war das bessere Team und hätte eigentlich höher als mit einem Tor führen müssen", sagte der frühere "Zebras"-Coach.

Jicha-Team mit den größeren Kraftreserven

Dahmke war es im zweiten Abschnitt auch, der die Norddeutschen nach zwischenzeitlichem 11:12-Rückstand (34.) wieder mit zwei Toren in Führung brachte (15:13/40.). Abermals konnte Melsungen egalisieren, erneut gelang dem THW eine eindrucksvolle Antwort. Die Jicha-Mannschaft zog auf 19:15 davon (46.) und führte somit zum zweiten Mal im Finale mit vier Treffern.

"Wir haben unglaublich hart dafür gearbeitet, dass wir heute den Pokal in den Händen halten können." Kiels Kreisläufer Hendrik Pekeler

Die große Frage war, ob bei den ersatzgeschwächten "Zebras", die auf ihre verletzten Rückraum-Asse Harald Reinkind und Nikola Bilyk verzichten mussten, die Kraftreserven reichen würden. Die Antwort lautete: "Ja". Von Müdigkeit war bei den Schleswig-Holsteinern nichts zu erkennen, während Melsungen in der Schlussphase nichts mehr zuzusetzen hatte. Spätestens mit dem Tor zum 26:21 durch Duvnjak (27.) war die Entscheidung in Köln gefallen.

Der Kapitän überließ bei der Siegerehrung Wiencek die Ehre, den Pokal entgegenzunehmen. Eine große Geste von einem großen Spieler für einen anderen großen Spieler.

"Er hat es sich einfach verdient, hier zu gewinnen. Ich bin überglücklich für ihn", sagte Duvnjak der ARD. Mit Blick auf die anstehenden Feierlichkeiten kündigte der Kroaten (noch) nüchtern an: "Wir werden in jedem Fall ein stilles Wasser trinken." Am Mittwoch (19 Uhr) geht es indes für die "Zebras" in der Bundesliga schon wieder mit dem Spitzenspiel gegen Tabellenführer Füchse Berlin weiter.

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Dieses Thema im Programm:

Sportclub | 13.04.2025 | 15:30 Uhr

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