Gewalttat in Heide: Mädchen quälen 13-Jährige
Eine Gruppe von Mädchen soll in Heide eine 13-Jährige geschlagen und gedemütigt haben. Videos von der Tat kursieren in den Sozialen Medien. Die mutmaßlichen Täterinnen sind zum Teil noch nicht strafmündig.
Ein brutaler Fall aus Heide sorgt für Entsetzen: Eine Gruppe von Mädchen im Alter von 12 bis 17 Jahren hat dort nach Polizeiangaben ein 13-jähriges Mädchen geschlagen und gedemütigt. Die Taten seien per Smartphone gefilmt worden, sagte Astrid Heidorn, Sprecherin der Polizeidirektion Itzehoe, am Dienstag: "Es ist auf diesen Videos durchaus zu sehen, dass dieses Mädchen dort geschubst wurde, sich hinknien musste und auch Kaugummi im Haar war." Mit Cola sei die 13-Jährige ebenfalls überschüttet worden, so die Polizeisprecherin. Später bestätigte die Polizei, dass die Mädchengruppe auch die Haare der Schülerin angezündet und ihr eine Zigarette im Gesicht ausgedrückt hat. Das Video liegt NDR Schleswig-Holstein vor. Darauf sind auch Jungs zu sehen, die die Szene beobachten. Handgreiflich werden Mädchen.
Direkt nach dem Vorfall am 21. Februar 2023 sei es zur Anzeige gekommen, sagte Heidorn. Die Polizei ermittele seither. Es geht laut der Polizeisprecherin um gemeinschaftliche, gefährliche Körperverletzung. Auch ein Raub stehe noch im Raum, weil dem Mädchen wohl die Jacke und das Smartphone entwendet wurden. "Im Moment läuft das Verfahren noch. Alle Tatverdächtigen sind inzwischen bekannt", sagte Heidorn.
Staatsanwaltschaft: Video-Teilen kann strafbar sein
Jonna Ziemer von der Staatsanwaltschaft Itzehoe wollte keine weiteren Angaben zu den mutmaßlichen Täterinnen machen, da einige noch nicht strafmündig seien. "Strafrechtlich sind Kinder, die noch nicht 14 Jahre alt sind, nicht zu verfolgen. Wir führen also keine strafrechtlichen Ermittlungen gegen sie", sagte die Oberstaatsanwältin. Stattdessen erfolgt eine sogenannte Kindesanhörung. Auch das Jugendamt sei bereits eingeschaltet.
Außerdem appelliert Ziemer daran, das Video in den Sozialen Netzwerken nicht weiter zu verbreiten: "Denn es stellt jemanden in seiner Hilflosigkeit dar. Wenn jemand in seiner Hilflosigkeit zur Schau gestellt wird, kann das durchaus auch strafbar sein." Angaben zum Zustand der Betroffenen machten weder Polizei noch Staatsanwaltschaft.
Sütterlin-Waack: Gewaltstraftaten bei unter 14-Jährigen haben zugenommen
Die Tat hatte offenbar eine Vorgeschichte. Das deutete Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) im Interview mit NDR Schleswig-Holstein an, wollte aber nicht näher darauf eingehen. Während es in der aktuellen Landes-Kriminalstatistik insgesamt keine Zunahme von Gewalttaten unter Jugendlichen gab, sieht das bei den unter 14-Jährigen, also den Kindern, anders aus. "Da ist tatsächliche eine Zunahme der Zahlen der Gewaltstraftaten - wir nennen das Rohheitsdelikte - in den Jahren 2019 bis 2022 zu erkennen", sagte die Innenministerin.
Generell wollte die CDU-Politikerin die sozialen Medien und die permanente Verfügbarkeit von Gewalt im Internet nicht für die Entwicklung verantwortlich machen. Im aktuellen Fall wollte sie es aber auch nicht ausschließen: "Wenn man sich dieses Video anguckt, hat man natürlich schon so ein bisschen den Eindruck, dass das auch tatsächlich aus den sozialen Medien überspringt."
Drei mutmaßliche Täterinnen - nur eine ist strafmündig
In dem Video ist eine Gruppe von Mädchen und Jungen zu sehen, die um die 13-Jährige herumstehen, nicht alle sollen an strafbaren Taten beteiligt gewesen sein. "Bis jetzt haben wir die Information, dass wir es mit drei Täterinnen zu tun haben. Davon sind zwei strafunmündig nach dem jetzigen Recht - also unter 14 - und eine ist über 14", sagte Sütterlin-Waack, die davon ausgeht, dass es für die über 14-Jährige "auf jeden Fall" zu einem Prozess vor dem zuständigen Jugend-Gericht kommen werde. Außerdem wolle sie mit Justizministerin Kerstin von der Decken (CDU) prüfen, ob eine Herabsetzung der Strafmündigkeit von 14 auf 12 Jahre Sinn ergeben würde. Das müsse aber schlussendlich der Bund entscheiden.
Experte: Täter haben oft selbst Gewalt erfahren
Moritz Stahl vom Kinderschutzzentrum in Bad Segeberg weist darauf hin, dass man sich auf der Suche nach Erklärungen die Lebensumstände der gewaltbereiten Kinder und Jugendlichen ansehen müsse, unter denen sie aufgewachsen sind. Oft hätten die Täterinnen und Täter selbst Gewalt erfahren. Eltern, die mitbekommen, dass ihre Kinder Gewalt ausüben oder unter Gewalt leiden, sollten sich frühzeitig Hilfe holen.
Denn solche Gewalttaten erschüttern das Grundvertrauen der Opfer, sagt Martin Sanders vom Kinderschutzzentrum Westküste. Es sei deshalb nun wichtig, dem Mädchen ein Gefühl von Sicherheit zu geben und auch therapeutische Angebote zu machen.