Lübecker Bucht: Ist Stilllegung der Bäderbahn rechtlich in Ordnung?
Land und Bahn wollen die Bäderbahn an der Lübecker Bucht stilllegen. Aber es gibt erhebliche Zweifel daran, ob das rechtlich aktuell überhaupt möglich ist. Auch darüber hinaus geraten Land und Bahn zunehmend unter Druck.
Bei Fahrgästen ist die Bäderbahn beliebt. Die Zahl der Reisenden steigt. Trotzdem wollen Land und Bahn die Strecke stilllegen. Der Grund ist der geplante Tunnel unter dem Fehmarnbelt. Nach Ansicht der Bahn sollen die Regionalbahnen künftig nicht mehr über die Bäderbahn, sondern über die Neubaustrecke von Lübeck über Timmendorfer Strand nach Neustadt fahren.
Land und Bahn: Bäderbahn gefährdet Zeitplan der Hinterlandanbindung
Bliebe die Bäderbahn erhalten und würde an die neue Trasse angebunden, wäre der Zeitplan der Hinterlandanbindung in Gefahr, erklären Land und Bahn. Denn es müssten dann neue Gutachten unter anderem zum Lärmschutz erstellt werden.
Experten halten Stilllegung momentan für unzulässig
Recherchen von NDR-Schleswig-Holstein lassen daran zweifeln, ob die von Land und Bahn geplante Stilllegung momentan juristisch überhaupt möglich ist. Denn auf der Bäderbahn sollen noch jahrelang Züge rollen. Die Stilllegung soll erst in Zukunft wirksam werden, dann, wenn die Hinterlandanbindung fertig ist. "Das ist meiner Ansicht nach nicht möglich", meint Andy Niekamp, Fachanwalt für Eisenbahnrecht. Denn eine Strecke könne erst stillgelegt werden, wenn dort bereits keine Züge mehr fahren würden. Diese Auffassung bestätigen andere Planungsrechtler NDR Schleswig-Holstein sowie Gutachten.
Stilllegung könnte Hinterlandanbindung verzögern - nicht umgekehrt
Die eingeleitete Stilllegung der Bäderbahn könnte die Planung der Hinterlandanbindung erheblich verzögern. "Wenn das Stilllegungsverfahren jetzt durchgezogen wird, könnte ein an der Strecke interessiertes Bahnunternehmen klagen", sagt Professor Urs Kramer von der Forschungsstelle für Eisenbahnrecht in Dortmund. "Wenn ich mich auf diesen wackeligen Weg einlasse, gehe ich das Risiko ein, dass ich nachher umplanen muss."
NEG will Bäderbahn übernehmen
Einen Interessenten gibt es bereits, die Norddeutsche Eisenbahn Niebüll (NEG). Sie gehört zum Bahnkonzern RDC, der auch Autozüge nach Sylt betreibt. Die Bahn müsse ihr ein faires Übernahmeangebot machen, so Anwalt Andy Niekamp. Schlägt die NEG zu, wäre die Stilllegung ebenfalls vom Tisch. Findet sie das Angebot der Bahn unfair, könne sie dagegen klagen.
Land und Bahn unter Zeitdruck
Die Verantwortlichen stehen unter großem Druck. Denn wenn die Stilllegung der Bäderbahn bis zum Planfeststellungsbeschluss, einer Art Baugenehmigung für die Neubaustrecke, nicht besiegelt ist, muss die Bäderbahn mit in die Pläne aufgenommen werden. Das wollen Land und Bahn mit Blick auf den Zeitplan vermeiden.
Stilllegung der Bäderbahn würde Fahrgastzahlen halbieren
Auch von einer anderen Seite gerät das schleswig-holsteinische Verkehrsministerium unter Druck: Berechnungen im Auftrag der Hansestadt Lübeck, die NDR Schleswig-Holstein vorliegen, zeigen, dass sich die Fahrgastzahlen zum Teil fast halbieren, wenn die Bäderbahn aufgegeben wird. Den Abschnitt zwischen Bad Schwartau und Timmendorfer Strand würden demnach im Jahr 2035 nur rund 2.400 Fahrgäste täglich nutzen. Bliebe die Bäderbahn erhalten, wären es dagegen 4.500.
Grüne und SPD halten an Bäderbahn fest
Man werde sich die Begutachtung genau ansehen, sagte Lasse Petersdotter (Grüne) NDR Schleswig-Holstein. Mann wisse um die Relevanz der Bäderbahn für die Region und habe den Weiterbetrieb auch explizit im Koalitionsvertrag angestrebt. Allerdings könne man auch die Bedenken des Verkehrsministeriums nachvollziehen, so Petersdotter weiter. "Am Ende werden wir genau die Argumente prüfen müssen und dann politische Entscheidungen treffen."
Unterdessen bezeichnet Niclas Dürbrook von der SPD Landtagsfraktion die Stillegung als "Fehlentscheidung". NDR Schleswig-Holstein sagte Dürbrook, er hoffe, dass man die wichtige Bahnstrecke noch retten könne. "Am Ende liegt es daran, ob die Landesregierung bereit ist sich zu bewegen oder nicht", so der Abgeordnete weiter. "Wir werden als Opposition den Druck hochhalten."