Landtag: Warum der Haushalt uns alle etwas angeht
Wenn der Landtag den Landeshaushalt beschließt geht es darum, was mit nicht weniger als 16,7 Milliarden Euro gemacht wird - also welche Ideen und Projekte, welche Politik in die Tat umgesetzt wird.
Wie viel kommt rein, was kann man ausgeben und wofür? Was jeder Haushalt tun muss, um handlungsfähig zu bleiben, muss auch ein Bundesland wie Schleswig-Holstein jedes Jahr aufs Neue planen und festlegen: im Landeshaushalt, bestehend aus Haushaltsplan und Haushaltsgesetz. Der Haushaltsplan ist dabei quasi das Haushaltsbuch in sehr groß. Und nur mit dem Haushaltsgesetz, das jedes Jahr neu vom Parlament beschlossen werden muss, kann die Landesregierung das verplante Geld ausgeben - für Schulen, Straßen, Sozialhilfe, Polizei, Feuerwehr, Lehrer, Verwaltung und und und.
So viel zur Theorie. Doch wie kommt so ein Haushaltsplan zustande? Wie wird verhandelt und wer setzt sich am Ende durch? Fest steht: Es ist ein hartes Ringen unter den Fraktionen um jeden Cent, um die eigenen politischen Ziele und Projekte umsetzen zu können. Und am Ende muss eine Mehrheit stehen, um das Haushaltsgesetz anzunehmen.
Etatrecht - das Königsrecht des Parlaments
"Wir sind als Parlament in der Entscheidung über dem Haushalt. Das wurde über Jahrhunderte erkämpft", sagt Lasse Petersdotter, finanzpolitischer Sprecher der Grünen. Es sei das Recht des Parlaments zu entscheiden: "Wo fließt das Geld, das über Steuern und Abgaben eingenommen wurde, eigentlich hin und wie schaffen wir es, der gesamten Gesellschaft dort einen Profit zu geben?"
Das Etatrecht ist ein Recht, das seinen Ursprung in Zeiten absolutistischer Fürsten hat und zum Selbstverständnis von Parlamenten gehört, erklärt Beate Raudies, finanzpolitische Sprecherin der SPD: "Als die Bürgerschaft sich das Recht herausgenommen hat mitzureden, standen absolutistische Fürsten an der Spitze von Staaten - und die brauchten immer Geld." Die damaligen Demokraten hätten sehr schnell gemerkt, wie wichtig es sei, über das Geld zu bestimmen. "Das Parlament stellt das Geld zur Verfügung, mit dem die Regierung arbeitet. Und deswegen nennt man das eben auch das Königsrecht des Parlaments", sagt Raudies.
Verhandlungen: "Ich kriege das, dann kriegst du das dafür"
Bis der Haushalt steht, wird viel diskutiert, gerungen und verhandelt. Lars Harms vom SSW findet das Bild eines Basars ganz passend, wenn es um die internen Verhandlungen der Regierungsparteien geht: "Da heißt es dann: Ich kriege das, dann kriegst du das dafür, das ertrage ich dann gerade noch so." In einem zweiten Bereich der Verhandlungen würden dann auch die Oppositionsparteien Vorschläge machen. "Allgemein ist es so, dass eine Koalition sagt: Wir haben den tollsten Haushalt der Welt. Es war noch nie so grandios wie dieses Mal - und die Opposition dann darauf hinweist, welche Fehler da sind. Und er besteht natürlich nur aus Fehlern - sagt die Opposition", sagt Harms.
Kein kostenloses Kita-Essen, dafür ein friesisches Lehrerbildungsinstitut
Deswegen wäre es gängige Praxis, als Opposition den Haushalt abzulehnen. Das allerdings würde der SSW anders machen, nämlich so, wie es in skandinavischen Ländern üblich ist: "Wir schauen uns den Haushalt dann aber auch genau an, kritisieren das, was zu kritisieren ist", sagt Harms. Dann werde auch noch mal über eigene Projekte verhandelt - und wenn ein Projekt oder Thema des SSW mit in den Haushalt kommt, stimmen die Parlamentarier dem auch zu.
Der SSW hätte sich zum Beispiel - genau wie die SPD auch - kostenloses Essen in Kitas für alle Kinder gewünscht. Das wird es nicht geben. Andere Dinge wiederum finden sich im Haushalt wieder, wie ein friesisches Lehrerbildungsinstitut, ein Projekt des SSW. "Dann sagen wir: Okay, wir können uns jetzt in diesem Haushalt wiederfinden. Das ist vernünftig, und wir werden dem Haushalt dann in seiner Gesamtheit zustimmen", sagt Harms: "Das tun Oppositionsparteien in Deutschland sonst eigentlich nicht."
Regierungsfraktionen wollen sich im Haushalt wiederfinden
Am Ende sind es die Regierungsparteien, die die Grundzüge des Haushalts bestimmen können. Aber auch das ist nicht unbedingt eine einfache Aufgabe, denn die Positionen können in einer schwarz-grünen Regierung weit auseinander liegen. Eine Hilfe ist, dass es mit dem Koalitionsvertrag bereits eine gemeinsame Grundlage gibt, sagt Ole-Christopher Plambeck von der CDU: "Es ist so, dass die Landesregierung einen Vorschlag macht, den Haushaltsentwurf, wo schon viele Punkte berücksichtigt sind. Und dieser wird dann dem Parlament zugeleitet."
Daraufhin beginnen die Beratungen, in denen die Landesregierung viele Fragen beantworten muss. "Und dann haben wir als eigene Fraktion eigene Vorstellungen und passen mit Änderungsanträgen diesen Haushaltsentwurf an", sagt Plambeck. Der CDU-Fraktion sei zum Beispiel wichtig, die innere Sicherheit zu stärken: "Wir haben als Fraktionen gesagt: Gerade im Bereich Polizei wollen wir weitere Stellen haben." Für die Grünen ist Umwelt- und Naturschutz ein Schwerpunkt, mit Bildungsprojekten wie einem Umwelthaus in Neustadt.
Opposition will zeigen, was noch möglich wäre
Die Oppositionsparteien haben wenig Einfluss. Im Prozess der Haushaltsverhandlungen versuchen sie, über Änderungsanträge Kritik zu äußern und Alternativen aufzuzeigen, sagt Beate Raudies von der SPD: "Wenn wir jetzt den Antrag stellen, die Eltern in den Kitas von den Kosten für das Essen zu entlasten, dann sagen wir: Das würde 100 Millionen Euro kosten. Aber das würde eine Durchschnittsfamilie um 1.000 Euro im Jahr entlasten."
Angesichts von Inflation und steigenden Preisen sei die SPD der Meinung, dass das eine gute Alternative, ein gutes Angebot sei. "Dafür wird es keine Mehrheit geben im Parlament", weiß Raudies, "trotzdem wollen wir zeigen, dass Sachen möglich wären." Die FDP kritisiert am Haushaltsentwurf zum Beispiel, dass nicht mehr gespart - und sogar über neue Schulden nachgedacht werde.
Petersdotter: "Die Realität wirklich verändern"
Wofür die 16,7 Milliarden Euro aus dem Landeshaushalt eingesetzt werden, darüber entscheidet der Landtag - aber nicht ohne noch einmal den ganzen Tag darüber zu debattieren. Die Haushaltsdebatte gilt als eine der wichtigsten zur Politik einer Regierung. Denn die Entscheidung darüber, wofür Geld ausgegeben wird, hat Einfluss auf alle Bürger Schleswig-Holsteins.
"Letztendlich brauchen wir für fast alles, was wir uns hier vornehmen, Geld", sagt Lasse Petersdotter von den Grünen. "Deswegen ist die Haushaltspolitik auch als ein sehr mächtiges Politikfeld bekannt, weil man die Möglichkeiten hat, die Realität wirklich zu verändern und für viele Menschen das Leben besser zu machen."