Land will Niederungen in Schleswig-Holstein besser schützen
Das Land hat ein jahrelang ausgearbeitetes Strategiepapier für die Zukunft der Niederungen in Schleswig-Holstein veröffentlicht. Der Plan: Sie sollen fit für den Klimawandel gemacht werden. Landwirte fürchten den Verlust wertvoller Ackerböden.
Etwa ein Fünftel von Schleswig-Holsteins Landesflächen liegt unterhalb von 2,5 Meter Normalhöhennull. Diese Flächen bezeichnet man als Niederungen, die es hauptsächlich an der Westküste und in der Region Eider-Treene-Sorge (ETS) gibt. Durch die Auswirkungen des fortschreitenden Klimawandels mit dem Anstieg des Meeresspiegels, Sturmfluten, Starkregen und Trockenheit drohen diese Regionen immer weiter unter Druck zu geraten. Die neue Strategie des Landes soll aufzeigen, wie die Niederungen im Jahr 2100 aussehen sollten, um gut für den Klimawandel aufgestellt zu sein. Ziel ist es, die Regionen vor Überflutung zu schützen.
Jahrzehnte der Entwässerung
Ab Mitte des 20. Jahrhunderts kam mit dem "Programm Nord" die große Wende für Schleswig-Holstein. Das seinerzeit größte regionale Entwicklungsprogramm revolutionierte die Landschaft im Norden. Dass die fruchtbaren Marschböden unter Wasser standen, war bis dahin an der Westküste von November bis März normal. Nun wurden Gräben begradigt und vertieft, die Äcker durch Drainagen früher im Jahr befahrbar, Siele in den Deichen durch leistungsfähige Schöpfwerke ersetzt. Die jahrzehntelangen Entwässerungen haben die Flächen immer weiter absinken lassen. Heute kommen die Schöpfwerke mit dem Entwässern kaum noch hinterher.
Pläne der Niederungsstrategie
Das Land hat jetzt ein jahrelang ausgearbeitetes Strategiepapier vorgestellt, um die Zukunft der Niederungen zu sichern. Es geht laut Umwelt- und Landwirtschaftsministerium vorrangig darum, alte Schöpfwerke aus den 50er- und 70er-Jahren zu erneuern und die Flächen an klimatische Veränderungen anzupassen. Letzteres bedeutet für landwirtschaftliche Betriebe, dass einige ihrer Flächen möglichst dauerhaft vernässt werden sollen. Für die Landwirte sollen Anreize für bodenschonende und klimafreundliche Bewirtschaftung der Niederungen geschaffen werden. Außerdem soll auf den Flächen mehr Wasser für Dürren vorgehalten werden. Laut Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) soll die Niederungsstrategie jetzt vor Ort nach und nach in die Praxis umgesetzt werden: "Klar ist, dass es nicht mehr passt, nur das Wasser aus dem Land rauszubringen, weil wir auch Trockenphasen haben, weil wir wissen, dass die Entwässerung der Flächen auch ein großer Quell von Treibhausgasemissionen ist. Deswegen werden wir einen anderen Umgang mit Wasser im Land finden müssen."
Landwirt: "Wir brauchen diese Flächen weiterhin"
Das Strategiepapier wurde von Verbänden der Land- und Wasserwirtschaft, Naturschutzvereinen, der Wissenschaft und den Kommunen erarbeitet, gemeinsam mit Umwelt-und Landwirtschaftsministerium. Landwirtschaftsverbände waren am Prozess also beteiligt, trotzdem sind nicht alle Landwirte glücklich mit der Strategie. Einige Landwirte fürchten durch die die geplante Vernässung den Verlust wertvoller Ackerböden. Klaus-Peter Dau vom Landesbauernverband war an den Verhandlungen mit dem Land beteiligt. Der Landwirt aus Tetenhusen im Kreis Schleswig-Flensburg betont, in der Landwirtschaft kenne man die ökologischen Probleme und handle vielerorts bereits.
"Wir sind nicht gegen die Vernässung, wir sind auch bereit, Flächen dafür bereitzustellen. Aber das Problem ist, wir brauchen andere Flächen, die dafür als Tausch geeignet sind. [...] Wir wollen das mit lösen und arbeiten auch für den Klimaschutz mit da dran. Aber man muss uns sagen, wie das weitergehen soll und wer es bezahlt." Klaus-Peter Dau, Kreisbauernverband Schleswig
Die vom Land vorgestellte Strategie sieht vor, dass Landwirte unterstützt werden sollen. Umweltminister Goldschmidt betont aber auch, dass die Landwirte selber entscheiden, wie sie mit ihren Flächen umgehen. "Über die Wasser- und Bodenverbände sind sie organisiert und müssen entscheiden, ob sie die Flächen weiter entwässern wollen oder ob sie sie etwas weniger entwässern wollen oder ob sie anders mit den Flächen umgehen werden." Es gebe zum Beispiel Programme für den Moorschutz. Auch Photovoltaikanlagen könnten eine Nutzungsmöglichkeit für tiefliegende Moorflächen sein, erklärt das Umweltministerium. Das Land will den Handlungsplan fortlaufend anpassen.