Kolumne: Superdaddy - Vom Wunsch, alles zu haben
Eine aktuelle Studie hat gezeigt, dass heutige Väter unter dem Spagat zwischen Job und Familie leiden. Unsere Kolumnistin freut sich: Jetzt wissen sie endlich, worüber Mütter seit Jahren klagen. Also: Eltern, vereint euch!
In welcher Konstellation man sich auch immer befindet, wenn man Kinder bekommt: Wer sich als Eltern entscheidet, diese Kinder zusammen großzuziehen, muss sich nicht mehr an traditionelle Normvorstellungen halten. Alles darf, alles muss, heißt die Devise. Da fährt das Pärchen mit seinen Kindern und Surfbrettern monatelang im Bulli durch Europa: cool. Da schieben drei Väter in Jogginghosen ihre Babys durch den Park: toll. Da macht der Daddy noch das letzten Telefonat des Tages, während er parallel seinem Kind auf der Schaukel Anschwung gibt: wow. Irgendwie super alles, aber auch nur auf den ersten Blick.
Vom "Work-Family-Konflikt" zerrissen
Wer den Vorhang zurückzieht, sieht den Preis, den wir für unseren neuen Familienalltag zahlen müssen. Der sieht, vielleicht zum ersten Mal nach langer Zeit, Väter, die genauso ausgelaugt sind vom Leistungsdruck wie Mütter - und die das endlich auch zugeben! Der sieht den "Work-Family-Konflikt", wie es die Wissenschaftlerin Dr. Kim Bräuer von der TU Braunschweig in ihrer aktuellen Väterstudie nennt. Da streitet sich das Bulli-Paar allabendlich, weil der Papa noch ein paar Videos schneiden muss, statt sich um die Mama zu kümmern ("Denk dran, Schatz: Unser YouTube-Kanal bezahlt unsere Reise!"). Da erzählt einer der drei Papas, dass er - obwohl in Elternzeit - vom Chef gefragt wurde, das zeitintensive Projekt anzunehmen (was für eine Ehre, was für ein Dilemma!). Da fühlt sich der Daddy an der Schaukel zerrissen zwischen dem Kunden am Telefon und dem Kind ("Papa, Papa, guck mal!").
Wir machen alle alles
Wie wir Mütter schon seit Jahren fühlen es auch Väter immer mehr. Mütter dürfen und wollen mehr sein als Hausfrau, Väter dürfen und wollen mehr sein als der Ernährer. Die Konsequenz: Alle machen alles. Und sind darüber hinaus hineingeworfen in ein familienunfreundliches Deutschland, das noch weit davon entfernt ist, auf die neuen Bedürfnisse beider (!) Eltern einzugehen. In einer repräsentativen Befragung im Auftrag der Unionsfraktion im Bundestag Ende des vergangenen Jahres befanden 75 Prozent der Mütter und Väter mit Kindern unter 18 Deutschland für nicht kinderfreundlich. Insbesondere Familien- und Erziehungsarbeit werde nicht ausreichend anerkannt, urteilten davon 84 Prozent in der Befragung durch das Meinungsforschungsinstitut Civey.
Zerplatzte Träume, große Liebe
Und die Moral von der Geschicht? Zusammen sind wir stark! Erstmals - vielleicht in der Geschichte - sagen Mütter sowie Väter, dass sie beides wollen: ihren Kindern Zuneigung zeigen, emotional für sie da sein, aber gleichzeitig auch arbeiten, um die Familie finanziell zu tragen. Erstmals also könnten wir als Eltern geeint Forderungen stellen nach familienpolitischen Reformen und nach mehr beruflicher Flexibilität. Denn natürlich sieht Familienrealität in echt anders aus und mussten auf dem Weg Träume platzen. Aber vereinen tut uns doch eines: Der Wunsch - trotz Arbeit - unsere Elternliebe auszuleben und die Hoffnung, daran nicht zugrunde zu gehen.