Klimaschutzprogramm: Was Schleswig-Holstein bis 2030 erreichen will
Schleswig-Holstein will beim Klimaschutz schneller sein als der Bund: Bis 2040 soll Schleswig-Holstein klimaneutrales Industrieland werden. Die schwarz-grüne Landesregierung hat einen Entwurf zum "Klimaschutzprogramm 2030" vorgestellt.
Das Papier enthält mehrere Maßnahmen, wie die Ministerinnen und Minister in ihren jeweiligen Ressorts in den nächsten sechs Jahren vorgehen. Ziel sei es, die Treibhausgasemissionen um etwa 43 Prozent gegenüber den Jahren 2017 bis 2019 zu senken. "Als Land zwischen den Meeren ist unsere Region besonders durch den Klimawandel und steigende Meeresspiegel betroffen", sagte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) nach einer Kabinettssitzung in Kiel. Zusammen mit Klimaschutzminister Tobias Goldschmidt (Grüne) stellte er das Programm am Dienstag vor.
"Wenn man sich anguckt, was wir in den letzten 30 Jahren auf die Wegstrecke gebracht haben, beim Thema CO2-Emission und deren Einsparung und weiß, welche Aufgabe wir in den nächsten beiden Jahrzehnten vor uns haben, dann wissen wir, dass das etwas ist, wo wir ehrgeizig arbeiten müssen, wo wir aber auch gut erklären müssen und wo wir auch deutlich machen müssen, wie wir diese Herausforderung auch schaffen und gleichzeitig auch sozialen Zusammenhalt auch in unserem Land sicherstellen können", so der Ministerpräsident.
Bis 2030: Fast die Hälfte der Emissionen einsparen
Zwei zentrale Punkte aus dem Konzept: Der Ausstieg aus der Nutzung fossiler Energien und mehr erneuerbare Energien nutzen. Die Maßnahmen gelten für die Bereiche Energiewirtschaft, Industrie, Gebäude, Verkehr, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft. Bis 2030 sollen hier fast die Hälfte der Emissionen eingespart werden. Unter anderem sollen die Kohlekraftwerke Wedel (Kreis Pinneberg) und Flensburg abgeschaltet werden, die Infrastruktur bei Erneuerbaren Energien ausgebaut werden, wie beispielsweise der Anschluss des Wasserstoffnetzes an Dänemark, oder der Ausbau der E-Mobilität im Verkehr.
Wie hoch die Kosten für diese Maßnahmen sind, dazu machte die Landesregierung keine Angaben. Auch sind die Maßnahmen in den einzelnen Ressorts nicht bindend. Zudem hofft Schleswig-Holstein auf Unterstützung vom Bund. Für die bundesweite Erreichung der Klimaschutzziele müssen im Bund die Rahmenbedingungen geschaffen werden, heißt es.
Aus Sicht der Umweltverbände gehen die Maßnahmen nicht weit genug. "Vor allem im Bereich des biologischen Klimaschutzes", sagt Sina Clorius, BUND Schleswig-Holstein. Hier würden wir uns weitaus ambitioniertere Ziele wünschen. Denn von den 150.000 Hektar Moorflächen in SH sollen nur 8.000 wiedervernässt werden."
Opposition: "Bedürfnisse der Bürger werden ignoriert"
Weitere Kritik kommt von der Opposition. Für die SPD-Fraktion sind die Maßnahmen ein "Offenbarungseid". "Die Landesregierung hat heute allen Ernstes ein Klimaschutzprogramm vorgestellt, ohne zu benennen, was die Kosten dafür sind. Darüber hinaus läutet der Ministerpräsident das fossile Heizungsverbot in Schleswig-Holstein bis 2040 ein", so die Fraktionsvorsitzende Serpil Midyatli. Dies sei früher als auf Bundesebene.
"Damit ignoriert Schwarz-Grün die nachvollziehbaren und berechtigten Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger nach Planbarkeit. Wenn der Heizungstausch in Schleswig-Holstein schneller erfolgen soll, muss die Landesregierung dafür auch ein entsprechendes Förderprogramm auflegen", so Midyatli.
FDP: Klimaschutzprogramm eine "Nebelkerze"
Für die FDP ist das Klimaschutzprogramm eine "Nebelkerze". Es fehle der Landesregierung an eigenen Ideen, sagt der Parlamentarische Geschäftsführer und klimaschutzpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Oliver Kumbartzky.
"In vielen Fällen zeigt die Landesregierung schlichtweg auf andere, die es richten und vorangehen sollen – das sind wahlweise private Investoren, die Bundesregierung oder die EU-Kommission. So kommt ab 2025 die Photovoltaik-Pflicht bei Neubauten von Wohngebäuden. Doch bei der Umrüstung der eigenen Liegenschaften kommt Schwarz-Grün nicht vom Fleck", so Kumbartzky.
SSW: Mehr Anreize und Förderangebote
Auch für den SSW bleiben die Maßnahmen zu unkonkret. Der klima- und umweltpolitische Sprecher der SSW-Landtagsfraktion, Christian Dirschauer vermisst Lösungen, die nah am Menschen sind.
"Was wir brauchen, sind Anreize. Förderangebote werden in dem Papier aber vor allem Unternehmen in Aussicht gestellt. Das ist gut und wichtig, hilft aber der Bäckereifachverkäuferin Schulze nicht. Die kann sich nämlich Solardach, E-Auto und Ladeinfrastruktur schlicht nicht leisten." Das Programm gehe in vielen Teilen nicht darüber hinaus, was die Landesregierung im vergangenen Jahr vorgelegt habe.
Bürgerforum soll mitentscheiden
Um die Menschen in Schleswig-Holstein in diesem Prozess miteinzubeziehen, beginnt eine Phase der öffentlichen Beteiligung. Insbesondere finanzschwache Haushalte sollen nicht abgehängt werden, so der Ministerpräsident. "Klimaschutzmaßnahmen werden zunehmend auch den unmittelbaren Alltag der Menschen betreffen", heißt es in dem Papier. Daher werde das "Bürgerforum Klima Schleswig-Holstein" eingerichtet, das aus zufällig ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern aus Schleswig-Holstein besteht. Im ersten Halbjahr dieses Jahres sollen Lösungen und Empfehlungen an die Landespolitik diskutiert werden.
Parallel dazu sei ein Kongress geplant, bei dem Stakeholder, Wissenschaftler und Experten die Ergebnisse des Bürgerforums diskutieren, erklärte Günther. Bis Ende dieses Jahres wird das Klimaschutzprogramm beraten, dann will das Kabinett das Programm beschließen.