Jugendgewalt in Glückstadt: Raub und Überfälle durch Minderjährige
In Glückstadt häufen sich die Fälle von Jugendgewalt. Zuletzt waren die Tatverdächtigen im Alter zwischen 12 und 15 Jahren vor allem nachts aktiv. Laut Bürgermeister Rolf Apfeld handelt es sich im Kern um Kinder aus zwei ukrainischen Familien. Die Polizei will ihre Präsenz erhöhen - und die Stadt einen Wachdienst öfter einsetzen.
Glückstadts Bürgermeister hätte sich gewünscht, das Problem früher lösen zu können - und "geräuschloser", wie Apfeld sagt. Spätestens seit dem vergangenen Wochenende war das nicht mehr möglich: In der Nacht auf Sonntag griffen fünf Jugendliche einen Mann auf dem Heimweg an. Sie wollten ihm die Tasche stehlen und verletzten ihn dabei.
12- bis 15-Jährige überfallen und rauben nachts
Bereits am Freitag zuvor hatte die Polizeidirektion Itzehoe gegenüber NDR Schleswig-Holstein davon gesprochen, seit Längerem Probleme mit einer Gruppe von Kindern und Jugendlichen zu haben. Anlass dafür war ein Angriff auf einen Zeitungsausträger in der Nacht zuvor. Im Kern gehe es um drei Mädchen und zwei Jungen im Alter von zwölf bis 15 Jahren - bis auf ein Mädchen seien alle strafunmündig.
Wie viele Taten insgesamt auf das Konto der Gruppe gehen, kann die Polizei nicht sagen. Nur, dass sie wohl schon seit Mitte März ihr Unwesen treibt. "Zum Mai hin hat sich die Situation aber richtig verschärft", sagte Bürgermeister Apfeld bei einem Gespräch im Rathaus. "Davor gab es Vorfälle, die natürlich nicht gut sind, aber die in einer Stadt vorkommen."
Menschen mit Behinderung "abgezockt"
Ab Ende April war das anders: Da begann eben jene Gruppe von Kindern und Jugendlichen, Bewohner einer Wohngruppe für Menschen mit Behinderungen zu bedrohen und zu bestehlen. "Abzuzocken", so nennt Apfeld das. Es folgte ein "Runder Tisch" mit der Stadt, der Polizei, dem Jugendamt des Kreises und den Glückstätter Werkstätten, zu denen die Wohngruppe gehört.
Seitdem gebe es an der Wohngruppe einen Wachdienst. Der Bürgermeister plant, auch in der Stadt vermehrt private Sicherheitskräfte abends und nachts patrouillieren zu lassen - bislang gibt es das lediglich am Wochenende. "Es geht darum, auch die gefühlte Sicherheit wieder zu erhöhen", sagt Apfeld.
Mehr Sicherheitskräfte in der Stadt
Der Bürgermeister nimmt wahr, dass das Gefühl der Sicherheit zuletzt gelitten hat. Vor allem nimmt er aber wahr, wie eine kleine Gruppe von Menschen die Situation versuche zu nutzen, um mit Gerüchten grundsätzlich Stimmung gegen Geflüchtete zu machen - vor allem in Online-Netzwerken. Dort wird bereits die Einführung von Bürgerwehren diskutiert.
"Ich sehe es mit Sorge, wie jetzt alles in einen Topf geworfen wird", sagt Apfeld, der in seiner Stadt schließlich nicht nur die Abschiebehaftanstalt hat, sondern auch eine große Erstaufnahmeeinrichtung. "Die Bürgerinnen und Bürger von Glückstadt haben in den vergangenen Jahren viel geleistet in Sachen Integration - das darf nicht kaputt gemacht werden."
Minderjährige kommen aus der Ukraine
Die Polizei gab zunächst keine Informationen zu einem möglichen Migrationshintergrund der Jugendlichen heraus. Laut Apfeld handelt es sich allerdings um Kinder, die aus zwei ukrainischen, wohl durch Krieg und Flucht zerrütteten Familien stammen. Mittlerweile bestätigte die Polizei das.
Die Familien leben seit 2022 in Deutschland und haben der Stadt Glückstadt Apfeld zufolge schon einige Sorgen bereitet. So mussten sie laut Apfeld bereits mehrere Wohnungen verlassen, weil sie, wie der Bürgermeister es nennt, "nicht wohnkompatibel" seien. "Die Kinder sind auch schon einmal vom Jugendamt in Obhut genommen worden, aber wieder gekommen - seitdem ist die Situation eskaliert."
Bürgermeister sieht Jugendamt in der Pflicht
Der Bürgermeister sieht nun auch das Jugendamt des Kreises Steinburg in der Pflicht: "Ich bin kein Fachmann dafür, aber ich denke, dass die Kinder wieder aus den Familien genommen und einzeln psychologisch und sozial betreut werden sollten, damit sie vielleicht noch einmal auf den rechten Weg zurückfinden."
Der Kreis teilt auf Anfrage mit, mit mehreren Mitarbeitern "ressortübergreifend schon seit Längerem in dieser Angelegenheit involviert" zu sein, jedoch keine Details zu diesem "hochsensiblen Thema" nennen zu können.
Polizei will mehr Präsenz zeigen
Die Polizei kündigte an, mehr Präsenz zeigen und mehr Streife fahren zu wollen. Sie hat das Gemeindegebiet zu einem sogenannten Kontrollort erklärt. Das kann sie bei einer deutlichen Zunahme von Straftaten machen und dort dann Menschen leichter und weitergehender kontrollieren. So können zum Beispiel ohne besonderen Verdacht Taschen kontrolliert und Personalien festgestellt werden.