Illegale Ferienwohnungen auf Sylt: Ungewissheit für Vermieter
Auf Sylt möchte kaum jemand über das Thema "illegale Ferienwohnungen" sprechen. Dabei ist es seit Monaten der Aufreger auf der Insel. Schätzungen gehen von bis zu 5.000 Ferienwohnungen aus, die derzeit noch unrechtmäßig angeboten werden.
Auch in anderen Tourismushochburgen gibt es nicht genehmigte Ferienwohnungen, aber das Ausmaß auf Sylt ist gigantisch. Der Kreis Nordfriesland prüft aktuell, ob und welche Ferienwohnungen zum Beispiel in Sankt-Peter-Ording, auf Föhr, auf Amrum und natürlich auf Sylt überhaupt eine Genehmigung haben. Bisher wurden laut Kreisverwaltung etwas mehr als 100 illegale Ferienwohnungen stillgelegt - 56 davon allein auf Sylt.
Wohnungsmarkt extrem angespannt
Gestiegene Zinsen, hohe Baupreise und die Inflation wirken sich im ganzen Land negativ auf den Wohnungsmarkt aus. Auf Sylt ist die Lage allerdings deutlich angespannter. Nach Informationen von NDR Schleswig-Holstein wohnen 18.000 Menschen dauerhaft auf der Insel - 5.000 pendeln zum Arbeiten über den Sylt-Damm. Der Sylter-Bäcker Thomas Raffelhüschen sucht händeringend nach Mitarbeitenden. "Die erste Frage, die in Einstellungsgesprächen kommt, ist: 'Haben Sie auch Wohnraum?'"
Vor zwei Jahren machte die Initiative "Merret reicht's" auf den Mangel an Wohnraum für Einheimische aufmerksam. Die Initiatorinnen wollen sich aktuell nicht mehr zu dem Thema äußern, aber Sylt steht seitdem im Fokus. Hinter vorgehaltener Hand heißt es: "Sylt hat geschätzt 11.000 Ferienwohnungen, wenn 5.000 davon illegal sind, dann ist das ein Knaller."
Wildwuchs über Jahrzehnte
In den 1960er Jahren wurde Sylt zur "Insel der Reichen und Schönen". Kinderzimmer und auch Elternschlafzimmer wurden an Touristen vermietet - später dann auch Garagen zu Ferienwohnungen ausgebaut. Über die Jahrzehnte wurden Immobilien umgebaut und verkauft. Vielen war offenbar gar nicht klar, dass eine Vermietung an Feriengäste illegal ist. Oder haben sie es verdrängt?
Stephan Rudloff ist Makler in Westerland. Er verwaltet 200 Ferienwohnungen und fordert, dass pragmatische Lösungen gefunden werden. "Sylt ist ein Ferienort, wir leben von den Touristen. Wir müssen jetzt sehen, wie wir die Kuh vom Eis kriegen." Die Gemeinde Sylt verweist bei dem Thema an den Kreis Nordfriesland.
Illegale Ferienwohnungen im Rest des Landes kaum ein Thema
Wenn es um das Thema nicht genehmigte oder illegale Ferienwohnungen geht, dann steht Nordfriesland nicht nur geografisch ganz oben. Für den Kreis Dithmarschen spricht Pressesprecherin Elena Schnittchen auf Anfrage von NDR Schleswig-Holstein lediglich von wenigen Einzelfällen. "Das sei überhaupt kein großes Thema", so ihre Einordnung. Auch Annika Sommerfeld, Sprecherin vom Kreis Ostholstein, sieht die Thematik in den Tourismusorten wie Scharbeutz, Timmendorfer Strand oder Grömitz "von untergeordneter Bedeutung.".
In Flensburg wird zwar über Ferienwohnungen diskutiert, doch mit einem Anteil von 0,9 Prozent am gesamten Wohnungsbestand wirken sich Ferienwohnungen momentan nach Angaben der Stadt kaum auf den Wohnungsmarkt aus. Deutlich weniger Ferienwohnungen würden ihn daher nicht unbedingt entlasten - teilt die Stadt mit - aber dem Tourismusstandort Flensburg möglicherweise schaden. Am 18. Juni soll das Ferienwohnungskonzept im Flensburger Stadtentwicklungsausschuss beraten werden.
Kreis Nordfriesland: Gespräche laufen
Der Kreis Nordfriesland verweist auf die Rechtslage. Kreisbaudirektor Burkhard Jansen will mit seinem Team in Ruhe alle Einzelfälle prüfen. "Wir gucken uns die Baugebiete an und arbeiten dann ab", so Jansen, der keine konkreten Zahlen nennt. Aber auch er spricht von einer vierstelligen Zahl an vermutlich illegalen Ferienwohnungen.
Bereits Anfang Mai gab es ein Abstimmungsgespräch zwischen Landrat Florian Lorenzen (CDU), Kreisbaudirektor Jansen und den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern der Insel Sylt. Verabredet wurde, dass die Sylter Gemeinden bis Ende des Jahres für sich klären, welche Bebauungspläne für Regelungen zu Ferienwohnungen geändert werden könnten. Am 21. Juni ist das nächste Gespräch geplant.
Hoffnung für Besitzer illegaler Ferienwohnungen auf Sylt?
Die Sylter Gemeinden könnten, so liest sich die Presseerklärung des Kreises, illegale Ferienwohnungen noch nachträglich über die Bauplanung genehmigen. Baudirektor Jansen bremst aber gleichzeitig die Euphorie. Auch bei entsprechendem politischem Willen in den Gemeinden könne das Baurecht nicht für alle gewachsenen Strukturen rechtskonforme Lösungen finden, so Jansen. Diskutiert wird auch eine sogenannte "Stichtagslösung". Im Klartext: Ferienwohnungen, die vor einem bestimmten Termin (zum Beispiel 3. Oktober 1990) schon auf dem Markt waren, hätten dann Bestandsschutz. Auch hier dämpft der Kreis aber allzu hohe Erwartungen, denn die rechtlichen Hürden bei einer Stichtagslösung seien relativ hoch, unterstreicht Jansen.