FSG-Nobiskrug bekommt neue Führungsspitze und Startkapital

Stand: 05.06.2024 19:38 Uhr

Risikoinvestor Lars Windhorst hat eine neue Führungsspitze für die Werften in Flensburg und Rendsburg präsentiert. Mit einem Startkapital sollen sie den laufenden Betrieb an beiden Standorten sichern.

von Peer-Axel Kroeske

Sie waren die Neuigkeit: Der 38-jährige Robert Fischer vom Mollard wird künftig Geschäftsführer von FSG-Nobiskrug. Als technischer Leiter ist der 37-jährige Michel Bollmann bestimmt. Bei beiden handelt es sich um interne Besetzungen: Sie sind schon mehrere Jahre im Betrieb, bringen aber zumindest etwas Erfahrung von außerhalb mit. Doch die meiste Zeit bei dem Termin im Foyer der FSG redete Lars Windhorst. Am Montag bestand gegen ihn noch ein Haftbefehl, weil er in einem Insolvenzverfahren in Hannover nicht vor Gericht erschienen war. Dieser ist inzwischen vom Vollzug ausgesetzt. Dem Termin in Flensburg stand somit nichts im Weg.

Prioritätenliste statt Gießkanne

Michel Bollmann, Robert Fischer von Mollard und Lars Windhorst stehen an einem Pult mit Mikrofonen. © NDR Foto: Peer-Axel Kroeske
Das wird die neue Leitung: Der Technische Leiter Michel Bollmann (links) und Geschäftsführer Robert Fischer von Mollard (Mitte). Investor Lars Windhorst hat darüber informiert.

An beiden Standorten waren die Arbeiten zuletzt ins Stocken geraten. Vor Ort war kein Geld vorhanden, um Rechnungen zu bezahlen, Maschinen instand zu halten oder Sicherheitsdienste zu bezahlen. Windhorst kündigte nun an, die neue Leitung werde mit einem Startkapital ausgestattet, damit der tägliche Betrieb überhaupt laufen kann. Er schränkte aber gleich ein: "Die neuen Geschäftsführer werden nicht mit der Gießkanne Geld ausgießen, sondern eine Prioritätenliste machen." Das werde mit den Lieferanten und "den Leuten, die Geld zu kriegen haben" besprochen.

Wer ein Schiff bestellt, soll künftig Abschläge zahlen

Doch was passiert, wenn das Startgeld verbraucht ist? Hierzu sagte Windhorst nur, er wolle in Zukunft keine Schiffe mehr komplett vorfinanzieren. Stattdessen müssten Kunden sich schon während der Bauphase finanziell beteiligen. Das betrifft bereits die einzige Fähre, an der in Flensburg derzeit gearbeitet wird. Kunde ist die australische Reederei SeaRoad, mit der laut Windhorst eine Übereinkunft erzielt worden sei. Das Projekt liegt deutlich hinter dem Zeitplan. Trotzdem teilte SeaRoad offiziell mit, dass sogar über eine zweite Fähre verhandelt werde.

Hoffnung auf neue Aufträge

Auch der Bau von zwei Bunkerschiffen für Flüssigerdgas (LNG) könne sofort starten, für den Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) Ende 2022 Förderbescheide über 62 Millionen Euro an ein Unternehmenskonsortium übergeben hatte. Ursprünglich sollten es sogar drei Schiffe werden. Eine Bankbürgschaft über 50 Millionen Euro sei vereinbart, sagte Windhorst. Allerdings sei das Unternehmen, das die Schiffe chartern wollte, abgesprungen. Ein neues werde gesucht. Der Investor erwähnte auch Gespräche mit dem norwegischen Unternehmen Siem über neue Aufträge. Von Siem hatte Windhorsts Firmengruppe die FSG übernommen. Zudem stünde auch ein Auftrag für den Bau einer neue Luxusyacht in Rendsburg (Kreis Rendsburg-Eckernförde) in Aussicht.

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Windhorst: Verkauf von FSG-Nobiskrug ist unrealistisch

Windhorst machte dabei deutlich, dass die von ihm geleitete Tennor-Gruppe sich in Zeiten niedriger Zinsen hoch verschuldet hatte und seit 2019 verstärkt Gelder zurückzahlen musste: "Wir hatten in Milliardenhöhe Verbindlichkeiten. Da gab es seit einigen Jahren Druck, das zurückzuzahlen." Das sei zu 80 Prozent gelungen. Gleichzeitig habe "die FSG die geringste Rendite gebracht - nämlich gar keine - und den größten Anteil an finanziellen Zuwendungen in meiner ganzen Gruppe erhalten." Trotzdem wolle er noch viele Jahre an den Werften festhalten. Ein Verkauf, wie von Teilen der Politik und der IG Metall gefordert, sei unrealistisch. Nicht zuletzt erklärte Windhorst sein Geschäftsprinzip. Die Tennor-Gruppe erwirbt mit dem Geld von risikobereiten Großanlegern günstig Unternehmen, die angeschlagen sind. Acht von zehn würden es nicht schaffen. Doch es reiche, wenn sich die anderen zwei Firmen erholen, so dass sie die Verluste überkompensieren.

Wirtschaftsminister Madsen: "Es müssen Taten folgen."

Betriebsrat und IG-Metall reagierten verhalten auf die Entwicklung. Gut sei, dass nun eine Leitung vor Ort installiert sei. Ähnlich kommentierte auch Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen die Entwicklung: "Es müssen jetzt weitere Taten folgen. Es ist aber ein erster guter Schritt."

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 05.06.2024 | 19:30 Uhr

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