Busfahrerstreik: 2.500 Menschen demonstrieren vor Landeshaus in Kiel

Stand: 17.02.2024 16:06 Uhr

Die Busfahrerinnen und -fahrer haben in Kiel unter anderem eine Petition für eine bessere ÖPNV-Finanzierung an Politiker übergeben. Seit Mittwoch befinden sich die Fahrer kommunaler Unternehmen im Warnstreik - private Betreiber zogen am Donnerstag nach.

Im Rahmen des Warnstreiks von Busfahrerinnen und Busfahrern haben am Freitag nach Angaben der Gewerkschaft ver.di rund 2.500 Menschen vor dem Landeshaus in Kiel demonstriert. Gemeinsam mit der Gewerkschaft und der Umweltbewegung Fridays for Future überreichten die Beschäftigten eine Petition für eine Verbesserung und bessere Finanzierung des ÖPNV an den Bundestagsabgeordneten Matthias Stein. Der SPD-Politiker sitzt im Verkehrsausschuss des Bundestags. Stein sicherte den Beschäftigten zu, sich auf Bundesebene für sie einzusetzen. Für die Petition hatten die Demonstrierenden bundesweit 112.000 Unterschriften gesammelt, 2.500 davon in Schleswig-Holstein.

Kommunalpolitiker unterstützen Position der Demonstrierenden

Auf der Bühne vor dem Landeshaus fanden sich neben dem Abgeordneten Stein auch mehrere Kommunal- und Landespolitiker ein, die von den Streikenden eingeladen wurden und deren Position unterstützten. Anschließend unterschrieben sie vor den klatschenden Busfahrerinnen und Busfahrern die Petition. "Es ist eine Sauerei, dass die Arbeitgeber euch so ein mieses Angebot geben und glatt sagen, dass ihr sogar noch mehr arbeiten sollt", sagte Lars Harms, Fraktionsvorsitzender des SSW. Der Tarifvorschlag der Gewerkschaft sei gut und müsse unterstützt werden. "Weil ich für einen besseren ÖPNV bin, unterschreibe ich", betonte der ehemalige schleswig-holsteinische Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP).

Bis zum Dienstbeginn am Sonnabend keine Busse

Am Mittwoch hatten zunächst Busfahrerinnen und Busfahrer der kommunalen Busunternehmen in Kiel, Lübeck, Flensburg und Neumünster ihre Arbeit niedergelegt. Die Gewerkschaft ver.di hatte dazu aufgerufen. Am Donnerstag stiegen Beschäftigte der privaten Busunternehmen, die zum Omnibusverband Nord gehören, in den Warnstreik ein. Bis zum Dienstbeginn am Sonnabend ruhte der Verkehr in Schleswig-Holstein weitestgehend.

Gewerkschaftssprecher Frank Schischefsky sprach von einer hohen Streikbeteiligung. Dennoch sei es für die Beschäftigten nicht einfach, die Arbeit ruhen zu lassen: "Viele Busfahrer, gerade auf den Überlandlinien, kennen ihre Fahrgäste", so Schischefsky. Hauptforderung der Gewerkschaft ist die 35-Stunden-Woche für die Beschäftigten.

Diese kommunalen Busunternehmen streiken seit Mittwoch

Laut ver.di geht es um die Beschäftigten des TV-N, also im öffentlichen Busverkehr. Konkret sind das:

Diese privaten Unternehmen sind seit Donnerstag betroffen

  • Autokraft in Nordfriesland, Flensburg, Rendsburg, Kiel, Segeberg, Bad Oldesloe, Eutin, Heiligenhafen und Lübeck
  • Transdev in Husum und Bredstedt (beide Kreis Nordfriesland) und Rendsburg
  • Kreisverkehrsgesellschaft in Pinneberg (KViP) im Kreis Pinneberg
  • die Elite Traffic GmbH
  • Rohde Verkehrsbetriebe in Ostholstein
  • Stambula Bustouristik
  • Dahmetal in den Kreisen Herzogtum Lauenburg und Stormarn.
  • Die Ahrensburger Busbetriebsgesellschaft (ABG) im Kreis Stormarn.

Keine Busse in Kiel bis Samstagfrüh

Die Kieler Verkehrsgesellschaft (KVG) schrieb auf ihrer Internetseite: "Wir müssen davon ausgehen, dass mit Einsetzen der Taglinien ab ca. 4.20 Uhr am Mittwoch, 14. Februar bis zum Ende der Nachtbuslinien gegen 4.45 Uhr am Samstag, 17. Februar 2024 keine Busse fahren werden." Auch der "Umsteiger" am Kieler Hauptbahnhof und der Servicepunkt in der Werftstraße bleiben geschlossen.

Ersatzfahrplan in Flensburg

Bei AktivBus in Flensburg galt während des Streiks ein Sonderfahrplan. Die Linien 2, 3, 8, 12 und 14 sowie die Linie 5 im Ring A fielen komplett aus. Die Fahrten, die stattfanden, konnten verspätet sein, weil mehr Menschen auf die Verbindungen zurückgreifen. Die Nachtbusse in der Nacht von Freitag auf Sonnabend waren laut dem Verkehrsunternehmen nicht von den Streiks betroffen. Generell gilt: Donnerstag und Freitag finden weniger Fahrten als noch am Mittwoch statt.

Einschränkungen in Neumünster

Bei den Bussen der Stadtwerke Neumünster gab es dagegen keinen Notfahrplan. "Wir hatten gehofft, zu diesem Streik einen Notfall-Fahrplan einzurichten. Leider ist dieses Vorhaben aus verschiedenen Gründen nicht gelungen", schrieben die Stadtwerke auf ihrer Internetseite.

In Lübeck auch Fähren betroffen

Auch in Lübeck fielen alle Buslinien von Lübeck mobil aus. Die Fähren wurden ebenfalls bestreikt - auch die Norderfähre am Priwall. "Es besteht jedoch jeweils zur vollen Stunde eine Überfahrtmöglichkeit an der Hauptfähre für Fußgänger und Fahrradfahrende zum Priwall und zurück. Eine Versorgung für Notdienste wie Krankenwagen und Feuerwehr ist ebenfalls garantiert", hieß es von den Stadtwerken. Der Rufbus "Lümo" fährt ebenfalls nicht. Die Service-Center in Travemünde und am Lübecker ZOB blieben geschlossen. Die Linien 30, 31, 32, 33, 35, 38, 39 und 40 der Lübeck-Travemünder-Verkehrsgesellschaft (LVG) waren dagegen nicht betroffen.

Ersatzfahrpläne bei Autokraft

Durch den Warnstreik bei den privaten Anbietern fiel zum Beispiel in Bargteheide (Kreis Stormarn) der Stadtverkehr weg. In Dithmarschen waren die Betriebe DRN Heide und der Dithmarschenbus betroffen. Nahezu alle Fahrerinnen und Fahrer des Dithmarschenbusses streiken, teilte ein Sprecher mit. Im Kreis Herzogtum Lauenburgfielen viele Linien von Dahmetal aus.

Die Autokraft gab Ersatzfahrpläne heraus. Der Flughafenbus KIELIUS fuhr. Die Rohde-Verkehrsbetriebe gaben an, dass alle Linien fahren. Im Kreis Steinburg teilten die Geschäftsführer vom Rathje Omnibusbetrieb und vom Betrieb "Die Linie Steinburg" am Donnerstagmorgen mit, dass der Verkehr noch laufe. Auch die Verkehrsbetriebe Schleswig-Flensburg waren nach Angaben des Unternehmens nicht betroffen.

VHH werden nicht bestreikt

Die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein wurden nicht bestreikt, aber auf Tochterunternehmen und Auftragnehmer konnte es Auswirkungen geben. Deshalb waren laut VHH in und rund um die Städte Ahrensburg (Kreis Stormarn), Norderstedt (Kreis Segeberg), Wedel, Pinneberg und Elmshorn (Kreis Pinneberg) einige Buslinien betroffen.

Ein Banner mit der Aufschrift · Warnstreik· hängt vor dem Eingang zum Betriebshof der Kieler Verkehrsgesellschaft. © dpa-Bildfunk Foto: Axel Heimken
AUDIO: Ver.di fordert bessere Arbeitsbedingungen im Busverkehr (2 Min)

Ver.di: Verhandlungen seien "Schlag ins Gesicht"

Zu den gescheiterten Tarifverhandlungen sagte ver.di-Verhandlungsführer Sascha Bähring: "Wir hätten ein starkes Signal der Arbeitgeber an die Beschäftigten erwartet. Erhalten haben sie einen festen Schlag in das Gesicht der Beschäftigten". Man sei gespannt, wie die Arbeitgeber das den Fahrgästen erklären wollten, so Bähring. Nur aus Rücksicht auf die Fahrgäste habe die Tarifkommission entschieden, nicht auch ab Mittwoch zum Warnstreik aufzurufen, sondern erst am Donnerstag zu beginnen.

Omnibusverband Nord kritisiert Streik: "Es trifft die Falschen"

Joachim Schack, Geschäftsführer vom Omnibusverband Nord, hätte bei den Verhandlungen am Dienstag hingegen mehr Entgegenkommen von ver.di erwartet. Es würde nicht weiterhelfen, wenn die Gewerkschaft immer wieder auf den alten Forderungen beharre, so Schack. Schwierig sei für Busunternehmen außerdem, dass sie bereits langjährige Verträge mit ihren Auftraggebern hätten, in denen die geforderten Lohnausgleichszahlungen nicht vorgesehen seien. Die Warnstreiks würden somit ausschließlich Pendlerinnen und Pendler sowie Schulkinder belasten.

Gewerkschaft fordert bessere Arbeitsbedingungen

Hintergrund des Streiks sind die laufenden Tarifverhandlungen für Busfahrerinnen und Busfahrern. Dabei geht es nicht um mehr Geld, sondern um eine Reduzierung der Arbeitszeit. Ver.di fordert eine 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich. Die Gewerkschaft kritisiert, dass die Arbeitgeber sich nicht entgegenkommend zeigen. Bisherige Angebote seien keine echte Entlastung gewesen.

Mehrere Busse stehen auf dem Gelände des ÖPNV-Betriebs aktivbus in Flensburg. © NDR Foto: Tobias Gellert
AUDIO: Wieder Busstreik in SH - dieses Mal drei Tage lang (2 Min)

Laut ver.di-Sprecher Frank Schischefsky müssen die Arbeitsbedingungen im ÖPNV dringend verbessert werden, um langfristig mehr Menschen in den Beruf zu holen. Er könne überhaupt nicht verstehen, warum die Arbeitgeber daran kein Interesse hätten. "Es hilft uns alles nichts, wenn wir hochmoderne Busse haben, aber die Arbeitsbedingungen der Menschen bleiben schlecht. Das kann so nicht sein und deshalb werden wir das in dieser Tarifrunde auch mit massiven Streiks begleiten, wenn sich da nicht deutlich etwas verbessert."

Am kommenden Montag (19.2.) werde es weitere Tarifverhandlungen für Beschäftigte der kommunalen Busunternehmen geben, teilte Schischefsky mit. Er hoffe auf ein vernünftiges Angebot der Arbeitgeber. Für Beschäftigte der privaten Busunternehmen werde es dann am 5. März weiter verhandelt.

Arbeitgeber: Personalmangel macht kürzere Arbeitszeiten unmöglich

Aus Sicht von Jan Jacobsen, dem Geschäftsführer des kommunalen Arbeitgeberverbandes, ist dagegen der bereits akute Personalmangel der Grund, aus dem die Forderung von ver.di nicht umsetzbar sei: "Wir haben zurzeit schon ungefähr zehn Prozent zu wenig Busfahrer", sagte er. Durch die Anforderungen der Verkehrswende würden langfristig sogar 25 Prozent fehlen. "Egal was wir machen, es gibt nicht mehr Menschen. Es gibt nicht mehr Erwerbstätige", so Jacobsen. Die Arbeitszeit der vorhandenen Busfahrerinnen und Busfahrer zu reduzieren, sei also nicht möglich, ohne das ÖPNV-Angebot massiv einzuschränken. "Die Hälfte arbeiten, das Doppelte verdienen und alles bleibt wie es ist - so ist es nicht. Wenn solche Forderungen umgesetzt werden, reden wir über Wohlstandsverlust."

Jacobsen kritisiert fehlende Kompromissbereitschaft von ver.di. Die Arbeitgeber hätten bereits eine Reduzierung der Arbeitszeit um eine Stunde in zwei Schritten angeboten. Für die nächste Verhandlungsrunde erwarte er, dass sich die Gewerkschaft bewegen, so Jacobsen. Von einer schnellen Einigung geht er aber nicht aus. Schließlich sei am 1. März bereits eine gemeinsame Aktion von ver.di mit Fridays for Future geplant. Schischefski sagte dagegen, er wolle Verhandlungen nicht vorgreifen.

Weitere Informationen
Zwei Infotafeln am Lübecker ZOB informieren über den Warnstreik am 2. Februar 2024. © NDR Foto: Julian Marxen

SH: Warnstreik im Busverkehr bis Sonntag

Der Ausstand ist laut ver.di Freitag um 3 Uhr gestartet und soll dann bis Sonntagfrüh andauern. Betroffen sind auch die privaten Busunternehmen. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 16.02.2024 | 14:00 Uhr

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