SH: Warnstreik im Busverkehr bis Sonntag
Die Gewerkschaft ver.di hat die Beschäftigten des öffentlichen und privaten Omnibusverkehrs zum Warnstreik aufgerufen. Landesweit sind deshalb bis Sonntag nur wenige Busse unterwegs.
Der Ausstand im ÖPNV ist Freitag um 3 Uhr gestartet und soll bis zum Betriebsbeginn am Sonntag dauern. Am ersten Warnstreiktag sind nach Angaben von ver.di im Norden mehrere Tausend Beschäftigte dem Streikaufruf gefolgt. "Das ist schon ein donnerndes Signal, das die Beschäftigten hier im Norden gesendet haben", verbreitete ver.di Sprecher Frank Schischefsky in einer Pressemitteilung am Mittag. Sollten die Arbeitgeber kein konstruktives und akzeptables Angebot vorlegen, würden die Busse in Zukunft noch länger stehen, so der ver.di Sprecher.
Diese Busunternehmen sind betroffen
Im öffentlichen Omnibusverkehr (TV-N) sind die Beschäftigten
- der Kieler Verkehrsgesellschaft (KVG) in Kiel,
- der Stadtwerke mobil in Lübeck,
- des Stadtverkehrs in Neumünster und
- AktivBus in Flensburg betroffen.
Beim privaten Omnibusverkehr sind die Beschäftigten aller Busunternehmen aufgerufen, ihre Arbeit niederzulegen. Laut ver.di Nord betrifft dies folgende Unternehmen:
- Autokraft in Nordfriesland, Flensburg, Rendsburg, Kiel, Segeberg, Bad Oldesloe, Eutin, Heiligenhafen und Lübeck
- Transdev in Husum und Bredstedt (beide Kreis Nordfriesland) und Rendsburg
- Kreisverkehrsgesellschaft in Pinneberg (KViP) im Kreis Pinneberg
- die Elite Traffic GmbH
- Stambula Bustouristik
- Dahmetal in den Kreisen Herzogtum Lauenburg und Stormarn.
Im Kreis Plön fährt nach Angaben des Verkehrbetriebs ein Großteil der Busse. Auch im Kreis Steinburg fahren einige der privaten Busunternehmen, vor allem Schulbusse.
Pendler zeigen Verständnis
Am Streikposten beim Stadtverkehr Lübeck hatten sich am Freitagmorgen nach Informationen von NDR Schleswig-Holstein etwa 90 Busfahrerinnen und Busfahrer getroffen. Sie sind nach eigenen Angaben sauer, dass die Arbeitgeber nicht auf ihre Forderungen eingehen. Von Seiten der Fahrgäste gebe es aber Verständnis, meint Busfahrer Tim Hagen. "Das weiß auch jeder, der nur mal eine Stunde mit dem Auto durch Lübeck fährt, wie anstrengend das ist. Und deshalb sagen uns Menschen: Wie haltet Ihr das 8 Stunden am Tag aus?".
Aber nicht alle Pendler haben rechtzeitig von dem Warnstreik erfahren. Am zentralen Omnibus Bahnhof in Bad Segeberg (Kreis Segeberg) beispielsweise haben sich einige Menschen erst am frühen Morgen nach Alternativen umgesehen, so NDR Reporter Tobias Gellert.
Mehr Taxen im Berufsverkehr als sonst
In einigen Gebieten hatten Taxizentralen Freitagfrüh mehr Wagen eingesetzt, weil die Nachfrage gestiegen war. Vor allem zwischen 7 und 8 Uhr wurde dieses Angebot nach Angaben der Zentralen auch gut genutzt. Unter anderem in Neumünster bestätigten einige Fahrer, dass mehr Betrieb gewesen ist. Sie hätten Schülerinnen und Schüler zum Unterricht gefahren, andere Sammelfahrten zu größeren Betrieben.
Forderungen: 35-Stundenwoche und bessere Arbeitsbedingungen
Laut ver.di Nord geht es darum, die Arbeitsbedingungen für die rund 3.500 Beschäftigten im ÖPNV in Schleswig-Holstein zu verbessern. Die Gewerkschaft fordert für die Angestellten im Busgewerbe die Einführung einer 35-Stundenwoche und eine Begrenzung der Schichtlänge auf maximal zehn Stunden. Ebenfalls werde eine Mindestruhezeit von zwölf Stunden verlangt. Die Laufzeit der Vereinbarung soll zwölf Monate betragen.
"Was die Arbeitgeber angeboten haben, ist nahe am Realitätsverlust und blendet dabei die Realität der Beschäftigten völlig aus", sagte der ver.di-Verhandlungsführer Sascha Bähring. Der Omnibus Verband Nord (OVN) wolle gar nicht erst über eine 35-Stundenwoche verhandeln, daher müsse der Druck auf der Straße erhöht werden. "Wenn die Arbeitgeber eine völlig andere Haltung haben, nämlich dass sie sagen, wir haben gar keinen Bedarf, etwas zu verändern, dann stimmt irgendwo was nicht", sagt auch Gewerkschafts-Sprecher Frank Schischefsky. "Denn wir wissen, dass wir hohe Krankenstände haben, wir wissen, dass wir immer weniger Leute bekommen in den Nachwuchsreihen, weil die Arbeitsbedingungen eben so sind, wie sie sind."
Arbeitgeberseite hält Streiks für überflüssig
Die Arbeitgeberseite der privaten Busunternehmen hält das für nicht umsetzbar und den Warnstreik für überflüssig. "Streiks bringen erst mal gar nichts, erst recht nicht in dieser Situation", sagt Joachim Schack, Verhandlungsführer des OVN. Streiks träfen immer die falschen. Neben Fahrgästen auch die Busunternehmen, "die überhaupt nichts können für diese Situation, weil auch gar keine Möglichkeit besteht, wenn man jetzt zum Beispiel mehr Urlaub oder weniger Arbeitszeit gewährte, das sich erstatten zu lassen oder zu refinanzieren."
Zur Zeit fehlen laut Jan Jacobsen vom Kommunalen Arbeitgeberverband rund zehn Prozent an Busfahrerinnen und Busfahrern. Eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit würde ein Defizit von weiteren 15 Prozent schaffen. "Das heißt, wir haben ein Delta von 25 Prozent an Busfahrern, die nicht vorhanden sind und zusätzlich sind 20 Prozent aller Busfahrer über 60 Jahre. Mit einer Arbeitszeitreduzierung ist die Verkehrswende nicht zu schaffen. Darüber müssen sich alle Beteiligten dann auch einig sein." Mitte Februar soll im Tarifkonflikt weiterverhandelt werden.
Schüler gelten als entschuldigt
Schüler, die normalerweise mit dem Bus zur Schule fahren, gelten nach Angaben aus dem Bildungsministerium als entschuldigt, wenn ihre Buslinie vom Streik betroffen ist. Die Schule müsse aber formlos informiert werden, so ein Sprecher. Die Entschuldigung gelte aber ausdrücklich nur für die, die auch wirklich auf den Bus angewiesen sind, hieß es.