Der Weg zum Hausarzt in Schleswig-Holstein wird länger

Stand: 18.03.2024 11:30 Uhr

Ein Drittel der rund 2.000 Hausärzte in SH geht in diesem Jahrzehnt in den Ruhestand. Die Verbände erwarten, dass auf dem Land viele Praxen dicht machen. Telemedizin kann das nur bedingt auffangen.

von Peer-Axel Kroeske

Wer als Hausarzt auf dem Land eine Praxis übernimmt und sich für die Selbständigkeit entscheidet, muss viel Zeit mitbringen. 50 bis 60 Arbeitsstunden pro Woche sind nach Angaben der Kassenärzlichen Vereinigung Schleswig-Holstein (KVSH) die Regel. Für zusätzliche Belastung in Schleswig-Holstein sorgte zuletzt die Kündigung der Poolärzte. Doch der medizinische Nachwuchs achte auf die Work-Life-Balance, schreibt der Verband. Junge Ärztinnen und Ärzte arbeiten lieber angestellt im Team, wo sie nach Feierabend auch mal guten Gewissens das Handy ausschalten können. Einige wünschen sich Teilzeit. Und daher gehe der Trend zu größeren zentralen Praxen, die darauf eingehen können.

Teilzeit statt 60-Stunden-Woche

Für die ländlichen Praxen bedeutet das häufig das Aus. 600 Hausärztinnen und -ärzte müssen laut KVSH bis 2030 ersetzt werden. Zwar stieg zuletzt bundesweit die Zahl der Medizinstudierenden. Bei gleichmäßiger Verteilung könnten pro Jahr 300 Absolventen in Schleswig-Holstein starten. Doch laut einer Studie im Bundesgesundheitsblatt streben nur rund zehn Prozent eine hausärztliche Tätigkeit an. Bereits seit 2011 hat die KVSH eine Nachwuchskampagne initiiert. Junge Ärzte können bei einer Praxistour Erfahrungen sammeln und es winken finanzielle Anreize. Doch die Lücke bleibt trotzdem bestehen.

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Corona sorgte für mehr Telemedizin

Die Konsequenz sind längere Wege für die Patienten. Gut 100 Patienten pro Werktag in Schleswig-Holstein lassen sich auch deswegen mittlerweile in Videosprechstunden behandeln. Immer mehr Praxen setzen Telemedizin ein. Laut KVSH ist die Psychotherapie Vorreiter: In diesem Bereich rechneten zuletzt 400 Therapeuten Videosprechstunden ab. Ebenso viele waren es jeweils bei Haus- und Fachärzten während der Corona-Pandemie. Diese Zahlen gehen aber inzwischen wieder zurück. Über alle Fachrichtungen setzt laut KVSH durchschnittlich jeder vierte Mediziner Telemedizin ein. Für eine gute Diagnose müsse ein Arzt aber anfassen, riechen, genau hören und fühlen, stellt der Vorsitzende des Hausärzteverbandes Jens Lassen aus Leck (Kreis Nordfriesland) klar.

Erstbehandlung in der Praxis, Nachsorge am Bildschirm

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Deshalb kommen die Patienten zur ersten Diagnose oft in die Praxis. Später kann der Arzt dann am Bildschirm verfolgen, ob zum Beispiel eine Wunde gut verheilt. Auch bei chronischen Leiden kommt die Telemedizin zum Einsatz. Bisher gelten hier strenge Vorgaben: Der Arzt muss sich während der Videosprechstunden in seiner Praxis aufhalten - und das ausschließlich während der Öffnungszeiten. Hier fordert die KVSH Lockerungen, wobei die Privatsphäre gesichert sein muss. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) könnte Videosprechstunden aus dem Home-Office im geplanten Versorgungsgesetz verankern. Bisher liegt aber noch kein Entwurf vor. Zudem dürfen nach dem neuen Digitalgesetz künftig auch Apotheken die Patientinnen und Patienten per Telemedizin beraten.

Patienten sparen Zeit, der Arzt nicht

Für Patienten sind die Videosprechstunden komfortabel: Sie können sich die Anfahrt sparen. Die Ansteckungsgefahr in der Praxis entfällt, auch für den Arzt. Ein Flaschenhals bleibt allerdings bestehen, gibt Hausärztevertreter Lassen zu bedenken: Das knappe Zeitbudget der Mediziner.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 18.03.2024 | 08:00 Uhr

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