Haushaltsdebatte: Schwierige Zeiten und beerdigte Versprechen

Stand: 22.03.2023 19:48 Uhr

Die Opposition spricht von beerdigten Versprechen der Regierung, von einem Haushalt der verpassten Chancen. Die Regierung sieht hingegen einen Haushalt in schwierigen Zeiten, der sich sehen lassen kann.

von Julia Schumacher

Wie die 16,7 Milliarden Euro im Landeshaushalt verteilt werden, also welche konkreten politischen Projekte Wirklichkeit werden sollen, darüber hat der Landtag am Mittwoch abgestimmt und den Haushalt für das laufende Jahr verabschiedet. CDU, Grüne und SSW votierten für den Haushalt - Gegenstimmen kamen von FDP und SPD. Traditionell geht es an diesem Tag auch immer um eine Abrechnung der Opposition mit der Politik der Regierung.

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SPD: "Sie stellen Simulation vor Umsetzung"

Oppositionsführer Thomas Losse-Müller (SPD) warf der Regierung vor, ihr zentrales Versprechen - klimaneutrales Industrieland zu werden - beerdigt zu haben: "Und das ist auch das Problem dieses Landeshaushalts: Sie stellen Simulation vor Umsetzung. Sie reden über Ziele, von denen Sie selber genau wissen, dass Sie sie nicht umsetzen können." Das habe mit Realität nichts zu tun. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) antwortete in seiner Rede auf diesen Vorwurf: "Wenn das Ihre Ansprüche sind und ich mir Ihre Haushaltsanträge angucke, dann dürfen Sie der letzte sein, der überhaupt noch über Klimaneutralität in Schleswig-Holstein spricht, weil Sie nichts dazu beantragt haben."

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FDP: "Haushalt der verpassten Chancen"

FPD-Fraktionschef Christopher Vogt bezeichnete die Haushaltsführung von Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) als zunehmend unübersichtlich. Für ihn ist es ein Haushalt der verpassten Chancen: "CDU und Grüne müssten den Zusammenhalt der Gesellschaft und die Zukunftsfähigkeit des Landes viel mehr stärken. Bei den Kita-Gebühren und bei den Krankenhausinvestitionen sind Sie da aber leider völlig falsch abgebogen."

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Zustimmung aus der Opposition kam wie angekündigt vom SSW: Fraktionsvorsitzender Lars Harms sagte, der SSW stimme dem Haushalt zu, weil sie ihre Projekte darin wiederfinden können: "Wir vom SSW freuen uns sehr, dass immerhin sechs unserer Änderungsanträge eine breite Zustimmung im Finanzausschuss gefunden haben." Darunter sei ein minderheitspolitischer Quantensprung: die Einrichtung eines friesischen Bildungsinstituts.

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CDU: "Ein Haushalt, der sich sehen lassen kann"

CDU-Fraktionschef Tobias Koch sprach von einem "Haushalt in schwierigen Zeiten, bei dem sich nicht einfach aus dem Vollen schöpfen lässt." Der politische Handlungsspielraum beim Haushaltsentwurf sei für Regierung und Koalition gleichermaßen begrenzt gewesen. "Und dennoch ist es ein Haushaltsentwurf, der sich wirklich sehen lassen kann", so Koch: Die Investitionsquote liege bei 10,6 Prozent, das sei der höchste Wert aller Zeiten. "Und bei der Neuverschuldung beträgt der Abstand zur Verfassungsgrenze mehr als zehn Millionen Euro." Damit befinde sich der Haushalt in Einklang mit der Schuldenbremse.

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Der finanzpolitische Sprecher der Grünen, Lasse Petersdotter, erklärte: "Der erste Schwarz-Grüne Haushalt in der Geschichte Schleswig-Holsteins liegt vor und er ist gut geworden." Er sei in einer Zeit der haushaltspolitischen Ungewissheit entstanden. Der FDP stellte er die Frage, was sie gegen den Klimaschutz habe. Und der SPD warf er vor, mit ihrem Haushaltsentwurf weit von den eigenen Ansprüchen entfernt geblieben zu sein: "Seit neun Monaten höre ich von Ihnen: 'Die Lösung muss so groß sein wie das Problem'. Nachdem ich Ihren Antrag gelesen habe, frage ich mich: Entweder sind die Probleme viel kleiner als gedacht oder Sie werden Ihrem eigenen Anspruch nicht gerecht."

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Diskussion um Klima-Notkredit

Vor der Generaldebatte stritten die Abgeordneten in einer Aktuellen Stunde über einen Notkredit für den Klimaschutz. Die Opposition wollte von der schwarz-grünen Landesregierung wissen, ob diese plant, einen Milliardenkredit aufzunehmen oder nicht. In dieser Frage ist nicht nur die Opposition gespalten, sondern auch die Regierungskoalition. Thomas Losse-Müller (SPD), der einen solchen Kredit für nötig hält, warf der Regierung bei dem Thema einen finanzpolitischen Zickzackkurs vor: "Wir müssen wissen, was jetzt gilt. Sie müssen Klarheit schaffen."

SSW und FDP lehnen die Pläne zu einem solchen Kredit ab. Diese Option sei nur für natur-, aber nicht für menschengemachte Umweltkatastrophen möglich, sagt Lars Harms (SSW). Christopher Vogt (FDP) warf den Grünen vor, ihre Finanzpolitik in den letzten Jahren grundlegend geändert zu haben: "Während Monika Heinold die Schuldenbremse mit uns gemeinsam eingeführt und lange Zeit auch vehement verteidigt hatte, wird diese bei den Grünen mittlerweile nicht mehr als Errungenschaft für Generationengerechtigkeit, sondern nur noch als Hindernis für grüne Politik gesehen."

Die CDU hält einen Notkredit für den Klimaschutz für nicht vereinbar mit der Schuldenbremse und ist dagegen. Tobias Koch stellte klar: "Eine Änderung der Schuldenbremse wird es für die Dauer der Gültigkeit des Koalitionsvertrages zwischen CDU und Grünen nicht geben." Die Grünen befürworten den Kredit: Petersdotter verwies auf das Klima-Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2021: "Es hat festgestellt, dass das Schutzversprechen des Staates auch für künftige Generationen gilt." Dieses intergenerationelle Schutzversprechen bedeute auch, dass die Notsituation der Zukunft bereits in politische Verantwortung gegossene Krise der Gegenwart sei.

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Schleswig-Holstein Magazin | 22.03.2023 | 19:30 Uhr

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