Busprobleme in Ostholstein - Eltern in Sorge

Stand: 13.01.2023 14:25 Uhr

Seit Anfang Januar sind die Rohde Verkehrsbetriebe für den Linienbusverkehr im nördlichen Ostholstein verantwortlich. Der Personalmangel führt allerdings zu Problemen, vor allem im Schulbusverkehr.

von Hauke Bülow

7.15 Uhr in Schashagen. Die Gemeinde liegt genau zwischen Grömitz und Neustadt im Kreis Ostholstein. Die Geschwister Oskar (7), Johann (8) und Elsa (11) warten auf ihren Bus zur Schule. Vor den Weihnachtsferien kam der in der Regel pünktlich. Doch heute wissen sie nicht, ob und wann der Bus kommt. Denn seit dem Jahreswechsel hat ein neuer Betreiber den Linienbusverkehr in dem Gebiet übernommen.

Ein Vater steht mit seinen drei Kindern an einer Bushaltestelle. © Hauke Bülow Foto: Hauke Bülow
Sönke Nieselt aus Schashagen wartet mit seinen Kindern auf den Bus.

Vater Sönke Nieselt steht deshalb mit seinen Kindern an der Bushaltestelle, mit einem Smartphone in der Hand. "Ich gucke jetzt in die WhatsApp-Elterngruppe, ob die Busse in den anderen Dörfern in der Gemeinde schon dagewesen sind. Zumindest aus Nienhagen haben wir schon eine positive Rückmeldung. In Brodau kam der zweite Bus allerdings nicht, der um 07.50 Uhr fahren sollte", liest Sönke Nieselt vor. Die Elterngruppe ist eigentlich für Hausaufgaben-Absprachen gedacht, doch inzwischen ist sie zu einer "Elterntaxi-Gruppe" geworden. Fährt ein Bus nicht, springen Eltern ein, um die Kinder aus dem Dorf mit dem Auto zur Schule zu bringen.

Keine verlässlichen Busfahrzeiten

Vater Sönke Nieselt und viele andere Eltern in Ostholstein sind verzweifelt. Einzelne Ortschaften seien in dieser Woche nicht angefahren worden. "Die Kinder standen da alleine, wurden nicht mitgenommen", sagt er mit besorgter Stimme. "Teilweise sind Kinder auch an falsche Zielorte gefahren worden, weil die Fahrer sich nicht auskannten".

Der Schashagener hat ein ungutes Gefühl, seine Kinder morgens in den Bus zu setzen. "Man gibt die Kinder in die Obhut des Busbetreibers. Das ist immer ein emotionaler Moment. Aber wenn man dann nicht weiß, ob mein Kind abgeholt wird, ob es sicher zur Schule gebracht wird, dann ist man sehr unruhig", sagt Sönke Nieselt. Tochter Elsa pflichtet ihm bei: "Ich finde das beunruhigend. Wenn die Eltern arbeiten müssen und die Kinder da stehen, im Regen oder im Dunkeln vielleicht. Das finde ich nicht so gut".

Wenige Minuten später allerdings rollt der Bus Richtung Grömitz vor. Zwar mit sieben Minuten Verspätung, die Kinder schaffen es heute allerdings rechtzeitig zum Unterricht.

Eltern sind ohne Auto aufgeschmissen

Anders ist die Situation im vier Kilometer entfernten Brodau. Dort fährt an diesem Morgen nur einer der zwei geplanten Busse, den zweiten Tag in Folge. Mutter Anna Zulk ist sauer. Ihre Tochter Ilvy (6) kommt deswegen nicht zur Schule, denn die Familie hat kein Auto. "Die Schule weiß, dass es Probleme gibt mit dem Bus und hat recht verständnisvoll reagiert", sagt die Brodauerin. Sie wünscht sich, dass es jetzt eine schnelle Lösung gibt. Doch die Situation scheint nicht einfach zu sein.

Busbetreiber fehlen die Fahrer

Der neue Anbieter der Buslinien im nördlichen Ostholstein, die Rohde Verkehrsbetriebe, entschuldigt sich auf Nachfrage von NDR Schleswig-Holstein für die aktuellen Probleme. Das Unternehmen spricht von großen Herausforderungen. Der größte Teil der täglichen Beförderung laufe reibungslos. Dort, wo es größere Probleme mit Ausfällen und Verspätungen gebe, will der Busbetreiber nun schnell nachsteuern. Konkret heißt das: Fahrerinnen und Fahrer schulen. Denn wegen des Personalmangels in der Busbranche mussten die Rohde Verkehrsbetriebe nach eigenen Angaben auch Beschäftigte aus dem Ausland rekrutieren. Diese sprechen nach Aussagen von Fahrgästen aber oft kein Deutsch und kennen ihre Routen nicht. Ein Umstand, der beim Kreis Ostholstein als Auftraggeber für Unverständnis sorgt. Ein Kreissprecher teilte mit, dass am Wochenende umfassende Fahrerschulungen anstehen - insbesondere im Bereich der Streckenkunde.

Auftragsvergabe nach wirtschaftlichstem Angebot

Für die Vorbereitung des neuen Linienbetriebs in Ostholstein hatten die Rohde Verkehrsbetriebe knapp ein halbes Jahr Zeit. Durch ein Gerichtsverfahren seien es drei Monate weniger als üblich gewesen, erklärte der Kreis. Allerdings habe das Unternehmen kurz vor dem Betriebsstart im Januar mitgeteilt, dass genügend Fahrerinnen und Fahrer zur Verfügung stehen. Mit größeren Problemen habe der Kreis deshalb nicht gerechnet.

Inzwischen hätten sich die Beschwerden von Eltern und Pendelnden allerdings gehäuft. Ein Großteil davon betreffe den Bereich rund um Neustadt. Der Kreis Ostholstein hat die Rohde Verkehrsbetriebe inzwischen schriftlich dazu aufgefordert, die vereinbarten Leistungen auch vollumfänglich zu erbringen. Die Vergabe im vergangenen Jahr sei nach den in der Ausschreibung benannten Qualitätskriterien ergangen und zwar an das Unternehmen mit dem wirtschaftlichstem Angebot, erklärte der Kreissprecher. Wann der Busverkehr im nördlichen Ostholstein wieder reibungslos funktioniert, ist aktuell noch unklar.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 12.01.2023 | 17:00 Uhr

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