Brokstedt: Gewaltprävention und bessere Behördenkommunikation
Zwei Monate ist die tödliche Messerattacke in einem Regionalexpress in Brokstedt (Kreis Steinburg) her. Am Freitag hat sich der Landtag noch einmal damit befasst - mit konkreten Maßnahmen, die so eine Tat in Zukunft unwahrscheinlicher machen sollen.
Diese Tat zu verhindern, das wäre wohl nicht möglich gewesen - so sagen es zum Beispiel die Abgeordneten von FDP, SPD und den Grünen mit dem Blick auf das Vergangene. Doch nun soll es um den Blick auf die Zukunft gehen. "Wir können mittlerweile Faktoren benennen, die künftige Taten zumindest unwahrscheinlicher werden lassen", sagt zum Beispiel Niclas Dürbrook von der SPD. Dabei sei die Frage nach dem Umgang mit psychisch auffälligen, potenziell gewaltbereiten Menschen zentral.
CDU und Grüne regen Ambulanz für Gewaltprävention an
Ein möglicher Faktor ist eine Gewaltpräventionsambulanz, die CDU und Grüne in ihrem Zehn-Punkte-Papier zu Brokstedt anregen. "Wir alle, einschließlich der Anwesenden, haben ein einprozentiges Risiko, einmal im Leben von einer Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis betroffen zu sein", sagt Jan Kürschner (Grüne). "Ein Prozent - das sind für Schleswig-Holstein knapp 29.000 Menschen." Eine Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis gehe sehr oft mit einer Psychose einher. "Speziell bei der Personengruppe mit Psychosen schätzen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das Potenzial für mögliche Gewalttaten auf drei bis fünf Prozent."
Neben Anti-Gewalt-Projekten, Allgemeinpsychiatrien, forensischen Fachkliniken und aufsuchender Sozialarbeit solle nun mit einer Gewaltpräventionsambulanz eine weitere Vorbeugungsmaßnahme installiert werden, so Kürschner: "Ein multiprofessionelles Team, bestehend aus PsychiaterInnen, PsychologInnen, SozialarbeiterInnen und psychiatrischen Pflegefachkräften, bei denen das wichtigste Kriterium sein muss, dass sie große Erfahrungen mit dieser Patientengruppe haben."
SSW: Gewaltprävention besonders bei jungen Menschen wichtig
Lars Harms (SSW) hält diese Idee für zielführend, Gewaltprävention - gerade bei jungen Menschen - sei wichtig. "So etwas können wir uns sehr gut in Schleswig-Holstein vorstellen." Auch den Vorschlag, das sogenannte Übergangsmanagement aus dem Justiz- und Maßregelvollzug zu untersuchen, hält Harms für sinnvoll. Dabei geht es darum, zu verhindern, dass Menschen, die aus der Haft kommen, nicht direkt in die Obdachlosigkeit entlassen werden. Zur Forderung nach "konsequenten und zügigen Rückführungen von Täterinnen und Tätern schwerer Straftaten" im Antrag von CDU und Grünen stellt Harms klar: "Es darf hier nur um eine extrem kleine Klientel gehen, die extreme Vergehen begeht."
Austausch zu Tätern zwischen Behörden soll besser werden
Eine weitere Forderung von CDU und Grünen an den Bund ist, für einen besseren Informationsaustausch zwischen den Behörden zu sorgen. CDU-Politikerin Birte Glißmann sagt, es sei wichtig, nicht nur über Informationsaustausch, sondern auch über Zugriff auf Informationen sprechen: "Das Ausländerzentralregister ist dafür ganz wesentlich, damit künftig eben keine Anfragen mehr an allgemeine Info-Adressen geschickt werden müssen oder Hamburger Behörden Hamburger Behörden informieren."
FDP-Politiker Buchholz sagte, im Kern gehe es um die Frage: "Wie bekommen wir Menschen, die sich an die Regeln hier nicht halten, dann auch aus der Bundesrepublik Deutschland raus?" Er machte sich erneut für eine Gemeinsame Ermittlungsgruppe zur Rückführung ausländischer Straftäter stark. Die Vorschläge werden nun im Innen- und Rechtsausschuss weiter beraten.
Anwalt: Mutmaßlicher Täter will sich äußern
Währenddessen gab der Anwalt des mutmaßlichen Täters im Fall Brokstedt am Freitag bekannt, dass dieser sich im Ermittlungsverfahren äußern wolle. Sein Mandant werde die Tat nicht bestreiten und eine Erklärung zu den Umständen abgeben, sagte der Anwalt dem Nachrichtenmagazin "Spiegel". Darin deutete er auch an, dass es Zweifel an der Schuldfähigkeit des mutmaßlichen Täters gebe. Details nannte der Anwalt jedoch zunächst nicht.