Beschädigte Boote nach Ostsee-Sturmflut: Etwa 100 Totalverluste

Stand: 23.10.2023 17:14 Uhr

Die Ostsee-Sturmflut am Wochenende hat viele Häfen schwer getroffen, zahlreiche Motor- und Segelboote sind beschädigt oder gesunken. Die auf Boote spezialisierte Versicherung Pantaesius geht von 100 Totalverlusten aus.

Nach der Ostsee-Sturmflut geht die auf Boote spezialisierte Versicherung Pantaesius von großen Schäden aus. Das Unternehmen rechnet nach eigenen Angaben mit 400 beschädigten oder gesunkenen Jachten. "An den Hotspots sind sicherlich 30 Prozent davon Totalverluste", sagte Vertriebsleiter Dirk Hilcken am Montag. Insgesamt geht die Versicherung nach Informationen von NDR Schleswig-Holstein von 100 sogenannten Totalverlusten aus - also von Booten, die vollständig zerstört sind.

Hauptsächlich betroffen sind demnach die Häfen Damp (Kreis Rendsburg-Eckernförde), Maasholm (Kreis Schleswig-Flensburg) und Kiel-Schilksee. Auch in Heiligenhafen (Kreis Ostholstein), Wendtorf (Kreis Plön), der Flensburger Förde und an kleineren Standorten gebe es Schäden. Die Pantaesius Versicherung hat laut dem Vertriebsleiter bei Segeljachten im Norden einen Marktanteil von 30 bis 50 Prozent.

Steigende Reparaturkosten, kaum Termine in Werften

Viele der reparaturbedürftigen Boote werden nach Einschätzung der Pantaesius Versicherung nicht bis zum Start der neuen Saison im Frühjahr fertig sein, sondern erst im Laufe des Sommers. Der Grund: Es sei aktuell schon ohne die Sturmflutschäden schwer, einen Termin in der Werft zu bekommen. Diese Situation wird sich laut der Pantaenius Versicherung jetzt noch einmal verschärfen. Außerdem rechnet die Versicherung damit, dass die Preise für Reparaturarbeiten infolge der Sturmflut kräftig steigen werden.

Die Pantaesius Versicherung sammelt gerade erst einmal Schadensmeldungen und geht von einer hohen Gesamtsumme aus. "Die Lage ist für uns fast apokalyptisch", sagte Hilcken. Schwierig sei dabei auch, dass viele Boote von ihren eigentlichen Liegeplätzen weggetrieben seien. Gesunkene Jachten liegen unter den Stegen, teilweise übereinander.

35 Boote in Kiel gesunken

Allein in Kiel sind nach Angaben der Stadt mehr als 35 Boote im Olympiahafen Schilksee gesunken, viele weitere seien beschädigt. Es gebe zudem eine Dunkelziffer an Schiffen, die erst noch gefunden werden müssten. Dazu soll auch Sonar zum Einsatz kommen. In einer Mitteilung der Stadt war am Sonntag von einem "Schiffsfriedhof" die Rede. Masten ragten aus dem Wasser, Boote seien ans Ufer gedrückt worden, Ausrüstung und Wrackteile schwimmen im Hafenbecken. "Uns stehen die Tränen in den Augen", sagte Hafen-Geschäftsführer Philipp Mühlenhardt. Einsatzkräfte der Feuerwehr waren am Sonntag zunächst damit beschäftigt, den Austritt von Öl und Kraftstoff aus den Schiffen einzudämmen. Von Dienstag an sollen gesunkene Jachten dann mit Hilfe eines Schwimmkrans geborgen werden, sagte eine Stadtsprecherin. Besonders schwierig sei das bei untergegangenen Jachten, von denen nichts mehr aus dem Wasser rage.

20 zerstörte Jachten in Damp

In Damp sind nach Angaben einer NDR-Reporterin etwa 20 Jachten gesunken oder zerstört. Rund ein Dutzend Boote wurde von dem Hochwasser auf die Promenade geschwemmt. Ein Beamter der Wasserschutz-Polizei sagte NDR Schleswig-Holstein, dass der Hafen fast nicht mehr existent sei. Das Aufräumen werde sicherlich Monate dauern.

Bootsbesitzer: "Da hängen Erinnerungen dran"

Laut der Heiligenhafener Verkehrsbetriebe sind im dortigen Jachthafen etwa ein Dutzend Boote schwer beschädigt oder gekentert. Teilweise ragen nur noch die Masten aus dem Wasser. Auch das Boot von Michael Haugrund wurde beschädigt, der Sturm spülte es auf die Promenade. Es hat mehrere Löcher und Schrammen. "Es ist zwar versichert, aber das könnte ein wirtschaftlicher Totalschaden werden", sagte der Bootsbesitzer. "Dann bekomme ich Geld, verliere aber das Boot. Das würde mich traurig machen, weil ich mit meinem Schiff viel in der Ostsee unterwegs war. Da hängen schöne Erinnerungen dran." Er hofft, dass sein Boot über den Winter in einer Werft instand gesetzt werden kann.

Weitere Informationen
Nach einer Sturmflut stehen Teile des Flensburger Hafens weiterhin unter Wasser. © NDR Foto: NDR Screenshots

Ostsee-Sturmflut: Flensburgs Oberbürgermeister reagiert auf Kritik

Der Flensburger Oberbürgermeister Geyer bedauert die fehlende Kommunikation in der Nacht der Ostsee-Sturmflut. Gespräche mit Anwohnern sind geplant. mehr

Wellen der Sturmflut haben am Strand zwischen Prerow und Zingst den Sand an der Düne abgetragen. © Stefan Sauer/dpa

Ostsee-Sturmflut: Sechs Millionen Euro Schaden in MV durch Sandverlust

Weitere Schäden würden analysiert, sagte Umweltminister Backhaus nach einer ersten Bilanz. Gemeinsam mit SH wolle man den Bund um finanzielle Hilfe bitten. mehr

Eine Person hält einen Schlauch aus dem Wasser über eine Kaimauer spritzt. © NDR Foto: Hauke von Hallern

Ostsee-Sturmflut: Schwere Schäden im Jachthafen in Heiligenhafen

Die Schäden sind noch nicht zu beziffern, aber viele Eigner verloren ihre Boote. Die Aufräumarbeiten haben begonnen. mehr

Ein Radlader transportiert in seiner Schaufel eine große Menge angeschwemmtes Seegras. © NDR Foto: Hauke von Hallern

Nach der Sturmflut: Aufräumarbeiten laufen weiter

Vielerorts wird das ganze Ausmaß der Schäden sichtbar. Städte, Kommunen und das Innenministerium gehen von hohen Kosten aus. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 23.10.2023 | 15:00 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Segeln

Extremwetter

Nachrichten aus Schleswig-Holstein

Ein Hybridlaster fährt über die E-Highway-Teststrecke auf der Autobahn 1 zwischen Reinfeld und Lübeck. © picture alliance/dpa Foto: Marcus Brandt

E-Highway auf der A1: Testbetrieb zu Ende, Zukunft unklar

In diesem Monat endet der Feldversuch zum E-Highway auf der A1. Was mit den Oberleitungen passiert, ist weiter unklar. mehr

Videos