Baggerfahrer auf dem NOK: "Ich fühle mich wie ein Gamer"
Es dröhnt laut. Mit jedem Heben und Senken der Schaufel wackelt der ganze Bagger. Es ist nicht irgendein Bagger, der hier im Nord-Ostsee-Kanal derzeit den Ausbau der Oststrecke voranbringt, sondern das Baggerschiff "Peter the Great". Der Name ist hier Programm.
17 Kubikmeter fasst eine einzige Baggerschaufel. Drei Leitern allein muss der Fahrer hochklettern, um in seine Kabine zu gelangen. Und genau dort sitzt der Belgier Ronny Vermeulen seit vier Wochen jeden Tag zwölf Stunden am Steuer - und fühlt sich wie ein Gamer, wie er seinen Job lachend beschreibt.
Denn im Grunde genommen ist seine Arbeit gar nicht so anders als das, was viele Computerspieler gut kennen: Eine Art Controller in der einen Hand, in der anderen den Hebel zum Heben und Senken. Vor seinem Fenster sieht er die riesige Baggerschaufel, die sich Stück für Stück durch die Erde am Ufer des Nord-Ostsee-Kanals gräbt. Wie tief er baggern darf und ob er die Schaufel richtig positioniert hat - all das sieht er auf mehreren Monitoren, die direkt über seinem Kopf hängen. "Es ist wie ein großes Computerspiel", sagt der Baggerfahrer.
Die Arbeit von Ronny Vermeulen ist nur eines von mehreren Zahnrädern, die bei der Oststrecken-Erweiterung ineinander greifen. Insgesamt sind sechs Lastkähne, sogenannte Klappschuten parallel im Einsatz, um die ausgebaggerte Erde raus in die Ostsee zu bringen. Dort wird sie verklappt. Der Ausbau des NOK ist ein Mega-Projekt, das bereits seit gut 20 Jahren geplant wird und nun mit dem Ausbaggern einen Meilenstein erreicht hat.
Große Schiffe oft in der Warteschleife
Der Nord-Ostsee-Kanal gilt quasi seit seiner Eröffnung vor gut 130 Jahren als zu schmal, wurde immer wieder verbereitert. Auf der Weststrecke zwischen Brunsbüttel und Königsförde ist er seit den späten 90ern inzwischen am Grund knapp 70 Meter breit. Doch auf der Oststrecke, also dem Teil bis Kiel, da ist der Kanal nur gut 45 Meter breit. Große Schiffe können sich nicht überall passieren, müssen teilweise in Haltebuchten auf die Weiterfahrt warten. Dabei ist Zeit eigentlich der entscheidende Faktor im Vergleich zur Umfahrung Dänemarks. Und genau diese Wartezeit soll mit der sogenannten Oststrecken-Erweiterung wegfallen.
Baufortschritt von 24 Metern pro Tag
Vor diesem Hintergrund will das Team um Georg Lindner von der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung dieses Projekt auch so zügig wie möglich voranbringen. Es ist alles strengstens durchgetaktet. Während das Baggerschiff zwölf Stunden am Tag im Einsatz ist, fahren die sechs Klappschuten hin und her. Gut acht Stunden dauert eine Fahrt von der Baustelle bis raus auf die Ostsee, wo die Erde verklappt wird. Acht Schuten kann Baggerfahrer Ronny Vermeulen während seiner Schicht beladen. Und das heißt: Für die gut 4.000 Meter lange Strecke zwischen Großkönigsförde und Schinkel braucht er noch mindestens bis zum nächsten Frühjahr. Denn trotz riesiger Baggerschaufel kommt das Team pro Tag gerade einmal etwa 24 Meter voran - und das trotz der Zwölf-Stunden-Schichten.
Schlechtes Wetter sorgt für höhere Kosten
Kommt der Kreislauf aus Schuten und Bagger ins Stocken, etwa wegen viel Verkehrs auf dem Kanal oder schlechten Wetters, steht die Baustelle still. Und das wird teuer: Auch ein ruhender Bagger kostet 50.000 bis 70.000 Euro - pro Tag, wie Georg Lindner von der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung sagt. "Das heißt, die müssen arbeiten, um wirtschaftlich zu sein." Nur so könnten Kosten und Zeitplan einigermaßen im Rahmen gehalten werden.
Ausbau kostet eine halbe Milliarde Euro
Zeitgleich laufen bereits zwei Kilometer weiter die Vorbereitungsarbeiten. Große Steine, Holzpfähle - alles was nicht in der Ostsee verklappt werden soll, wird heraussortiert. Im Spätsommer soll "Peter the Great" dort den Kanal verbreitern. Die Gesamtkosten der Oststrecken-Erweiterung liegen bei etwa 500 Mio Euro. Getragen werden sie von der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung - somit vom Steuerzahler.