Aus China nach Schleswig-Holstein: Paulownia-Bäume
Die Paulownia-Bäume haben viele Vorteile: Sie kommen mit unterschiedlichsten Böden zurecht, binden viel CO2 und wachsen schnell. Ein Forstwirt aus Schleswig-Holstein setzt daher auf diese Baumart, die eigentlich aus China kommt.
Dass der Klimawandel dem Wald zusetzt, ist kein Geheimnis mehr. Heftige Dürren, starke Sonnenintensität und Stürme, die in Wäldern Trümmerfelder hinterlassen. Ein Patentrezept gibt es dagegen bisher nicht. Die Forstbehörden setzen daher seit einiger Zeit auf klimastabile Mischwälder. Die bestehen aus verschiedenen Baumarten in verschiedenen Altersgruppen. Darunter sind auch neue Arten, die besser bei uns wachsen als bisher gedacht. In Schleswig-Holstein versucht sich auch ein privater Forstwirt an dem Thema. Er experimentiert mit sogenannten Paulownias. Diese Baumart aus China kam durch Forschungsreisende schon vor etwa 200 Jahren nach Europa. Neben den verschiedenen Vorteilen für das Klima ist das Holz der Bäume auch wirtschaftlich interessant.
Ein schnell nachwachsender Rohstoff
Auf der Plantage sieht man sofort, dass die Paulownias enorm schnell wachsen. Der Forstwirt Sascha Koslow muss einmal die Woche den Rasen mähen, damit die Bäume schön frei stehen, so schnell wachsen sie, erzählt er: "Die treiben wunderschön aus. Drei Meter würde ich sagen." Das Laubwerk ähnelt dem Wilden Rhabarber, mit seinen auch schon mächtigen Blättern. Die etwa 60 Zentimeter großen Blätter sehen an einem Baum sehr besonders aus. Sascha Koslow strahlt mit Blick auf seine Plantage nördlich des Nord-Ostsee-Kanals: "Ich hatte nach Pflanzen für erneuerbare Energien geguckt, also NaWaRo-Wachstum. Und da hieß es, dass diese Pflanze fünf Zentimeter am Tag wächst. Hier haben wir den Beweis", lacht der Forstwirt. NaWaRo ist die Abkürzung für nachwachsende Rohstoffe, erklärt er weiter. Da bietet sich ein schnell wachsender Baum natürlich besonders an.
Weiches Holz und guter CO2-Speicher
Die Biomasse eines Paulownias oder auch Kiribaums ist enorm: Er wächst vier bis fünf Mal schneller als heimische Arten, ist nach zehn Jahren etwa 20 Meter hoch. Dabei ist sein Holz ein Leichtgewicht, mit der Druckfestigkeit von Fichte. Man nennt ihn daher das "Aluminium des Waldes". Und weil Paulownias diese riesigen Blätter haben, ist ihre Photosynthese-Rate hoch - gut für die CO2-Speicherung. Sascha Koslow beruft sich auf aktuelle Studien: "Man sagt, dass ein Kiribaum in 20 Jahren das 46-fache einer Eiche speichert. Das heißt ja, dass man pro Kiribaum 46 Eichen braucht."
Faszinierendes Wachstum
Sascha Koslow hat sein Projekt dem Forstzentrum Bad Segeberg vorgestellt, aber noch keine Antwort erhalten, sagt er. Sowieso sei er offen für eine begleitende Beratung. Auch er wolle, dass seine Arbeit auf sicheren Füßen stehe. Daten über das Bodenverhalten könnten dabei nur helfen. Er stellt sich an einen der 2.000 Paulownias. Am unterarmdicken Stamm haben sich Rehe verewigt; der Verbiss ist zu sehen: Macht nichts, sagt er, und misst den jungen Baum an seinem Körper ab. Der steht ihm schon bis zur Brust: "Das ist doch die Faszination: Was die Natur kann und was da für eine Kraft drinsteckt, wenn es anfängt zu wachsen. Das ist doch unvorstellbar. Und wir reden hier über reine Natur", schwärmt er.
Baum wird verschiedenen Bedingungen ausgesetzt
Das Wachstum sei gut zu beobachten, wenn er junge Bäume nach einem Jahr auf den Stock setze, sagt Sascha Koslow. Sie würden dort stark austreiben, müssten also nach einer Holzernte nicht nachgepflanzt werden. Er habe den Baum bei seiner Arbeit in Frankreich und Süddeutschland kennengelernt, sagt der Lohnunternehmer. Was hier wachse, sei als 20-Zentimeter-Jungpflanze aus dem Süden nach Schleswig-Holstein gekommen - wo er Paulownias an mehreren Standorten anbaue. Weitere Flächen gibt es bei Eckernförde, bei Neumünster und Husum. In der Testphase geht es darum, den Baum und sein Wachstumsverhalten unter verschiedenen Bedingungen zu testen: "An den Standorten Dithmarschen, Nordfriesland gibt es erfahrungsgemäß ein Problem mit sehr viel Wasser. Da ist dann die Frage, ob der Baum das mag."
Stört der Baum das ökologische Gleichgewicht?
Jens Bosse ist Abteilungsleiter im Bereich Biologische Produktion bei den Schleswig-Holsteinischen Landesforsten. Dort werden seit mehr 100 Jahren fremde Baumarten erforscht, etwa Douglasie, Roteiche, Japanlärche oder Sitka-Fichte. Die Erfahrung würde bei der Paulownia noch fehlen, gibt er zu bedenken: "Bisher ist nicht klar, ob sie sich verträglich integrieren, also im ökologischen Gleichgewicht mit Pilzen und Insekten sind oder auch als Konkurrenz zu anderen Baumarten stehen. Es können sich zum Beispiel Konkurrenzverhältnisse verschieben oder andere Vegetationsbeteiligte könnten verdrängt werden." In der Schweiz nimmt man diese Bedenken sehr ernst. Dort wurde der Baum gerade als "invasive Art" eingestuft und deswegen verboten.
Mehr Forschung ist notwendig
So ein Anbau sei zunächst eine Monokultur, mit allen Risiken, sagt der Mann der Schleswig-Holsteinischen Landesforsten über die Privatflächen von Sascha Koslow. Gleichzeitig spricht er aber auch vom "Ausprobierstadium". Nur weil sie selbst noch keine belastbaren Erfahrungen hätten, müsse das nicht heißen, dass der Paulownia nicht irgendwann mal in unseren Mischwäldern stehen könnte. Denn dass der Baum viele positive Eigenschaften hat, gibt auch er zu. Wenn also das Holz wegen der Porenstruktur doppelt so gut dämmt wie Eiche und dazu schwer entflammbar ist, müsste es doch gutes Bauholz sein. Jens Bosse spricht auch vom Trend in der Architektur, wieder viel mit Holz zu bauen - wie in Skandinavien oder den Niederlanden. Er hofft auf eine breite, wissenschaftliche Basis für den Anbau des Baumes: "Man kann dabei nicht nur auf eine einzelne, lokale Erfahrung zurückgreifen. Es gibt Versuchsflächen, und es werden dann wissenschaftliche Erkenntnisse und Arbeiten zusammengefasst. Insofern ist es wirklich wichtig, dass diese Prozesse wissenschaftlich begleitet werden - durch entsprechende Institute oder Universitäten."
Weitere Plantage in MV
Auch in Mecklenburg-Vorpommern gibt es seit 2020 eine Plantage mit Paulownia-Bäumen. Das Start-up We Grow vom Niederrhein hat eine speziell auf die europäischen Bedingungen gezüchtete Art entwickelt, die eine hohe Frosthärte aufweist und gerade wächst - also angepasst an die hiesigen Bedingungen. Weil das Holz extrem leicht und stabil ist, trifft es in Bereichen wie dem Boots-, Schiffs-, Caravan- oder Sportgerätebau auf besonderes Interesse.
Der Baum wirft auch Honig ab
In Groß Viecheln bei Rostock und in Kröplin stehen weitere Plantagen des Baumes. Das Unternehmen hat für die Verarbeitung auch eine eigene Sägerei in Betrieb genommen. Außerdem wurde die Zusammenarbeit mit einem Imker begonnen, der aus den insektenfreundlichen, glockenförmigen Blüten Kiri-Honig aus Deutschland auf den Markt bringen will.