Asylpaket: Kritik vom Flüchtlingsrat, Zustimmung von der Politik
CDU, SPD und FDP begrüßen die Maßnahmen, auf die sich die Bundesregierung verständigt hat. Grüne und SSW verweisen auf bereits bestehende Gesetze. Der Flüchtlingsrat des Landes sagt, der Vorfall aus Solingen sei missbraucht worden. Die GdP wünscht sich weitere Befugnisse.
Während sich Schleswig-Holsteins Politiker von CDU, SPD und FDP bisher grundsätzlich positiv zu den Maßnahmen geäußert haben, auf die sich die Bundesregierung als Konsequenz auf die Messerattacke von Solingen verständigt hat, kommt vom Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein Kritik. "Ich hätte mir gewünscht, dass man keinen Zusammenhang herstellt zwischen einer Politik, die sich um Schutzsuchende auf grundgesetzlicher Basis bemüht und einem singulären Gewaltfall", sagte Martin Link, Geschäftsführer des Flüchtlingsrates Schleswig-Holstein. Der Vorfall sei missbraucht worden. Es sei falsch "aus so einem Fall zu konstruieren, dass alle Geflüchteten, die aus Ländern kommen, in denen Krieg und Gewalt herscht, eine potentielle Gefahr für die gesellschaftliche Öffentlichkeit sind." Er sprach von einer großen Verunsicherung, die nun besonders in der syrischen und afghanischen Flüchtlingscommunity hersche.
Flüchtlingsrat: Völkerrechtliche Bestimmungen beachten
Asylbewerber, die sich im Dublin-Verfahren befänden, die also über einen sogenannten sicheren Drittstaat eingereist seien, liefen nun verstärkt Gefahr wieder dorthin zurückgeschickt zu werden. In diesen sogenannten sicheren Drittstaaten gebe es aber oft keinerlei soziale Unterstützung. "Das ist seit 2012 vom Bundesverfassungegericht ausdrücklich verboten worden, aber das interessiert die Politik nicht die Bohne", so Martin Link. Völkerrechtliche Bestimmungen, die auch Deutschland unterschrieben habe, würden eine solche Praxis verbieten.
Polizeigewerkschaft: Viele Maßnahmen fehlen
Torsten Jäger, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Schleswig-Holstein, sagte, er begrüße die in dem Sicherheits- und Asylpaket geplante Verschärfung des Waffenrechts. Aus Sicht der GdP fehlten allerdings auch viele Maßnahmen. "Die Vorratsdatenspeicherung, die IP-Adressen-Speicherung, die Möglichkeit, Abstriche beim Datenschutz zu machen und Täterkommunikation, auch wenn sie verschlüsselt genutzt wird, auszuwerten - das fehlt alles in diesem Paket, das hätten wir uns gewünscht", sagte er. Als ein Beispiel nannte er die Möglichkeit, künstliche Intelligenz bei biometrischer Gesichtserkennung einzusetzen - das Paket der Bundesregierung sieht das beispielsweise für das Bundeskriminalamt vor. "Das wünschen wir uns auch im Polizeirecht Schleswig-Holstein", so Jäger. Grundsätzlich sei ein bundeseinheitliches Polizeirecht sinnvoll, sagte er in diesem Zusammenhang. Für alle Zusatzaufgaben benötige es auch eine personelle Ausstattung bei der Polizei, appellierte er. "Wir schlagen als GdP dazu ein Sondervermögen innere Sicherheit vor."
Günther: Strafverschärfungen sind richtig
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hatte zuvor Zustimmung zu den geplanten Maßnahmen der Bundesregierung signalisiert. Es sei gut, dass jetzt gehandelt werde. "Gerade das Thema Messer und Waffenverbotszonen ist eines, das wir aus schleswig-holsteinischer Perspektive ja gleich nach dem Messerangriff in Brokstedt mit zwei Toten eingefordert hatten", sagte er. "Wir merken, dass wir im Bereich von Messerdelikten im Bereich von Kriminalität auch von Menschen mit anderer Staatsbürgerschaft auch bei uns in Schleswig-Holstein ein Problem haben. Deswegen sind Strafverschärfungen und schnellere Rückführungen richtig."
Günther: Vertrauen der Menschen in Demokratie stärken
Grundsätzlich hätte er sich gewünscht, dass bei diesem Thema schneller entschieden werde, so Günther. "Wichtig ist, dass wir das Vertrauen der Menschen in den Rechtsstaat in unsere Demokratie dadurch stärken, dass konkret gehandelt wird." Günter betonte: "In der Sache sind wir an der Seite der Bundesregierung." Aber: "Wir müssen uns genau angucken, wie das jetzt umgesetzt wird." Einige Maßnahmen müssten noch dazukommen, dann stimme es aus schleswig-holsteinischer Perspektive.
Ministerpräsident plädiert für Rückweisungen an Binnengrenzen
Als Landeschef habe er darum gebeten, dass es rechtliche Veränderung beim Thema Rückführungen und strengere Maßnahmen an den Grenzen gebe. "Solange wir keine Verfahren an den europäischen Außengrenzen haben, ist es richtig, an den Binnengrenzen zu kontrollieren und dort auch zu Zurückweisungen zu kommen, wenn Menschen aus sicheren Herkunftsländern kommen", so Günther.
Midyatli: Strafen müssen in Deutschland abgesessen werden
Auch Oppositionsführerin Serpil Midyatli (SPD) äußerte Zustimmungen zu den geplanten Maßnahmen der Bundesregierung. "Ich habe nie verstanden, warum man in der Öffentlichkeit überhaupt ein Messer tragen darf. Hier klare und strenge Grenzen zu setzen, ist genau richtig." Andere Länder seien Deutschland da voraus. Wer nach Deutschland flüchtet und dort dann Straftaten begehe, "hat hier nichts mehr zu suchen. Aber: Die Strafen müssen in Deutschland abgesessen werden, bevor eine Abschiebung erfolgt", so Midyatli. Sie betonte, es sei essentiell, Strukturen von Terrornetzwerken zu zerschlagen.
Vogt: Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien kein Tabu
Schleswig-Holsteins stellvertretender FDP-Vorsitzender Christopher Vogt, begrüßte ebenfalls das Asyl- und Sicherheitspaket der Bundesregierung. "Es ist niemandem zu vermitteln, dass Menschen hierzulande subsidiären Schutz und Leistungen erhalten, obwohl sie sich hier überhaupt nicht mehr aufhalten dürften - so wie es auch beim Attentäter in Solingen der Fall war", sagte er. Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien dürften kein Tabu mehr sein. "Die Grünen machen Schleswig-Holstein in der Asyl- und Migrationspolitik zum Bremsklotz. Das darf der Ministerpräsident nicht weiter mitmachen", appelierte Vogt. Schleswig-Holstein brauche ein funktionierendes Rückkehrmanagement mit einer Zentralisierung der Ausländerbehörden. "Dies hatten wir gemeinsam mit der SPD vorgeschlagen. Ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, warum CDU und Grüne dies weiterhin ablehnen."
Petersdotter: Verschärfungen des Waffenrechts überfällig
Die Reaktion der schleswig-holsteinischen Grünen auf das Asyl- und Sicherheitspaket der Bundesregierung fiel knapp aus. Schon jetzt könne eine schwerwiegende Straftat zur Abschiebung führen, teilte Fraktionschef Lasse Petersdotter mit. In der Praxis sei das aber oft kompliziert. "Zu einer Anerkennung der Taliban darf es nicht kommen", so Petersdotter. "Unser gemeinsamer Gegner sind islamistische Terroristen, auch in Afghanistan. Dazu gehört auch, jene zu schützen, die vor den Taliban geflohen sind." Das Maßnahmenpaket der Bundesregierung bewertete er grundsätzlich positiv. "Verschärfungen des Waffenrechts bei Messern waren überfällig."
SSW: Kaum Kontrollen zu bereits bestehenden Messerverboten
Lars Harms vom Südschleswigschen Wählerverband (SSW) betonte, dass es Messerverbote bereits gebe. "Das Problem ist, dass diese Verbote nicht durchgesetzt werden und Kontrollen kaum stattfinden. Hierfür bedarf es besserer Befugnisse und mehr Personal für die Polizei." Bei Abschiebungen und Ausreisen sei es notwendig, dass die behördlichen Zuständigkeiten zentralisiert würden. Als positives Beispiel nannte er die Hansestadt Hamburg.
Zu den Maßnahmen, auf die sich die Bundesregierung verständigt hat, gehört unter anderem, dass das Waffenrecht verschärft und Leistungen für bestimmte Asylbewerber gestrichen werden sollen.