AfD-Eklat in Thüringen - Sorge vor Extremisten auch im Landtag von SH
Die Fraktionen im Landtag wollen verhindern, dass Extremisten die Demokratie gefährden können. Die Hürden für Verfassungsfeinde sind in Schleswig-Holstein schon jetzt höher als in Thüringen.
Auch wenn die AfD im schleswig-holsteinischen Landtag derzeit nicht vertreten ist: Die Ereignisse im Thüringer Landtag sehen die Abgeordneten auch im hohen Norden mit Sorge. "Die AfD zeigt ihr wahres Gesicht" ist ein Satz, den man heute häufiger hört. Eigentlich sollte sich in Erfurt am Donnerstag der neue Landtag gründen - der Alterspräsident, ein AfD-Mann, ließ aber weder Wortmeldungen, Anträge noch eine Debatte über die Geschäftsordnung zu.
Am Ende ging der Landtag unverrichteter Dinge wieder auseinander. Die CDU rief das Landesverfassungsgericht an. In Thüringen stuft der Verfassungsschutz die AfD als gesichert rechtsextrem ein.
Landtagsvizepräsidentin schaut "erschüttert" nach Thüringen
Landtagsvizepräsidentin Eka von Kalben (Grüne) sagt, sie sei "erschüttert" gewesen, als sie sich die Landtagssitzung angesehen habe.
Landtagsfraktionen in SH sehen sich besser vorbereitet
"Man sieht, dass die AfD sich nicht um Recht und Gesetz schert, sondern einfach ihre Agenda durchsetzen will", sagt von Kalbens Amtskollegin von der SPD, Beate Raudies. Sie meint aber auch: "Das wird uns in Schleswig-Holstein nicht passieren." Denn in Kiel können nur langjährige Abgeordnete überhaupt Alterspräsident werden.
Geschäftsordnung sieht andere Regel für Alterspräsidenten vor
Geregelt ist das in der Geschäftsordnung des Landtags: Darin ist festgelegt, dass Alterspräsident oder -präsidentin nicht der oder die Älteste wird, sondern jemand, "der oder die dem Landtag die längste Zeit angehört hat". Die Regelung ist ein Ergebnis der Erfahrungen mit der rechtsextremen DVU in den 1990er-Jahren.
Alterspräsidentin oder Alterspräsident ist die- oder derjenige anwesende Abgeordnete, der oder die dem Landtag die längste Zeit angehört hat und der oder die bereit ist, dieses Amt zu übernehmen. Weisen mehrere Abgeordnete eine gleichlange Zugehörigkeit zum Parlament auf, fällt die Präsidentschaft auf den oder die Abgeordnete mit dem höchsten Lebensalter. § 1 der Geschäftsordnung des Schleswig-Holsteinischen Landtages, Abs. 2 Satz 2
Damit dürfte für eine Weile gewährleistet sein, dass keine AfD-Abgeordneten Alterspräsident werden, sagt Birte Glissmann, parlamentarische Geschäftsführerin der CDU-Fraktion. Besorgt ist aber auch sie: Die AfD sei bereit, die demokratischen Grundregeln über Bord zu werfen für ihre eigenen Interessen, so Glissmann: "Das ist unfassbar gefährlich, und das dürfen wir nicht auf die leichte Schulter nehmen."
Fraktionen stellen Regeln zusammen auf den Prüfstand
Umso wichtiger sei es, sich die Regeln anzugucken und gegebenenfalls nachzusteuern, meint Glissmann. Eine fraktionsübergreifende Arbeitsgruppe arbeitet daran bereits. "Weil wir jetzt Vorkehrungen treffen müssen, falls die AfD noch einmal wieder ins hohe Haus einziehen sollte." Gemeint ist der Landtag.
Nur Paragraphen allein reichten aber nicht, ist sich Eka von Kalben von den Grünen bewusst: "Wenn irgendwann wirklich rechtsradikale Strömungen Mehrheiten in der Gesellschaft haben, dann kann man sich nicht mit Gesetzen schützen." Dann hilft es aus ihrer Sicht nur, Menschen mit guter Politik zu überzeugen.