1,3 Millionen Euro mehr: Land hält an Schleifähre "Missunde III" fest

Stand: 28.01.2025 16:36 Uhr

Derzeit pendelt die alte Fähre "Missunde II" zwischen Brodersby und Kosel. Denn die "Missunde III" kann bei höheren Windgeschwindigkeiten nicht sicher anlegen. Deshalb soll noch mehr in das neue Schiff investiert werden. Daran gibt es Kritik.

Die Landesregierung hält weiter an der derzeit nicht fahrtauglichen Schleifähre "Missunde III" fest - trotz "technischer Anlaufprobleme". Das haben Land und der Landesbetrieb für Küstenschutz (LKN) am Dienstag nach einer entsprechenden Entscheidung des Landeskabinetts mitgeteilt. Die Umbaukosten am Anleger und an der Fähre belaufen sich demnach auf gut 1,3 Millionen Euro. Sie würden aus LKN-Rücklagen gedeckt, hieß es. Sollte diese Schätzung stimmen, würde die Schleifähre bis zur endgültigen Inbetriebnahme rund 5,3 Millionen Euro gekostet haben. Die Kostenschätzung bei der Ausschreibung 2021 lag bei 2,5 Millionen Euro.

Rechtsstreit: Wer ist verantwortlich?

Derzeit pendelt die alte Fähre "Missunde II" zwischen Brodersby (Kreis Schleswig-Flensburg) und Kosel (Kreis Rendsburg-Eckernförde), weil ihre Nachfolgerin bei höheren Windgeschwindigkeiten nicht sicher anlegen kann. Noch läuft ein Rechtstreit, der die Verantwortung für die mutmaßlich fehlerhafte Konstruktion der elektronisch betriebenen "Missunde III" klären soll. Der Umbau der "Missunde III" soll 2026 abgeschlossen sein. "Die Nachrüstung umfasst vor allem den Einbau von Querstrahlrudern und zusätzlichen Batterien sowie Umbauten der Anleger", teilt das Wirtschaftsministerium mit.

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Die neue akkubetriebene Schleifähre "Missunde III" © Lücht/LKN.SH Foto: Lücht/LKN.SH

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Berechnungen: "Missunde II" bis 2049 günstiger

"Wir haben in den letzten Monaten intensiv analysiert und abgewogen, ob ein Weiterbetrieb der 'Missunde II' und ein Verkauf der 'Missunde III' eine Option wäre", sagt Staatssekretär Tobias von der Heide (CDU). Zwar sei der theoretische Weiterbetrieb der "Missunde II" bis zum Jahr 2049 nach den Berechnungen des Landes um rund 375.000 Euro günstiger als der Betrieb der "Missunde III". Angesichts des Ausfallrisikos, etwaiger neuer Abgasnormen und aus weiteren klimapolitischen Gründen habe sich das Land dennoch für den Umbau der "Missunde III" entschieden.

SPD: Probleme schöngeredet

Kritik kommt von SPD und SSW. "Von einer ehrlichen Aufarbeitung muss man erwarten können, dass das Wirtschaftsministerium die eigenen Fehler kritisch und schonungslos hinterfragt. Stattdessen werden Probleme schöngeredet, während die Kosten weiter steigen", erklärte die SPD-Abgeordnete Birte Pauls. "1,3 Millionen Euro für eine technische Nachrüstung sind in Zeiten von Spar-Haushalten einfach zu viel Geld, um es ohne ausführliche Debatte im Ausschuss auszugeben", sagte die verkehrspolitische Sprecherin der SSW-Landtagsfraktion, Sybilla Nitsch. Der SSW werde das Thema auf die Tagesordnung des nächsten Wirtschafts- und Verkehrsausschusses setzen lassen, kündigte Nitsch an.

Land: Keine technischen Bedenken bei Umbau der "Missunde III"

In der Vergangenheit hatten Experten Zweifel daran geäußert, dass ein Umbau der "Missunde III" überhaupt erfolgsversprechend sei. "Die ganzen Szenarien mit Querströmung, Querwindströmung und Gegenwind sind durchgerechnet worden. Dort hat man eindeutig gesehen, dass wir das Problem mathematisch erfasst haben und dass wir da auch die richtigen Lösungsansätze haben", sagt der maritime Koordinator der Landesregierung, Andreas Burmester, auf Nachfrage von NDR Schleswig-Holstein. Man habe die Pläne auch mit verschiedenen externen Ingenieuren durchgesprochen.

Zwischen Brodersby und Kosel werden nach Angaben des Landes pro Jahr rund 120.000 Fahrzeuge und etwa 50.000 Fahrräder übergesetzt. Die neue E-Fähre wurde vom LKN bereits 2020 in Auftrag gegeben und sollte eigentlich bereits seit rund zwei Jahren auf der Schlei unterwegs sein.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 28.01.2025 | 16:30 Uhr

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