Klimaschutz und Landwirtschaft: Was passiert mit den Mooren?
Beim Moorgipfel des Landkreises Osterholz haben sich Vertreter aus Politik, Landwirtschaft und Umweltverbänden am Freitag die Frage gestellt: Wie lassen sich Klimaschutz und wirtschaftliche Nutzung der Moore vereinen?
"Moorwärts" - ein klangvoller Name für das Treffen und viele Fragezeichen: "Die Zukunft an diesem Standort ist ungewiss, wir Landwirte haben Bedenken, in unsere Betriebe zu investieren", sagte Stephan Warnken und blickte über das Grünland hinter seinem Hof. Rund 40 Hektar bewirtschaftet der Milchbauer in Grasberg, einem Ort im Teufelsmoor. Seit sechs Generationen betreibt seine Familie den Hof im Landkreis Osterholz. Noch in den 1970er-Jahren wurde der Moorboden intensiv bearbeitet und entwässert, um ihn für die Landwirtschaft nutzbar zu machen.
Landkreis Osterholz besteht fast zur Hälfte aus Moor
Wenn es nach dem Bundeskabinett und der niedersächsischen Landesregierung geht, sollen diese Flächen jetzt aber möglichst wiedervernässt werden. Denn: Moorböden, die nicht komplett unter Wasser stehen, setzen extrem viele Treibhausgase frei. Im Landkreis Osterholz macht die Emission aus entwässerten Moorböden rund 610.000 Tonnen CO2-Äquivalente im Jahr aus. Das sind etwa sechs Prozent der Mooremissionen im gesamten Land Niedersachsen. "Unser Landkreis besteht zu 45 Prozent aus Moor", erklärt Warnken, der auch Vorsitzender des Landvolks Osterholz ist. "Würde hier wiedervernässt, beträfe das nicht nur die Landwirte, sondern alle Bewohner."
Landwirte durch Pläne der Politik verunsichert
Manfred Tannen ist Vizepräsident des Landvolks Niedersachsen und Experte für den Moorschutz. Er selbst führt einen Milchviehbetrieb in Ostfriesland, auch diese Gegend hat viele Moorflächen. Tannen kritisiert, dass die Politik das Thema nicht offensiv genug angeht. "Die Ziele sind formuliert und lösen große Verunsicherung unter uns Landwirten aus. Dabei ist die Umsetzung überhaupt nicht klar und wir haben den Eindruck, dass Lösungsansätze zu lange auf sich warten lassen", beklagte Tannen. Auch daher sei der Moorgipfel wichtig - man müsse alle Akteure an einen Tisch holen. Vor allem wollen die Landwirte ein Wort mitreden: "Wir fürchten, dass der Moorschutz irgendwann über das Ordnungsrecht geregelt wird und wir vor vollendeten Tatsachen stehen", so Tannen.
Staudte: "Müssen an einen wesentlichen Teil der Flächen ran"
Es gebe verschiedene Ansätze, die der Bund und das Land verfolgen, sagte Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte (Grüne) NDR Info. "Es geht auf der einen Seite darum, dass Flächen gekauft werden, die dann zusammengelegt werden, sodass man Gebiete hat, die komplett vernässt werden können." Dort gäbe es dann keine Emissionen mehr. Es gebe aber auch die Möglichkeit, die Bewirtschaftung etwa auf Grünland zu verändern und so zumindest einen Teil der Treibhausgase einzusparen. Das Klimagesetz sehe vor, die Emissionen aus Mooren bis 2030 um ungefähr zehn Prozent zu senken. "Das heißt, wir müssen auch an einen wesentlichen Teil dieser Flächen ran", sagte Staudte. "Aber es wird natürlich auch weiterhin Bewirtschaftung auf einigen anderen Moorböden geben."
Forschungsprojekt in der Wesermarsch
Das Landvolk setzt jetzt auf konkrete Forschung und unterstützt ein Projekt, das das Grünlandzentrum Niedersachsen/Bremen ins Leben rufen möchte: Ein typischer Milchviehbetrieb im Landkreis Wesermarsch soll genutzt werden, um mehr über das Moor zu erfahren. Welche Emissionen lassen sich dort messen? Welche Auswirkungen hat es auf den landwirtschaftlichen Betrieb, wenn man den Wasserstand anhebt? Lassen sich Emissionen reduzieren, wenn weniger Dünger auf Flächen mit hohem Wasserstand zum Einsatz kommt? Aktuell suchen die Initiatoren nach Geldgebern, um möglichst viel forschen zu können.