Bahn frei fürs Gas: Pipeline entsteht im Schnelldurchgang
Eine der größten und am schnellsten voranschreitenden Baustellen Deutschlands liegt im Nordwesten: Bis Jahresende soll die Gas-Pipeline Wilhelmshaven-Leer nach nur 22 Monaten für Planung und Bau fertig sein.
Seit Juni lässt die EWE Netz GmbH die 70 Kilometer lange Pipeline vom LNG-Terminal in Wilhelmshaven bis zu den Erdgasspeichern und Gasnetz-Verbindungspunkten in der Nähe von Leer bauen. Üblicherweise würde ein solcher Bau ungefähr fünf Jahre dauern. Hier will man jedoch Ende des Jahres fertig sein, denn es gibt nicht nur eine Baustelle, sondern viele gleichzeitig. Um schneller zu sein, wird von Westerstede (Landkreis Ammerland) aus in zwei Richtungen gebaut.
"Kleinteilig unterwegs": Kurze Rohrstrecken
Wer die Autobahn 28 von Oldenburg nach Leer fährt, dem fällt es sofort auf: Rechts und links sind immer wieder Rohre, schwere Maschinen und offene oder bereits wieder geschlossene Gräben zu sehen. Die Abschnitte bergen unterschiedliche Herausforderungen. Projektleiter Arnd Kleemann erläutert den Verlauf der neuen Gasanbindung Wilhelmshaven-Leer, kurz GWL, so: Der erste Leitungsabschnitt startet in Westerstede West und geht bis zur ersten Autobahnquerung, ungefähr zwölf Kilometer bis Augustfehn-Hollen. Fährt man weiter hinein nach Ostfriesland, sind die Äcker umgeben von Büschen und Bäumen, sogenannten Wallhecken, und die stehen unter Naturschutz. "Das bedeutet für uns, dass wir eher kürzere Rohrstrecken und viele Unterquerungen haben, also eher kleinteilig im Bau unterwegs sind", sagt Kleemann.
Naturschutz, Häuser, Straßen - Trasse muss oft ausweichen
Viel Aufwand. Wertvolle Naturflächen, Wassergräben, Bauernhöfe und Straßen, das alles sind Hindernisse für den Trassenverlauf. Dort wird die Pipeline entweder seitlich vorbei oder unten drunter verlegt. So auch nahe der Autobahn-Ausfahrt Leer. Hier muss die Pipeline unter der Bundesstraße 436 hindurch. Spundwände aus Stahl wurden rechts und links der Unterquerung in den Boden gerammt. Dazwischen arbeitet ein Kraftprotz: ein mechanischer Riese, der Rohre in die Erde treibt. Sand und Gestein werden währenddessen herausgewaschen. Die Pipeline taucht hier tief unter das Fundament der Straße ab. Dies ist nur eine von Dutzenden Baustellen - Projektleiter Kleemann schätzt, dass es alleine in Richtung Leer bis zu 50 sind. 800 Arbeiter sind mit dem Pipeline-Bau beschäftigt.
Gasleitung soll bis zu vier Millionen Haushalte versorgen
Der rasche Bau der neuen Gasanbindung Wilhelmshaven-Leer war nur durch das Energiebeschleunigungsgesetz der Bundesregierung möglich. Bereits Mitte März wurde mit den Vorbereitungsarbeiten begonnen, mit dem Risiko, dass noch keine Genehmigung vorlag. Anfang Juni wurde dann von Westerstede aus in zwei Richtungen mit dem eigentlichen Pipeline-Bau begonnen. Das ehrgeizige Projekt soll bis Jahresende fertig sein. Kostenpunkt: 180 Millionen Euro. Die Gasanbindung Wilhelmshaven-Leer wird einmal bis zu vier Millionen Haushalte mit Erdgas versorgen können, aber sie sei auch bereits geeignet für Wasserstoff, sagen die Ingenieure.