Gasbohrung vor Borkum: One-Dyas macht Druck auf Landesregierung
Der niederländische Öl- und Gaskonzern One-Dyas macht Druck auf Niedersachsens Landesregierung. Sie solle die geplante Gasbohrung vor Borkum zügig genehmigen. Sonst drohe Klage und Schadensersatz.
Ein entsprechendes Schreiben liegt dem NDR Niedersachsen vor. Der Brief vom 5. Juli ist an Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) und Umweltminister Christian Meyer (Grüne) adressiert. Er ist zweieinhalb Seiten lang, der Ton unmissverständlich. Der Verfasser, der One-Dyas-Vorstandsvorsitzende Chris de Ruyter van Steveninck, bemüht sich nicht um Diplomatie, er schreibt Klartext, droht mit Klage auf Schadenersatz, sollte der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasser- Küsten- und Naturschutz (NLWKN) die Gasförderung in der Nordsee nicht kurzfristig genehmigen. "One-Dyas würde es begrüßen, wenn die beantragten Bescheide zügig erlassen werden, um eine Klärung auf dem Rechtsweg zu vermeiden." Der Konzern habe bereits 300 Millionen Euro investiert. Sollte die Genehmigung verweigert werden, würde One-Dyas gegebenenfalls die Verzögerungsschäden einklagen.
Vorstandsvorsitzender: Verfahren sollte beschleunigen werden
In dem Schreiben kritisiert van Steveninck die unterschiedlichen Positionen innerhalb der Niedersächsischen Landesregierung. Er erinnert an ein Abendessen mit Ministerpräsident Weil beim Deutschen Botschafter in den Niederlanden am 23. Februar 2023. "Ich war sehr froh, dass Ministerpräsident Weil mir damals versichert hat, dass die Niedersächsische Landesregierung das Projekt unterstützt und alles erdenkliche tun wird, um das Genehmigungsverfahren zu beschleunigen."
Minister Meyer: Gasförderung "nicht genehmigungsfähig"
Auch Wirtschaftsminister Lies habe One-Dyas seine Unterstützung in mehreren Gesprächen zugesagt, während der Kontakt zu Umweltminister Meyer offenbar schwierig war. "Mit Minister Meyer gab es leider nur Begegnungen 2022 und 2023, obwohl wir versucht haben, ein Treffen zu vereinbaren, um die Ansichten von Minister Meyer über das Projekt, die Energiewende und die Versorgungssicherheit zu diskutieren." Meyer hatte zuletzt Anfang Juni betont, Niedersachsens Umweltministerium erachte die beantragte Gasförderung vor Borkum als "zur Zeit nicht genehmigungsfähig". Die zuständige Behörde, der NLWKN, ist dem Umweltministerium unterstellt.
DUH: One-Dyas übt illegitimen Druck aus
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert das Schreiben an Niedersachsens Landesregierung. Wer zu solchen Mitteln greift, dem gingen die Argumente aus, heißt es in einer aktuellen Stellungnahme. Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner sieht darin einen offenen Angriff des fossilen Großkonzerns One-Dyas auf ein rechtsstaatliches Genehmigungsverfahren. "Mit der Androhung von Schadensersatzforderungen übt das Unternehmen illegitimen Druck auf die Politik aus, dem das Land Niedersachsen nicht nachgeben sollte." Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz der DUH, moniert die Androhung von Schadensersatz, obwohl auch die Genehmigung auf niederländischer Seite noch nicht vorliege. "Dabei trägt der Konzern selbst die Verantwortung, wenn er Investitionen ohne die notwendigen Genehmigungen trifft."
Urteil zu Klage steht noch aus
One-Dyas will rund 20 Kilometer nordwestlich von Borkum - in der Nähe des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer - ab Dezember Erdgas fördern. Dafür will der Konzern eine Plattform errichten sowie Kabel verlegen. Die Inselgemeinde Borkum, die Deutsche Umwelthilfe und mehrere ostfriesische und niederländische Bürgerinitiativen hatten dagegen geklagt. Das endgültige Urteil in den Niederlanden steht noch aus.