Schwarz-Rot will mehr Freileitungen - Niedersachsen ist dagegen
Eine neue schwarz-rote Bundesregierung will beim Ausbau der Stromnetze Kosten sparen und verstärkt auf Freileitungen setzen. In Niedersachsen stoßen die Pläne auf Ablehnung.
Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (Grüne) ist klar gegen Freileitungen. Im Interview mit dem NDR Niedersachsen sagt Meyer: "Wir glauben, dass das zu massiven Protesten und Verzögerungen führt. Niedersachsen hat sich immer für Erdkabel-Vorrang ausgesprochen." Genau diesen Vorrang aber stellt der Koalitionsvertrag infrage. Im Kapitel "Klima und Energie" heißt es: "Die neu zu planenden Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsnetze sollen, wo möglich, als Freileitungen umgesetzt werden."
Freileitungen um ein Vielfaches kostengünstiger
Der Hintergrund: Freileitungen sind um ein Vielfaches preiswerter als Erdkabel. Nach Berechnungen der Bundesnetzagentur vom vergangenen Jahr ließen sich die Gesamt-Investitionen für den Ausbau der Strom-Übertragungsnetze bis 2045 um rund 40 Milliarden Euro verringern, wenn nicht alle Leitungen unter die Erde müssten. Umweltminister Meyer argumentiert dagegen: Erdkabel verringerten die Proteste in der Bevölkerung, das beschleunige den Netzausbau, was wiederum die Kosten senke, weil man die Stromnetze schneller nutzen könne.
Städte- und Gemeindebund plädiert weiter für Erdkabel
Auch der niedersächsische Städte- und Gemeindebau sieht die Abkehr vom Vorrang der Erdverkabelung, wie es das Gesetz bisher vorschreibt, kritisch. "Das wird die Akzeptanz der Energiewende in Niedersachsen auf die Probe stellen", schreibt der Kommunalverband auf Anfrage des NDR. Die Erdkabelpolitik der Vergangenheit - seit 2016 ist der Vorrang der Erdverkabelung gesetzlich vorgeschrieben - habe zu einer Befriedung der Situation geführt. Wenn man die Kosten senken wolle, könne der Bund stattdessen die Energiesteuern auf den europäischen Mindestsatz senken, schlägt der niedersächsische Städte- und Gemeindebund vor.
CDU: Erdkabel nur da wo unbedingt nötig
Verstärkt auf Freileitungen zu setzen, ist eine Forderung von CDU-Klimapolitikern. Der niedersächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Tilman Kuban, der die Passage für den Koalitionsvertrag mitverhandelt hat, sagt, der Netzausbau müsse kosteneffizienter werden, auch um den Steuerzahler zu entlasten. Deshalb sollten große Stromtrassen überwiegend als Freileitungen gebaut werden und Erdverkabelung nur dort zum Einsatz kommen, sagt Kuban, wo es wirklich absolut notwendig sei. Ob das in Niedersachsen der Fall ist? Der niedersächsische Umweltminister Meyer hofft auf den Koalitionsvertrag, in dem auch steht, dass bei der Entscheidung "besonders belastete Regionen berücksichtigt" werden sollen.
