VW lehnt Abschlussbericht erneut ab
Volkswagen lehnt einen ausführlichen Bericht zu den Ermittlungsergebnissen der Anwaltskanzlei Jones Day zum Diesel-Abgasskandal weiter ab. "Mir ist bewusst, dass sich einige von Ihnen eine noch weitergehende Transparenz wünschen", sagte VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch bei der Hauptversammlung am Mittwoch den knapp 3.000 auf dem Messegelände Hannover versammelten Aktionären. Die Ergebnisse der Ermittlungen würden nicht bekannt gemacht. "Um es klar zu sagen: Einen schriftlichen Abschlussbericht von Jones Day gibt es nicht und es wird ihn auch nicht geben." Pötsch begründete dies mit rechtlichen Hindernissen.
Abschlussbericht zu risikoreich?
Über die gemeinsam mit dem US-Justizministerium veröffentlichte Faktensammlung ("Statement of Facts") hinaus werde es keinen gesonderten Bericht geben. Das Unternehmen stehe in der Verpflichtung, sich "nicht in Widerspruch zu den im 'Statement of Facts' angegebenen Fakten" zu äußern. Der Konzern wolle daher keine zusätzlichen Ergebnisse veröffentlichen. "Alles andere wäre für Volkswagen unvertretbar riskant", sagte Pötsch. Das wollen Investoren nicht gelten lassen. "Dass die Ergebnisse immer noch unter Verschluss sind, lässt vermuten, dass sie VW nicht gefallen", sagte Deka-Fondsmanager Andreas Thomae.
2017 soll noch besser werden als 2016
Konzernchef Matthias Müller gab auf der Versammlung bekannt, dass weltweit knapp die Hälfte der vom Diesel-Skandal betroffenen Motoren umgerüstet worden seien. Insgesamt seien es bislang 4,7 Millionen Fahrzeuge, sagte Müller, in Deutschland 1,7 Millionen Autos. Jenseits des Skandals verwies Müller auf 60 neue Modelle, die bis zum Jahresende auf den Markt kommen sollen. "Auch deshalb sind wir trotz aller Herausforderungen zuversichtlich, dass 2017 noch besser wird als 2016", sagte Müller. Im vergangenen Jahr war Volkswagen in die Gewinnzone zurückgekehrt - trotz milliardenschwerer Kosten für die Bewältigung des Diesel-Skandals insbesondere in den USA.
2016 laut Müller "bemerkenswert erfolgreich"
Müller hatte bei der Vorstellung der Zahlen vor einigen Wochen von einem "bemerkenswert erfolgreichen Jahr" gesprochen. Dank ertragreicher Töchter wie Porsche und Audi konnte das Unternehmen nach einem Milliardendefizit in 2015 im vorigen Jahr wieder ein Plus einfahren. Mit 5,1 Milliarden Euro Gewinn kehrte VW in die schwarzen Zahlen zurück, der Umsatz stieg um zwei Prozent auf 217 Milliarden Euro. Geschmälert wird das Ganze durch die Kosten des Diesel-Skandals: Mehr als 22 Milliarden Euro hat der Konzern inzwischen dafür zurückgestellt, sieben Milliarden alleine im vergangenen Jahr.
Fast 100 Prozent für neues Vergütungssystem
Der Rest der Abstimmungen verlief ohne große Überraschungen, darunter der Beschluss für die Gewinnverwendung. Die Reform der Vorstandsvergütung wurde mit einem Stimmanteil von 80,96 Prozent gebilligt, das neue Vergütungssystem für den Aufsichtsrat sogar mit 99,98 Prozent der Stimmen. Die Einkünfte der Volkswagen-Vorstände hatten wiederholt für Diskussionen gesorgt. Ein Antrag auf Sonderprüfung von unabhängiger Seite konnte sich nicht durchsetzen.
Medienbericht: Ermittlungen gegen Müller
Im Zusammenhang mit dem Dieselskandal ermittelt unterdessen offenbar die Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen Müller. Ihm werde Marktmanipulation im VW-Abgasskandal vorgeworfen, berichtete die "Wirtschaftswoche" am Mittwoch. Auch gegen Pötsch und den früheren Vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn werde ermittelt. Das Verfahren richtet sich dem Bericht zufolge gegen Pötsch und Müller in ihrer Funktion als Vorstände in der Porsche SE Holding sowie gegen Winterkorn als ehemaligen Vorstand. Ein Porsche-Sprecher sagte NDR 1 Niedersachsen, das Unternehmen habe keine Kenntnis von möglichen Ermittlungen.