VW-Affäre: Der schwierige Regierungs-Spagat
Volkswagen, immer wieder Volkswagen. Erst stand Martin Winterkorn mit seiner üppigen Altersversorgung im Fokus der Medien. Jetzt ist es die bisherige Compliance-Chefin des Unternehmens, Christine Hohmann-Dennhardt. Sie geht - und bekommt nach 13 Monaten im Amt mal eben zwölf Millionen Euro an Abfindung. Der Abgasskandal bei VW und seine Folgen hält weiterhin auch die Politik in Niedersachsen auf Trab. Der Oppositionsführer im Landtag, Björn Thümler (CDU), sagte auf NDR Info, dem Land und ganz speziell dem Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD) fehle es ganz massiv an Aufklärungswillen. Ist die Kritik berechtigt?
Zwölf Millionen Euro Abfindung. Das ist verdammt viel Geld. Unmoralisch viel Geld für jemanden, der nach einem Jahr Arbeit wieder geht. Oder gehen muss. Und offensichtlich wenig erreicht hat. Christine Hohmann-Dennhardt geht, weil sie bei VW einen Machtkampf verloren hat. Oder schlicht eine Fehlbesetzung war. Es spielt keine Rolle. Die Erregung über die millionenschwere Abfindung ist zwar moralisch berechtigt. Doch juristisch ist an diesem Vorgang nichts auszusetzen. Jeder Arbeitnehmer wird auf die Erfüllung seines Arbeitsvertrags pochen, wenn sein Chef ihn loswerden will. Das gilt auch für Vorstände.
Die Kritik der Opposition ist durchschaubar
Daimler, Continental, Allianz, SAP oder eben VW: Die meisten DAX-Unternehmen zahlen ihren Vorständen allesamt Millionengehälter, Millionen-Boni und Millionenabfindungen. Hier ist jedes Maß verloren gegangen.
Trotzdem: Die Kritik der Opposition im Niedersächsischen Landtag ist durchschaubar, fast populistisch. FDP-Mann Jörg Bode saß als früherer niedersächsischer Wirtschaftsminister selbst im VW-Aufsichtsrat. Er hat selbst Millionenverträge beispielsweise für den früheren VW-Chef Winterkorn mit abgesegnet. Und auch die CDU weiß, dass die Möglichkeiten Niedersachsens im Aufsichtsrat begrenzt sind.
Es ist leicht, von außen drauf zu hauen. Doch wenn Niedersachsen weiter Einfluss bei VW haben will, Arbeitsplätze im Land sichern will, dann bleibt Ministerpräsident Weil und Wirtschaftsminister Olaf Lies nur ein ständiger Spagat. Auf Wandel und Aufklärung drängen, ja. Hinter verschlossenen Türen. Und wann immer möglich auch öffentlich.
Der Gesetzgeber in Berlin ist gefordert
VW hat einen grundlegenden Wandel versprochen. Umfassende Aufklärung. Eine neue Unternehmenskultur. Zu sehen ist davon bislang wenig. Das ist der eigentliche Skandal. Richtig. Die VW-Vorstände haben auf einen Teil ihrer Bonuszahlungen verzichtet. Aber nur auf Zeit. Spätere Auszahlung nicht ausgeschlossen.
Nicht die Zwölf-Millionen-Abfindung für Hohmann-Dennhardt ist das Problem. Das Problem ist die fehlende Einsicht einer ganzen Managerkaste. Nicht nur bei VW. Und deshalb ist die Politik gefordert. Nicht in Aufsichtsräten, sondern als Gesetzgeber in Berlin. Wir brauchen Regeln, die Unternehmensvorständen Grenzen setzen. Ein altes Thema der SPD - sie hat es gerade wiederentdeckt. Bei den Verhandlungen 2013 zum Koalitionsvertrag in Berlin konnte sie sich nicht durchsetzen. Schwarz-Rot hatte sich lieber auf die freiwillige Selbstverpflichtung der börsennotierten Unternehmen verlassen.
Wer wie am Mittwoch im Niedersächsischen Landtag gegen Millionengehälter und Abfindungen wettert, muss dann auch bereit sein, gesetzliche Regeln zu schaffen. Das gilt auch für CDU und FDP. Immer weiter auf Einsicht der Selbstbedienungs-Manager zu hoffen, das ist nicht ehrlich - und naiv.